Bekannt wurde Walter Mosley mit seiner Serie um den Detektiv Easy Rawlings. Für den Erstling „Devil in a Blue Dress“ erhielt er 1991 den renommierten „Shamus Award“ (verliehen für Bücher mit Privatdetektiven). Er war zwar nicht der erste der zeitgenössischen afroamerikanischen Autoren, der einen der renommierten Krimipreise gewann, aber er war derjenige, der auch vom „weißen“ Lesepublikum in größerem Umfang akzeptiert und gelesen wurde, und er war der erste Afroamerikaner als Präsident der „Mystery Writers of America“. Auch heute, 17 Jahre nach dem Beginn seiner Karriere, unterschiedlichen Serien, Jugend- und Science-Fiction Büchern, hat Mosley wohl immer noch als Leitstern der afroamerikanischen Krimiliteratur zu gelten. Anderen afroamerikanischen Autoren hat sein Erfolg bei der Akzeptanz durchs „weiße“ Publikum jedoch nur wenig geholfen.
In Deutschland scheint es in den letzten Jahren stiller um Mosley geworden zu sein, seine neueren Bücher sind bei uns allesamt nicht erschienen. Im Vergleich ist sein inniger Stil wohl zu wenig plakativ, zu wenig reißerisch und belohnt zu sehr den mitdenkenden Leser. Dabei ist Ezekiel (Easy) Rawlings, Held auch des vorliegenden Buches, eine zutiefst moralische Figur, die scheinbar naiv auf die (rassischen) Ungerechtigkeiten dieser Welt blickt und uns an ihren „Philosophien“ über das Leben als schwarzer US-Amerikaner teilhaben lässt.
Seit Beginn an folgen die Bücher der Serie, wie einstmals die der McGhee Serie von John D. MacDonald der „Farbenlehre“. Mit „Cinnamon Kiss“ ist Easy bei einer zimtfarbenden Schönheit angekommen, die weißen wie schwarzen Männern durch Intelligenz und Aussehen den Kopf verdreht und die im Besitz wertvoller Dokumente ist. Easy wurde eigentlich beauftragt, den Chef von „Cinnamon“ ausfindig zu machen und so dringend er den Auftrag braucht, leicht tut er sich nicht ihn anzunehmen, denn der Auftraggeber heißt mit Nachnamen Lee, ganz so wie der Südstaatengeneral, welcher im amerikanischen Bürgerkrieg gegen die Aufhebung der Sklaverei kämpfte.
Easy wird schnell klar, dass der Gesuchte ermordete wurde und dass Cinnamon sich versteckt hält. Aus gutem Grund wohl, denn ein Killer sucht Easy in seinem Büro auf und versucht ihn von seiner Suche nach Cinnamon abzubringen.
Die Serie, deren erstes Buch zurück ins Jahr 1948 führte und sich langsam durch die Zeit arbeitet, gelangt mit „Cinnamon Kiss“ ins Jahr 1966. Ein Jahr nach den berühmten Rasseunruhen in LA´s Stadtteil Watts (und etwa zwei Jahre vor dem gewaltsamen Tod Martin Luther Kings) ist die Stimmung in LA zwischen weiß und schwarz immer noch gereizt. Anderenorts merkt Easy zwar, dass sich die Zeiten zu ändern beginnen, und dass es Weiße gibt, die ihn und „seinesgleichen“ nicht aufgrund seiner Hautfarbe beurteilen. Aber dennoch, schwarz zu sein bedeutet immer noch ökonomisch benachteiligt zu sein und willkürlich von der Polizei aufgegriffen zu werden.
Sicher, diese Überraschung, die es beim Lesen der alten Mosleys gab und die wohl auch einen Teil des Erfolges ausmachte, ist weg; mittlerweile kann man andere, „radikalere“ Autoren finden – wie die von deutschen Lesern konsequent nicht verstandene Paula L. Woods – und dennoch: „Cinnamon Kiss“ ist ein ausgesprochen gutes Buch. Die in sich gekehrte Figur des Easy Rawlings ist vielleicht noch etwas dunkler getönt als sonst, aber das ist eigentlich auch kein Wunder. Stürzt er sich überhaupt nur in das Abenteuer um die zimtfarbende Schönheit, weil er schnell die astronomische Summe von 35.000 $ braucht, um seiner über alles geliebten Adoptivtochter zu helfen, die eine rätselhafte Bluterkrankung hat und nur durch eine teure Therapie in der fernen Schweiz gerettet werden kann [Mithin ein Strang, den Mosley nicht weiterverfolgt, obwohl die problematische medizinische Versorgung der Unterprivilegierten in den USA durchaus ein interessantes Thema wäre].
Aber Easys mitunter eigenwilligen Beobachtungen und seine exzentrischen Freunde und Bekannten, die sich über die Bücher der Serie angesammelt haben und ihm auch diesmal wieder helfen, geben dem Buch doch mitunter auch eine Leichtigkeit und profunden Humor. Alles das ist geschrieben aus der sehr persönlichen Sicht Easys, die vieles beschreibt, aber wenig auswalzend erklärt. Nichts also für Liebhaber mankellschen Erklärungsoverkills. Aber im Vergleich zu diesem hat Mosley ja auch ein „echtes“ Thema, über das er mit dem Leser reden möchte.
Most Americans wouldn´t understand why two well-dressed men would have to explain why they were standing on a public street. But most Americans cannot comprehend the scrutiny that black people have been under since the days we were dragged here in bondage.
Walter Mosley: Cinnamon Kiss.
Warner Books 2006, 336 Seiten. 6,26 €
(noch keine deutsche Übersetzung)