P.J. Parrish: An Unquiet Grave

Es ist ein großes Gelände, auf dem die leeren Häuser verstreut liegen. Bis vor zwei Jahren war dort eine Verwahranstalt für psychisch Kranke. Jetzt sind kaum noch Menschen anwesend. Ein, zwei Schwestern, die die alten Akten aufräumen, bevor die Gebäude abgerissen und auf dem Gelände Wohnhäuser errichtet werden, und Charlie, ein ehemaliger Patient, der kein anderes Daheim kennt und immer wieder zur ehemaligen Klinik zurückgekehrt.
Louis Kincaid, mittlerweile in Florida lebender Privatdetektiv, dessen letztes Abenteuer -> hier beschrieben worden war, kehrt nach Michigan zurück, weil sein Pflegevater ihn bat, ihm zu helfen. Eine alte Freundin des Pflegevaters war in der Krankenanstalt. Nachdem sie dort verstarb, wurde sie auf dem dortigen Friedhof bestattet. Als nun der Friedhof umziehen sollte, entdeckte man statt der Gebeine Steine in ihrem Grab.

Die Beziehung des Pflegevaters zu der Frau ist mysteriös. Das Buch führt nicht nur ihn in seine Vergangenheit zurück, sondern auch Kincaid in die seine. Und natürlich geht es auch um das Krankenhaus und seine Geschichte. Im Gebäude E waren Verbrecher: Massenmörder und Serienvergewaltiger.

Die Entwicklung der Psychiatrie und ihre unglücklichen Experimente in der Vergangenheit sind ein häufigeres Thema. Bange machen gilt also nicht: Die Toleranzschwelle ist hoch. „An Unquiet Grave“ erzählt, einigermaßen unspektakulär eigentlich, aus der Krankenakte, wie eine Anstalt in Verbindung mit den Angehörigen sich anschickte, Gewalt über den Geist ihrer „Schutzbefohlenen“ zu erlangen und schafft es tatsächlich damit zu berühren.

Im Vergleich zum Vorgänger, „A Killing Rain“, ist das Buch emotionaler. Das Thema der Vergangenheit, die sie alle im Griff hat, bringt es mit sich. Ganz zwanglos ist das Krankenhaus der Kristallisationskern, an dem die Personen, seien es Angehörige, Ärzte oder eben Kincaids Pflegevater, zusammenkommen und mit ihren früheren Handlungen konfrontiert werden.

Immer wieder zeigen sie in ihren Büchern, was für hervorragende Spannungsautoren P.J. Parrish sind. In „An Unquiet Grave“ sind es insbesondere die Szenen in den leeren Räumen der Bettenhäuser oder in den Katakomben unterhalb der Gebäude. Dunkle, geheimnisvolle Gänge, in denen auch dem sonst abgeklärten Kincaid unheimlich ist, zumal er entdeckt, dass dort noch wer anderes sein muss.

Dass das Buch dieses Jahr zwei so unterschiedliche Preise wie den Thriller Award und den Shamus Award (für Privatdetektive) auf sich vereinigen konnte, zeigt auch, welche große Spannweite es besitzt. Psychiatrie, Serientäter, die Bürde der Vergangenheit: Das sind nicht unbedingt neue Themen. Aber die beiden Schwestern, die hinter dem Pseudonym P.J. Parrish stecken, laden diese Themen neu auf und stellen sie so dar, dass ein sehr guter, spannendes und lesenswerter Krimi dabei ‚rauskommt.

P.J. Parrish: An Unquiet Grave. 
Pinnacle Books 2006. 384 Seiten. 5,99 € 
(noch keine deutsche Übersetzung)

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