Lena Blaudez: Farbfilter

Ada Simon ist wieder unterwegs. In Afrika, in Mecklenburg, dessen Himmel so weit ist wie der afrikanische, und wo man sich auf einer Tagung um Tropenhölzer sorgt. Aber da hat die Fotografin Simon ihre Geschichten schon zu erzählen, unter Mecklenburgs Himmel, wo sich schließlich alles entscheidet, was in Afrika begonnen und sich zugespitzt hat.

War es in Blaudez’ Erstling „Spiegelreflex“ Benin, so ist es jetzt Kamerun, das Ada Simon von einer Bedrängnis in die nächste stürzt. Sie weilt zu einer Fotoreportage über Tropenholz im Lande, aber Pierre Bernard, den man ihr als Informanten empfohlen hat, weil er als Naturschützer über die illegalen Aktivitäten der Händler Bescheid weiß, ist verschwunden. Auch ein belgischer Pater kann ihr nicht mehr weiterhelfen. Er wird ermordet, Ada gerät unter Verdacht und darf das Land nicht verlassen. Mit Hilfe von Freunden dringt sie nach und nach in die geheimen Bezirke des Handels mit Tropenhölzern und anderen Rohstoffen ein – unter Lebensgefahr, versteht sich. Irgendjemand will sie mit Voodoo einschüchtern, irgendjemand will sie töten.

„Farbfilter“ ist ein prall mit Handlung und Dramatik gefüllter Krimi, der hauptsächlich aus der Perspektive der Fotografin und eines mysteriösen Mannes namens Zander erzählt wird, eines Mannes, der sich erkennbar auf einem Rachefeldzug befindet. Das Personal taucht auf und verschwindet, tötet und wird getötet, ein nuancenreiches Spektrum von Umweltschützern und Geschäftemachern, von Idealisten und Heuchlern, und je tiefer man sich in den Roman liest, desto mehr mischen sich die Farben der Handlung – und umso klarer konturiert sich das Bild, das Blaudez da zeichnet. Afrika in seiner Schönheit, seinem Elend, faszinierend und hoffnungslos, hoffnungslos faszinierend.

Gewiss wirkt die Dramaturgie an manchen Stellen etwas aufgesetzt, waltet Zufall, wo mit logischer Abfolge keine Schneise in das Dickicht der Geschehnisse zu schlagen ist. Ob ich das goutiere oder nicht, ist letztlich eine Frage der Lesart. Will ich ein „realistisches Bild“ oder ein komprimiertes, von dem ich mir selbst die Wirklichkeit ableiten kann?

Wer letzterem den Vorzug gibt, kommt auf seine Kosten. Wohl auch deshalb, weil sich all die Verknotungen der afrikanischen und globalisierten Wirklichkeit nicht ohne das Eingreifen der Autorin lösen lassen, Gut von Böse nicht zu trennen, Schuld nicht von Unschuld zu unterscheiden ist. Ein spannender und farbiger Krimi ist das geworden, in dem am Ende wie gehabt die Kleinen gehenkt werden, damit die Großen weiter ihr schmutziges Geschäft betreiben können, damit wir im gemütlichen Ambiente aus Tropenholzmöbeln ausspannen und mit Handys telefonieren, für deren Herstellung Menschen geknechtet und getötet wurden. Das ist die Wirklichkeit. Und Lena Blaudez fotografiert sie mit all ihren Widersprüchen.

Lena Blaudez: Farbfilter - Ada Simon in Duala. 
Unionsverlag 2006. 282 Seiten. 19,90 €

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