Crime School: Das Rätsel der 3. Ebene – gelöst!

„Ratlos“ ist die Schar der Schüler, und da hält es einen verantwortungsvollen Lehrer natürlich nicht mehr. Er muss den geistigen Blockaden, den intellektuellen Scharaden in den noch unreifen, weil im Wachstum begriffenen Gehirnen seiner Schutzbefohlenen ein für alle mal ein Ende setzen! Wo kämen wir schließlich hin, wenn Schüler (zumal auf dem 2. Bildungsweg, sprich: gescheiterte Existenzen, bisherige Faulenzer, die sich in der Krimitheoriebranche schweres Geld von leichter Arbeit erhoffen) die-kreuz-die-quer zu denken anfangen und nicht mehr aufhören! Also hier: trara: die Lösung.

Beginnen wir mit Variante 3 (aus dem fiktiven Verbrechen wird Wirklichkeit). Sie ist die konventionellste. Irgendjemand mordet nach dem Drehbuch einer mysteriösen Firma, für die Herr Dörke Klinken putzt und Fragen stellt. Das Setup wäre nach wenigen Seiten klar, der Rest verliefe formal wenig überraschend. Ich erinnere mich an etliche Krimis, deren Handlung ähnlich aufgebaut ist, wenngleich mir im Moment keine konkreten Beispiele einfallen.

Variante 2 (der Mann von der ersten Seite „sublimiert“ das Geschehene in einer fiktiven Geschichte) ist da schon extravaganter. Diese Variante kommt Bernds Idee vom sukzessiven Vorantreiben der Handlung durch die jeweiligen Bewegungen der beiden Ebenen recht nahe. Problematisch ist die „Fallhöhe“ zwischen den Ebenen. Ebene 1: hart, zynisch, düster; Ebene 2: eher verspielt-geschwätzig, zur Satire / Ironie neigend. Aber gerade darin könnte der Reiz liegen.

Bliebe also noch Variante 1. Sie bringt als einzige eine eigenständige dritte Ebene ins Spiel, die Instanz des Autors nämlich, der die beiden Vor-Ebenen zu verantworten hat. Was ist geschehen? Ein Autor hat eine erste Seite geschrieben, die allerdings so kritisiert wurde, dass er sie quasi aus seiner „biografischen Verantwortung“ entlässt – mitten hinein in die Fiktion, wo alle Kritikpunkte negiert werden.

Die erste Seite wird zum Werk eines fiktiven Autors, dessen Verhältnis zum realen Autor (that’s me) ungeklärt bleibt. Ist er dessen Abbild, d.h. habe ICH am Ende Ebene 2 nur fingiert, um die Kritik ad absurdum zu führen?

Kompliziert wird alles dadurch, dass der fiktive Autor schon recht bald zu erkennen gibt, er gehöre zu Ebene 1 (erinnert euch an das Spielen mit dem Geldstück, das auch auf der ersten Seite vorkommt!). Am Ende sucht er selbst seinen Vater auf – was wiederum zurück auf Ebene 1 führen kann – aber nicht zwangsläufig muss, wird doch der Vater hier als herzensguter Mensch geschildert, was er dort definitiv nicht ist.

Um es kurz zu machen: Variante 1 ist diejenige, die ALLE Möglichkeiten weiterspinnt, die Ebene 1 und Ebene 2 eröffnet haben, auch die außerliterarischen. Das heißt beileibe nicht, dass daraus auch der bessere Roman entstünde! Wohl der sperrigste, der, dessen Architektur von Autor und Leser die meiste Arbeit verlangen würde. Aus theoretischer Sicht würde es sich lohnen, diese Architektur näher zu betrachten, da sie uns etwas über Realität und Zeit erzählen könnte. Werden wir wohl auch tun.

Und wie geht es nun weiter? Geht es überhaupt weiter? Ja. Ihr habt den Anfang einer Geschichte gelesen, deren Clou aber nicht die Ebenenkonstruktion ist, sondern zunächst einmal die mysteriöse Firma, für die Herr Dörke arbeitet. Mit was die wohl ihr Geld verdient? Dazu irgendwann mehr.

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