„Saarlandkrimis“ kommen gut durch die kalte Jahreszeit, denn sie hüllen sich gemeinhin in zwei Mäntel: den des Grauens und den des Vergessens. Woran das liegt, weiß kein Mensch. Es ist scheinbar Naturgesetz, dass alles, auf dem „Saarlandkrimi“ (alternierend: „Saarland Krimi“) steht, im Inneren aus hüftsteifem Aufsatzdeutsch undoder hochgestochen hohlen Plots undoder düsterschwer ins Blaue philosophierter Langeweile gemacht ist. Ob Kerstin Rech dieses fatale Gesetz ebenfalls befolgt? Oder bricht?
Nun, sieh an: „Der Werwolf vom Webenheimer Bösch“ ist lesbar. Wohl beginnt es in einer Kirche (Friedrich hilf!), heult der böse Wolf abergläubisch durch die Nacht im (nicht fiktiven!) Bierbach, kaum vier Kilometer vom Schreibtisch des Rezensenten entfernt. Doch dieser Anfang, der uns mit seinem schauerlichen Legendengeraune das Schlimmste befürchten lässt, mausert sich zu einem hübschen kleinen Krimi, das Metaphysische wird handfest, der zunächst wirr anmutende Plot ordnet sich bodenständig. Und Bierbach, dessen Frauschaft von einem haarigen Fabelwesen angefallen wird, kann schließlich, nachdem sämtliche Untaten geklärt sind, wieder ruhig schlafen.
Ein Minus: „Der Werwolf vom Webenheimer Bösch“ ist die Fortsetzung von „Der Permes“, zwar eigenständig in seiner Handlung, doch mit etlichen Verweisen zum Vorgänger. Den nicht gelesen zu haben, manche Anspielung nur schwer oder gar nicht oder ungenügend verständlich macht.
Nach 170 Seiten ist Schluss. Und das ist das zweite Manko. Gerade das dörfliche Zusammenleben gerät arg stichwortartig, hier hätten 50 Extraseiten atmosphärische Stabilität verschaffen können, ohne den Erzählfluss zu hemmen. Ansonsten jedoch: Nichts von der gewohnten saarkriminellen Peinlichkeit. Vielleicht, weil die in Blieskastel/Saar geborene Autorin laut Verlagsinfo „seit vielen Jahren in Stuttgart“ lebt. Wo aber auch nicht unbedingt die besten Krimis geschrieben werden.
Kerstin Rech: Der Werwolf vom Webenheimer Bösch. Leda Verlag 2006. 170 Seiten. 8,90 €
Hübsche Satzkonstruktion: „Den nicht gelesen zu haben, manche Anspielung nur schwer oder gar nicht oder ungenügend verständlich macht.“ Zu viel aus dem 18. Jahrhundert gelesen?
Oh, pardon, ich habe ganz vergessen, dass auch Karlsruher Germanisten mitlesen. Für alle Karlsruher Germanisten also: „Wenn man den, wo sie vorher geschrieben hat, nicht gelesen hat, hat man Schwierigkeiten, eine Anspielung ganz oder überhaupt oder wie zu verstehen.“ Ja; klingt wirklich besser. Danke, Georg!
bye
dpr
Literaturwissenschaftler. Nicht Germanist. Und: Bielefeld! Nicht Karlsruhe. Großer Unterschied. (Blöde Anspielungen, grummelgrummel, doofes Internet, grummelgrummel)
So, so, Literaturwissenschaftler. Zum Germanisten hats nicht gereicht, was? Und Bielefeld…
bye
dpr
Germanistik hatte ich im Nebenfach. Und Bielefeld? Jemand, der im Saargebiet wohnt, sollte nicht mit Steinchen werfen…
Das Buch ist wirklich lesenswert. Wenn man den Vorgängerroman „Der Permes“ kennt, macht es aber noch mehr Spass. Sehe ich genauso – und hatte ich auch einmal so geschrieben ;-). Was die dörflichen Strukturen usw. angeht, wird auch dies im Doppelpack deutlicher. Insofern fällt dieses „Manko“ für jemanden, der den ersten Roman kennt, aus meiner Sicht dann nicht mehr so ins Gewicht.
Gruss
Markus