Sandra Scoppettone führt ein außergewöhnliches Autorenblog. Eines der wenigen, die ich regelmäßig lese. Schwerpunkt ihrer meist etwas depressiv getönten Einträge ist ihr Motivationsverlust, der daraus resultiert, dass ihr Verlag ihr die Zusammenarbeit gekündigt hat. Nach über einen Dutzend Bücher und Jahren als Schriftstellerin steht die, früher auch schon ins Deutsche übertragene Autorin offensichtlich ohne Verlag da und weiß nicht so recht, wie es weiter gehen soll.
Noch bevor das Ende der Zusammenarbeit verkündet wurde, erschien letztes Jahr als Hardcover ihr Buch „This Dame for Hire“. Es führt eine neue Heldin und ein interessantes Projekt ein. Faye Quick ist Privatdetektivin mit eigenem Büro in New York Anfang der 40er Jahre. Eingestellt wurde sie als Sekretärin, aber ihr Boss musste in den Krieg gegen Japan ziehen und trug ihr zum Abschied auf, schön auf die Agentur aufzupassen. Eine Weile schlägt sie sich mit kleineren Aufträgen durch, bis sie eines Tages den Auftrag erhält, den Mord an einer jungen Frau aus gutem Hause aufzuklären. Wobei sie auf Schritt und Tritt auf einen Klienten stößt, der sich seine klaren Vorstellungen über seine Tochter nicht durch die Realität kaputt machen lassen möchte.
Zwei Dinge machen den Reiz des Buches aus. Zum einen hat Scoppettone mit Faye Quick ein unterhaltsames Pendant zu den männlichen Helden der klassischen Phase wie Sam Spade oder Philip Marlowe geschaffen. Auch sie ist ein „armes Würstchen“, welches mit Rückgrad, Herz und Schnauze im Milieu der Reichen und Schönen arbeitet. Zum anderen kann die Autorin Themen, die im bürgerlichen Umfeld häufig zu Schreibhemmung führten, wie voreheliche sexuellen Beziehungen oder Abtreibung, direkter angehen, als es zeitgenössische Autoren gekonnt hätten. Dabei schafft sie es eine delikate Balance zu wahren, denn die Atmosphäre der 40er beschwört sie gekonnt und sie nimmt auch z.B. die Limitationen Ernst, denen Frauen zu jener Zeit unterlagen.
Ein gelungenes Buch für einen gemütlichen Abend, gut erzählt, mit einer Wortwahl, die sich auf die 40er Jahre bezieht, stimmig dargestellt und sehr unterhaltend. Mit – und da bleibt sie gewissermaßen auch ihren Vorbildern treu – etwas weiblichem Sozialbild der 40er Jahre als Zugabe. „This Dame for Hire“ ist sicher keine ganz große Krimiliteratur, aber anders als andere Bücher, bei denen es schon durchs Cover wummert und die doch den Ton nicht treffen, ist es ehrlich, authentisch und hält das was es verspricht in überzeugender Weise ein.
Dr. Bernd Kochanowski
Sandra Scoppettone: This dame for hire.
Ballantine 2006. 290 Seiten. 6,49 €
(noch keine deutsche Übersetzung)
Die Autorin schreibt sich >Scoppettone
… wie man mit einem Blick auf das abgebildete Buchcover hätte sehen können.
Lieber Herr Zander,
ich gratuliere ! Sie haben den ersten Preis gewonnen: Ein großes Lob.
dpr hatte ja nicht geglaubt, dass dieser Fehler jemanden auffiele, aber bei „watching the detectives“ finden sich einfach die kompetentesten Krimileser.
Gut gelaunt
bernd
Gibt es hier auch Preise zu gewinnen?
Ja, Glückwunsch auch von mir, Herr Zander! Sie gewinnen einen Tag in der Hinternet-Redaktion mit allen Schikanen: Zwei Stunden Windelnwechseln beim Kronprinzen, Zwangsbesuch in der Hinternet-Kantine mit intravenöser Einflößung des Tagesessens (meistens Königsberger Klopse), Marketingseminar bei Chef Walter und, krönender Abschluss, Schlafliedsingen im großen Praktikantinnen-Gemeinschaftsruheraum. So, und jetzt stellen wir die korrekte Schreibweise wieder her…
bye
dpr
Also die Sache mit dem P -> ich musste dreimal hinschauen bis ichs gesehen hab 😉
jetzt aber mal etwas anderes: Hat die Autorin wirklich keinen Verlag mehr ? In ihrem Autorinnen-Blog (Juli) berichtet sie doch, dass sie gerade die Fortsetzung „Too darn hot“ veröffentlicht hat. Und im September schreibt sie von einer Kurzgeschichte für eine Anthologie. Drumherum, da muss ich Bernd wirklich Recht geben, sind die Einträge jedoch ziemlich düster d.h. voller Angst Zweifel und teilweise auch Trauer.
Gruss
Markus
Hallo Markus,
ja „Darn to hot“ war wohl noch vertraglich vereinbart. Ein weiteres Nachfolgebuch schreibt Sandra Scopp(!)ettone; zahlreiche ihrer Einträge ihres Blogs handeln aber davon, wieviel Mühe sie hätte, daran zu schreiben. Ende September hatte sie recht unkompliziert eine Kurzgeschichte untergebracht, eigentlich so sagt sie nicht ihr spezielles Metier, und war recht zufrieden mit sich.
In der Tat ist das wohl so, dass die großen Verlage in den USA die Autoren der 10.000 er Klasse teilweise rausschmeißen. Ein anderes Beispiel ist der sehr viel berühmtere und erfolgreichere Thomas H. Cook, der sich für „Red Leaves“ (2006 immerhin auf den Nominierungslisten für den Dagger, Edgar, Anthony und Barry) einen neuen Verlag hatte suchen müssen.
Beste Grüße
bernd
PS. Diesen Schwermut sieht man ihrem Buch überhaupt nicht an.