Man zeige mir einen Krimifreund, der zum Büchergucken auf die Messe geht. Gibt es nicht. Gibt es nämlich alles schon in den Katalogen. Und bei uns Glücklichen, die wir für Krimis nichts zahlen müssen, weil sich unser Lesen für die Verlage auszahlen soll, liegen die Dinger längst auf dem Stapel. Frischware. Warum also nach Frankfurt reisen? Weil es dort so schön ist? Mal die Heidenreich gucken oder in Eva Hermans volle Blondheit? Nein, nein, da weiß der Rezensent Besseres.
Am diesjährigen Buchmessedonnerstag wird mich mein erster Weg zum Verleger X. führen, der meiner schon voller Ungeduld und Sorge harrt. Meine Stirn legt sich, kaum bin ich es des Mannes angesichtig, in schwerste Falten. „Oh, oh, das war wohl nix mit dem Herbstprogramm diesmal, gelt?“ werde ich ihn schockieren. „Hab gerade mit den Kollegen A, B und C gesprochen, die haben was von Totalverriss gemurmelt. Tz, tz. Beim K-Verlag hats ja genauso angefangen. Ein schlechtes Programm, und in der nächsten Saison waren sie pleite. Na, Sie schaffen das schon!“ Ich verlasse einen gebrochenen Mann.
Mein nächster lieber Verleger, der souveräne P., ist mit solchen Methoden nicht aus der Fassung zu bringen. Sollen sie doch verreißen, denkt er, mein Metier ist schließlich nicht der gelobte Krimi, sondern der verkaufte. Und meine Klientel hat schon Mühe, sich durch den Krimi zu lesen, die werden den Teufel tun und sich auch noch Rezensionen reinziehen! – Ich beuge mich ganz diskret zu ihm hin, so dass ich die Härchen in seinem Ohr zählen kann, und murmele: „Weil Sie mir so sympathisch sind, lieber P. Ein heißer Tipp. Ich sag nur: Winzerkrimi. — Von einer Frau! Einer Frau, sag ich Ihnen! Mischung aus Greta Garbo und Lolita, ja, ja, Minirockträgerin, natürlich, wo denken Sie hin! Wenn die ein Bein übers anders schlägt, haben sie gleich 100 Exemplare verkauft und, glauben Sie mir, die Frau macht fast nichts anderes, als ein Bein übers andere zu schlagen. — Nein, Sie wird auch bei Kerner auftreten. Sie fürchtet weder Tod noch ZDF. Nicht billig, die Dame, nu… 25.000 Vorschuss werden Sie schon abdrücken müssen.“
Nachdem ein kleines Bündel Bares gegen einen verschwörerisch gehauchten Namen plus Telefonnummer eingetauscht wurde, setze ich meinen diesjährigen Gang durch das Labyrinth der wortgewordenen Kultur fort. „Schon gehört? Dan Brown sucht einen neuen deutschen Verleger. Sein Agent ist gerade um die Ecke…“ Schon werden für gewöhnlich träge Unternehmerkörper in so niemals für möglich gehaltene Agilität versetzt, werden Bierbäuche mit 40 Stundenkilometern hinter imaginären Agenten hergetragen. Soll halt gesund sein, das Rennen.
Ah! Am Zsolnay-Stand hat Friedrich Ani Signierstunde! Gleich anstellen, die Schwarte habe ich vorsorglich einstecken. Netter Mann. „Darfs was Persönliches sein? Was soll ich schreiben?“ Ich will schon den Mund aufmachen, um den Namen „Detlef Hüberkamp“ zu nennen, da taucht, keine zwei Meter hinter mir, Freund Menke auf. „Hallo DPR, altes Haus!“ ruft er, Anis Schreibfluß gerät abrupt ins Stocken, sein vom Gottsuchen müdes Auge sucht nach einer Mordwaffe.
Ja, es wird wieder schön werden. Buchmesse 2007. Meine letzte vielleicht. Kommt drauf an, ob ich schneller rennen kann als ein von Tötungsabsichten getriebener Dichter.
schade, dass ich nicht da bin,lieber krimirezensent! aber im oktober komm ich ja in den bliesgau.
Ja, schade. Ich hätte dich prima vermarkten können…übrigens: spätestens heut nachmittag kommt eine laaaange Mail…
bye
dpr
*macht Angst
aber ich mach doch grad den schluss fertig!
Soll ich also warten, bis ich den Schluss gelesen habe?
bye
dpr
*ist sehr flexibel
ja.
*mailt in zwei stunden
**hat wie ein HIRSCH das ganze wochenende dran gearbeitet
Wieso greift Ani zur Mordwaffe, wenn ich auftauche? ICH habe ihn nicht verrissen.
Apropos Ani: Dieser Link dürfte Dich freuen.
Liebe Grüße
Ludger
Ach, Ludger, DU bist doch gar nicht in Gefahr! Aber durch deine voreilige Anrede „Hallo DPR“ (du schreist es ja auch noch!) gewahrt Ani, dass ICH dpr bin. Und dann…
Tja, SPIEGEL + Kultur. Irgendwie hab ich nie verstanden, wie das zusammenpasst…
bye
dpr
ich finde nicht, dass er der beste krimiautor ist. steinfest ist der beste, der verdrechselt nur noch oft die sätze einen nebensatz zu viel, das kostet den leser respektive leichtgewichtige anobellas zu viel konzentration.
„Friedrich Ani, gefeiert als der gegenwärtig beste deutsche Krimiautor (…)“. Das ist ein schöner Fall von „In der ZEIT hats gestanden, also wirds stimmen und wir vom Spiegel plapperns nach“. Nicht anders zu erwarten. Ich geb ja zu, dass es mich juckt, Herrn Anis Apostelgeschichte mal so richtig schon en détail auseinanderzunehmen, aber gott(!)lob hab ich a) keine Zeit und b) wenn ich mirs so recht überlege, auch keine dauerhafte Lust dazu. Das soll mal der ToGo selber machen. Da kümmere ich mich lieber um die wirklich besten deutschen KrimiAutorInnen. Nee, nicht Steinfest. Nichts gegen Steinfest, nichts gegen Haas: Aber Krimis bestehen halt nicht nur aus Sprache, sondern, der Kollege TW würde jetzt sagen: vor allem aus subversivem, welthaltigem Potential. Ich geb ihm ja nicht gerne Recht, aber hier muss ich leider. Abund an mal einen Steinfest, einen Haas: jo, nichts dagegen zu sagen. Aber irgendwann ist Schluss mit lustig. Lustig geht ja auch anders, siehe „Winzerkrimi“.
bye
dpr
*macht schon Werbung; hat noch Termine am Buchmessendonnerstag frei, um mit Verlegern „den Deal“ klarzumachen. Ist von Frau A. generalbevollmächtigt.
Gohlis? Der ist in meinem Exemplar von Anis Buch mit mehreren Seiten Vorwort etc. vertreten. Logischerweise muss er da loben, denn das wird er nicht umsonst gemacht haben.
Gruß
PH
Hm, in meinem Leseexemplar gibt es dieses Vorwort nicht. Aber bevor wir den armen ToGo jetzt hier verdächtigen, ein Gefälligkeitsrezensent zu sein: Man kann auch deshalb ein Vorwort schreiben, weil man von etwas überzeugt ist. Und muss nicht unbedingt deshalb von etwas überzeugt sein, weil man ein bezahltes Vorwort geschrieben hat. Bei Gohlis gehe ich von der ehrenwerten Variante aus.
bye
dpr
> vor allem aus subversivem, welthaltigem Potential
das leider von 98 % der deutschen Krimiautoren erbärmlich zerplappert wird. Sie meinen halt, ihr Geschichtchen herunterzuerzählen genügt.
Da klapp ich dann zu, egal wie welthaltig subversiv die mir kommen.
(Ach, und der Ani: ich bin enttäuscht, ich schätze ihn doch sehr. Aber dieses Buch rennt mächtig in die Gegend Gesinnungs-Kitsch. Unter Ausrutscher verbucht)
Je nun, lieber Ralf, dann blieben noch 2%. Bei ca. 350 neuen deutschen Titeln im Jahr wären das 7. Jo, das könnte in etwa hinkommen. Bisschen optimistisch vielleicht, aber ja, doch…
bye
dpr
Vielleicht kann man sich darauf einigen, dass Haas und (meinetwegen auch) Steinfest die besten „deutschen“ Autoren von sprachlich dominierten Krimis sind – wenn man die Bücher denn überhaupt als Krimis bezeichnen mag. Aber neben anderen Sachen gehören, in wechselnden Anteilen, zu einem guten Krimi auch Rätsel, Raffinement des Plots, Finten, gesellschaftspolitischer Bezug, Psychologie und so weiter …. Wenn Steinfest der Zenith „deutscher Krimischaffenskunst“ sein soll, wenn da nichts mehr besseres nachkommen soll… na dann Prost Mahlzeit.
Aber ´mal im Ernst, neben anderen, und abgesehen davon, dass es (abgesehen vielleicht von Shakespeare und Ellroy) die Größten und Besten nicht gibt, fiele mir da der sträflich unterbewertete DB Blettenberg eher ein.
Beste Grüße
bernd
Blettenberg? Schönes Stichwort, Bernd (dafür gibts morgen in der Hinternetkantine einen Extra-Nachtisch). Am Donnerstag gibt es die Rezension des neuen Blettenberg — ein zweiter Ani? Ein dritter Haas / Steinfest? Wird noch nicht verraten. Die Spannung steigt…
bye
dpr
Lieber dpr, in der Überschrift ist ein Schreibfehler: „Messerfreuden“ muss es heißen, nicht „Messefreuden“.
Winzer- und Weinkrimis sind doch schon längst durch, jetzt kommen Duftkrimis… quasi parallel zum Film
„Messerfreuden“ könnte ich nur genießen, wenn du, lieber Georg, nicht bezüglich Messetreffen abgesagt hättest. Du weißt warum. Examinierung a la Schmidt. Was weiß der Bursch eigentlich über Krimis?…Winzerkrimis out, lieber Markus? Vielleicht im Saarland. Aber der Rheingau ist noch nicht in der Gegenwart angekommen. Da ist halt noch viel pfälzischer Anochronismus drin…
bye
dpr
Extranachtisch
Au fein ! Wie wäre es mit Weissweinschaumcreme aus rheingauer (nicht: pfälzer) Riesling ?
Freut sich
bernd
Nicht übertreiben, Bernd! Der Wackelpudding von voriger Woche muss endlich alle werden! Schmeckt auch!
bye
der Küchenbulle