Robert Ferrigno: The Wake Up

Frank Thorpe arbeitete als Undercoveragent bei einem kleineren (Geheim-)Dienst der USA. Organisiertes Verbrechen, Drogenhandel waren seine Themen. Sein letzter Job ging leider gründlich schief; das „Zielobjekt“ drehte den Spieß um und nahm ihn aufs Korn: Er wurde schwer verletzt und seine Partnerin erschossen. Ausgemustert: Jetzt hat er Zeit, viel Zeit…und so steht er am Flughafen und sieht, wie ein arroganter Schnösel ein Kind, welches dort Lebensmittel feilbietet, umrennt und zu Boden stößt.

Keine Entschuldigung, kein Blick zurück, kein gar nichts. So jemand, denk sich Frank, braucht einen Weckruf (wake up). Und so macht er sich auf, diesen Schnösel zu erziehen. Was als kleine erzieherische Maßnahme gedacht ist, gerät leider völlig außer Kontrolle. Plötzlich befindet sich Frank inmitten einer Auseinandersetzung zweier kleinerer Drogenhändlerringe und immer mehr Personen, mit denen er zu tun hat, sterben.

Von Robert Ferrigno sind bis jetzt lediglich zwei seiner älteren Bücher erschienen. Über sein aktuelles, bisher nicht übersetztes Buch „Prayers for the Assassin“, ein „postatomarer“ Thriller, der im Jahr 2040 spielt, finden sich mittlerweile auch in Deutschland Rezensionen. Ferrigno ist ein Thrillerschreiber, der seine Protagonisten nicht in Serien „auslutscht“, sondern der „stand alones“ schreibt.

Das 2004 erschiene „The Wake up“ ist sein vorletztes Buch und in der typischen Ferrignomanier geschrieben. Frank Thorpe ist ein Typ so cool wie Trockeneis, die Dialoge sind knapp und mit dem Hang zum Sarkasmus und überhaupt ist das Buch voll mit skurrilen Typen. Dabei wirkt der schwarze Humor nicht so überzeichnet wie bei Carl Hiaasen; allerdings fehlen dem Buch auch dessen politischen Bezüge. Dabei vergisst der Autor nie, dass ein Thriller von Spannung lebt. Viel Action ist garantiert. Das alles fügt sich gut zusammen und bietet viel Lesespaß. Ferrigno schreibt schwungvoll und treibt sein Geschichte voran. Durch die Zugabe mehrer Nebenstränge schafft er ein vielschichtiges Buch. Die Konstruktion des Buches ist gelungen, alleine warum Frank Thorpe, ein Typ, der vierzig Jahre ohne tiefere emotionale Bindung ausgekommen ist, eine solche plötzlich sucht, legt der Autor nicht ganz plausibel dar.

Sicher, Bücher die die Welt erschüttern, entstehen so nicht. Trotz (nicht ganz überzeugender) Romanze zu wenig emotionaler Tiefgang, trotz gelungener „Dramatik“ zu wenig nagende Spannung, und letztlich zu wenig Originelles. Anders als Lee Child oder Barry Eisler entwickelt Ferrigno sein Subgenre auch nicht weiter. Dennoch: Intelligenter Humor und solide Spannung garantieren ein unterhaltsames Buch, welches gut zu lesen ist.

Robert Ferrigno: The Wake Up. 
Arrow 2006. 325 Seiten. 11,50 €
(noch keine deutsche Übersetzung)

2 Gedanken zu „Robert Ferrigno: The Wake Up“

  1. Hallo Bernd,

    eine Frage zu deiner Anmerkung zu Lee Child. Worin liegt deiner Meinung nach diese Weiterentwicklung.

    Ich habe vor ein paar Monaten Lee Child gelesen. Erst war ich begeistert, dann habe ich sein Buch bzw. gleich zwei am Stück zwar verschlungen, aber nach und nach hat sich ein schaler Beigeschmack eingestellt. Irgendwie war mir das auf Dauer zu „billig“, zu „heftchenromanmäßig“, zu „Colin Forbes“ mäßig.

    Gruß
    thomas

  2. Hallo Thomas,

    vielleicht schreibt Lee Child keine „große Literatur“ im Sinne eines Arno Schmids, Alan Fursts oder James Ellroys. Aber diese unheimliche Verdichtung, diese Spiel des Schafs im Wolfspelz gewissermassen und diese extreme Darstellung; alles sprachlich vorzüglich dargeboten, hebt Child mE hervor.

    Dass er sich stilistisch eingerichtet hat, stimmt wohl, da gebe ich Dir recht.

    Beste Grüße

    Bernd

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