Nach der Schwedenkrimischelte en générale et en détail, wie sie in letzter Zeit hier zu lesen war, heute zwei erfreulichere Exempel aus dem Legoland der Kriminalliteratur.
Tove Klackenberg arbeitet als Richterin und lässt in „Selbstjustiz“ wenig überraschend eine Staatsanwältin ermitteln. Svea Lundström Duval, dunkelhäutiges Produkt einer karibischen Urlaubsliaison ihrer Mutter, bekommt es in der nordschwedischen Provinz mit etlichen merkwürdigen Todes- und Unfällen sowie Sabotageakten zu tun. Hängt alles zusammen? Und wie? Da sich auch das Privatleben der Protagonistin in einigen Turbulenzen befindet, braucht es seine Zeit, bis sich die Fäden entwirren und ein beunruhigendes Muster sichtbar wird.
Das wäre nun eigentlich Schwedenkrimi wie üblich, da sämtliche Steilvorlagen (Rassismus, Polizeiwillkür etc.) vorhanden sind. Doch erfreulicherweise entwickelt Klackenberg einen eher unaufgeregten, nur gegen Ende mit einigem Aktionismus aufwartenden Krimi, in dessen Mittelpunkt sich allmählich ein bislang kaum beachtetes Thema schiebt: die Situation der nordschwedischen Ureinwohner (Lappen, Samen) und ihre historischen Wurzeln. Nicht gerade nervenzerfetzende Hochspannung, aber ein interessanter und fundiert entwickelter Einblick in die Abgründe schwedischer Geschichte, solide genreverpackt.
Teilweise in Nordschweden resp. Norwegen spielt auch Thomas Kangers „Der Sonntagsmann“. Kommissarin Wiik gräbt einen mysteriösen Fall aus, der sich vor knapp 25 Jahren ereignet hat und nun zu verjähren droht. Wer ermordete die junge Ylva Malmberg und was geschah mit ihrer fünf Monate alten Tochter? Die Zeit drängt, neue Spuren gibt es nicht – ein scheinbar hoffnungsloses Unterfangen.
Kanger bedient sich eines gelungenen dramaturgischen Kniffs. Während Wiik sich in den Fall einliest und alte Spuren noch einmal überprüft, begleiten wir die inzwischen 25jährige Tochter der Ermordeten bei ihrer eigenen Suche nach der Wahrheit. Sie nämlich, als Adoptivkind auf den Lofoten aufgewachsen, hat sich mit einem Freund aufgemacht, um vor Ort ihre wirklichen Eltern zu finden. Ein schöner Nebeneffekt dieses Verfahrens: Der Leser lernt aus dem Charakter der Tochter den der Mutter kennen und ist der eigentlichen Ermittlerin damit immer eine Nasenlänge voraus.
Auch die Spannungsbögen hat Kanger souverän durch den Text gezogen, am Ende spitzen sich die Ereignisse zu, der Fall wird logisch und dennoch überraschend geklärt, die üblichen Versatzstücke bleiben, wie schon bei Klackenberg, erfreulich im Hintergrund. Empfehlenswert.
Tove Klackenberg: Selbstjustiz.
Piper (Nordiska) 2007
(Original: „Självtäkt“, übersetzt von Beate Schirrmacher).
332 Seiten. 19,90 €
Thomas Kanger: Der Sonntagsmann.
Btb 2007
(Original: „Söndagsmannen“, übersetzt von Lotta Ruegger und Holger Wolandt).
346 Seiten. 9,00 €