Patrick Neate: City of Tiny Lights

Dieses ist die vierte Besprechung eines der Kandidaten für den Edgar des Jahres 2007, Kategorie „Bestes Taschenbuch“.

Die Terroranschläge des Jahres 2005 auf U-Bahnen der britischen Hauptstadt wurden von Immigranten der zweiten Generation verübt und können auch als Zeichen für den tiefen Riss, der durch die britischen Gesellschaft geht, verstanden werden. Seit den Anschlägen unterliegen die muslimischen Gemeinden in Großbritannien dem Generalverdacht.

„The City of Tiny Lights“ von Patrick Neate ist vor den Anschlägen geschrieben, schildert „die Ereignisse“ und ihre Folgen jedoch seltsam stimmig, so dass man mutmaßen darf, dass die Geschehnisse für den Verständigen nicht überraschend kamen.

Als das Buch im Jahre 2005 schon bald nach der englischen Originalausgabe auch in Deutschland erschien, fand es wenig Resonanz bei den deutschen Krimikritikern. An der Qualität des Buches lag es wohl nicht. Eher daran, dass Patrick Neate durchs Raster fiel: Der mehrfach ausgezeichnete Autor – unter anderem 2001 den Whitbread Novel Prize – hatte, bei dato vier Büchern, keinen Krimi geschrieben. In den USA haben die Krimikritiker genauer hingeschaut und einen Schatz steinfestscher Stilistik und lethemscher Qualität gehoben.

Der Ich-Erzähler, Tommy Akhtar ist ugandischer Inder und als kleines Kind mit seinen Eltern, die vor den Häschern Idi Amins flüchteten, nach England gekommen. Sein Vater, eigentlich ein Arzt, aber fortan ohne das Recht der Berufsausübung, mühte sich redlich, aus ihm einen echten Briten zu machen und hinterließ wohl doch nur einen zerrissenen Seelenteppich und einen leidenschaftlichen Cricketfan – dessen Beschreibungen voll sind mit Vergleichen aus eben diesem Sport. Nach Jahren der Wanderschaft und eines längeren Aufenthaltes in Afghanistan im Kampf gegen die russischen Besatzer – Tommy Akhtar ist Muslim – lebt er nun in einem ethnisch gemischten Stadtteil Londons und arbeitet als Privatdetektiv.

Es fängt reicht unspektakulär an. Er soll für eine Prostituierte ihre, ebenfalls im Gewerbe tätige Mitbewohnerin finden. Dank seiner ausgeprägten Intuition findet er bald eine Spur und könnte den Fall abschließen, wenn es nicht an ihm nagen würde, dass der letzte Kunde der Prostituierten ein Parlamentsmitglied war, dessen Ermordung überhaupt erst zu deren Abtauchen führte. Nun, es kommt eins ins andere und am Ende ist er mitten drin in einer wüsten Verschwörung.

„City of tiny lights“ verfügt über einen ordentlichen Plot und wird zum Ende hin sogar recht spannend. Faszinierend, nein: begeisternd ist jedoch der Erzählstil, mit dem Tommy Akhtar seine Geschichte vorträgt. Scheinbar erratisch folgt er immer wieder seinen Gedankenströmen und philosophiert über das Leben im Allgemeinen und das als Immigrant im Besonderen. Dabei ist er ein ironischer bis zynischer Mensch, dessen Wortwitz nicht komödiantisch plump daherkommt, sondern sich (gewissermaßen hinterfotzig) häufig erst im Nachsatz offenbart. Dieses ist höchstvergnüglich zu lesen, fügt sich zu einem Bild des Immigrantenlebens im heutigen Großbritannien und wirkt – siehe oben – überzeugend .

Patrick Neate: City of Tiny Lights. 
Riverhead Books 2006. 335 Seiten. 14,50 €
(deutsch: "Stadt der kleinen Lichter", Rogner & Bernhard 2005. 350 Seiten. 17,90 €)

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