Summer Camp -8-

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Zeit für eine kleine Ablaufdramaturgie. Sie wird uns später hoffentlich gute Dienste bei der Feinarbeit der Personenzeichnung und dem Aufbau der Spannungsbögen leisten.

Ganz grob habe ich schon die Kameraführung („Erzählperspektiven“) erwähnt, dieses Zoomen aus der Totalen des Erzählers zu den handelnden fünf Personen und gewissermaßen in sie hinein. Wir können jetzt, bezogen auf die Handlung, weiter differenzieren.

Die Story besteht strenggenommen aus drei Teilen, die sich immer heilloser ineinander verschlingen, ohne hoffentlich den Leser unnötig zu verwirren. Einmal der Erzähler selbst, der sich erinnert, also die Jetztzeit repräsentiert. Er rekonstruiert die Geschehnisse im Wartehäuschen (jüngere Vergangenheit) und gleichzeitig die tragische Vorgeschichte seines Lebens (ältere Vergangenheit). Erzählperspektivisch und, daraus zwingend folgend, erzähl- und sprachtechnisch führt das zu diesen Konsequenzen:

1. Die Jetztzeit wird in der dritten Person Singular erzählt. Warum? Um den Eindruck von der erzählperspektivisch „Totalen“, dem quasi nüchtern schildernden Auge des Betrachters zu verstärken. Würde man ihn hier schon „ich“ sagen lassen, käme eine Subjektivität ins Spiel, die im Sinne der Handlung aber auch des Lesers nicht wünschenswert wäre. Der Sprachduktus ist der eines Erzählers, der sich um die Rekonstruktion der Ereignisse bemüht, also auch versucht, sein Gedächtnis anhand von Details und ihrer Schilderung auf Trab zu bringen. Entsprechend die Sprache: Nicht unbedingt emotionslos, aber das Emotionale bezieht sich nicht auf den Inhalt selbst, sondern auf die Absicht, sich überhaupt an etwas zu erinnern.

2. Die jüngere Vergangenheit: Sie ist praktisch der vom Erzähler rekonstruierte Inhalt. Es beginnt abermals in der dritten Person Singular („Totale“), doch je näher die Kamera den geschilderten Personen und Ereignissen kommt, desto emotionaler, sprachlich auch subjektiver wird sie. Irgendwann ist die Kamera den einzelnen Personen so nahe, dass sie „in ihre Gehirne“ eindringt. Dies bewirkt einen Perspektivwechsel zum „Ich“ der Person, also weg vom Erzähler.

3. Die ältere Vergangenheit: Das traurige und tragische Schicksal des Erzählers wird peu à peu enthüllt. Die schreckliche Entwicklung der Geschichte selbst resultiert ja aus dem Lebendigwerden dieser Erinnerung. Dies sollte also folgerichtig aus der jüngeren Vergangenheit heraus geschehen, auch formal. Ich bin hier noch am Überlegen, wie das elegant zu machen wäre. Momentan schwebt mir vor, dass die Kamera langsam zurück in die Totale gezogen wird, aber nicht zurück in die dritte Person Singular der Gegenwart, sondern eine sehr subjektive erste Person. Aber noch sehr vage, das alles.

Ich versuche, ein kleines Beispiel zur Verständlichung zu geben:

Der Erzähler beschreibt den Raum. (Kamera kommt näher) Der Erzähler widmet sich den Personen in diesem Raum (wobei er von sich selbst, denn er ist ja auch dort anwesend, wie von einem fremden „Er“ spricht). Die Perspektive wechselt zum Ich der beschriebenen Person. Wir klinken uns eine Zeitlang in ihre Gedankengänge ein. Ein Stichwort fällt, die Kamera zieht sich zurück, das Stichwort „sticht“ (hä, hä) in die ältere Erinnerung des Erzählers, in dessen Kopf wir uns nun befinden. Die tragische Geschichte wird so allmählich offengelegt.

Doch, ich denke, das könnte funktionieren, wenn man es anständig umsetzt. Nächste Woche wollen wir hier anknüpfen und die beteiligten Personen näher kennenlernen.

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