Das wäre mal was

„Sie wollen und können es nicht begreifen, dass Kriminalromane nach anderen Gesetzen funktionieren als die avancierte Literatur. Gestern noch schlug ich Uwe L. vor, während des nächsten Krimifestivals mal eine Diskussion zum Thema „Stieg Larsson und seine Geringschätzung durch die Kritik“ zu veranstalten, schon liefert Dieter Paul Rudolph im Titelmagazin das Futter dafür. So reflexartig wie genussvoll und erwartbar greift er die offensichtlichen literarischen Schwächen des Schweden an und merkt nicht, dass er mit seiner wohlfeilen Polemik mal wieder unter der Latte durchspringt. Andererseits: Will ich mich wirklich so tief in das Thema verbeißen, bis ich mir auch den letzten Vertreter der Branche zum Gegner gemacht habe …?“

Schreibt →Jan Seghers. Der natürlich weiß, nach welchen Gesetzen Kriminalromane funktionieren; denen der Schlampigkeit in Sprache und Inhalt nämlich. Dass er aber auch noch wissen will, wie „avancierte Literatur“ (zu der Kriminalromane anscheinend nicht gehören können) funktioniert, glaubt nicht einmal der letzte Vertreter der Branche.

26 Gedanken zu „Das wäre mal was“

  1. Zu Seghers, ob avanciert oder nicht kann ich nichts sagen. Deshalb fände ich es viel spannender dem Unterschied zwischen UK und Deutschland nach zuhängen.

    Die kommen doch dort auch nicht alle auf der Brennsuppe daher geschwommen, finden Larsson aber ganz vorzüglich und haben Child 44 und Matt Beynon Rees belobigt.

  2. „dass Kriminalromane nach anderen Gesetzen funktionieren als die avancierte Literatur“

    Nette These, nur sie bleibt ohne jeden Ansatz von Begründung im Raum stehen.

    Es bedürfte hierzu zunächst einer Definition, was – nach Auffassung des Herrn Seghers – ein „Kriminalroman“ und was (im Gegensatz dazu) „avancierte Literatur“ sein soll.

    Über eine entsprechende Definition lässt sich der von Seghers hergestellte Gegensatz zweifelsohne herstellen. Wie man die These, dass ein Pferd bellt, einfach dadurch „begründen“ kann, dass ein Individuum, das „wau-wau“ macht, zum „Pferd“ erklärt. Entsprechen könnte Herr Seghers – wer sollte ihn daran hindern – zweifelsohne einen „Kriminalroman“ so definieren, dass ihm alles fehlt, was „avancierte Literatur“ nach seiner Definition ausmacht. Wie ein anderer den „Kriminalroman“ über eine entsprechende Definition zum Synonym für „avancierte Literatur“ machen kann. Es lebe die Phantasie, es lebe die Meinungsfreiheit. Ich hoffe, die Methodik der (avancierten) Literaturwissenschaft führt nicht zu ganz so beliebigen Ergebnissen.

    Ausgehend von seinen (möglicherweise jeden wissenschaftlichen Anspruch entbehrenden Definitionen) müsste Seghers dann die Gesetzmäßigkeiten der Werke, die sich unter seine jeweilige Definition subsumieren lassen, herausarbeiten und vergleichen.

    All dies hat er offenbar nicht getan. So bleibt seine These reines Geschwätz und lässt vermuten, dass es ihm um keine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema geht.

    Stattdessen biedert er sich mit seinem Beitrag nach dem Motto, der Feind deines Feindes ist dein Freund lediglich bei einigen Larsson-Leser an. Dass es ihm mit dem selben Satz gelingt, diese (und alle anderen Krimileser) gleichzeitig – über den unterstellten Gegensatz – als geistig minderbemittelt zu beleidigen, und so den scheinbaren Gegensatz von anbiedern und beleidigen in einem einzigen Satz miteinander in Einklang zu bringen, ist allerdings hohe (Formulier)Kunst und hat unser Lob und keineswegs unsere Geringschätzung verdient. Da spricht bzw. schreibt ein wahrlich avancierter Schriftsteller!

    Was deine Kritik angeht, kann ich deinen Gedankengängen im Wesentlichen folgen. So fühlte auch ich mich an Modesty Blaise erinnert, nur zeitgemäßer. Zudem fühlte ich mich aber auch an Dan Brown erinnert, weil die Absicht des Autors, seine Konstruktion, sein Vorgehen nach der (vermeitlichen) Rezeptur eines VHS-Kurses für den erfolgreichen Kriminalroman an vielen Stellen durchschimmerte. Doch während ich mich von Brown deshalb verarscht fühlte, schaffte es Larrson dennoch irgendwie, dass ich ihm nicht nur nicht böse war, sondern im Gegenteil mich in hohem Maße vergnügte. Und dies sogar ohne den faden Beigeschmack, der sich sonst im Nachhinein
    bei solchen Page-Tunern oft einstellt.

    So habe ich mir den dritten Band aufgespart für eine Situation, in der ich Ablenkung brauche und meine Umgebung für einige Stunden völlig vergessen will. Ein Krankenhausaufenthalt etwa scheint mir die ideale Situation für diese Art von Literatur zu sein.

    Gruß
    thomas

  3. Nun, lieber Bernd, ich sehe jetzt nicht die Konsequenz, die ein solcher Vergleich für mich haben sollte. Müsste ich, weil Larsson anderswo belobigt wird, auf meine Kritik verzichten, weil ich ja schon rein quantitativ Unrecht haben muss? Muss ich, weil Hard Case Crime in den USA anscheinend erfolgreich ist und auch einige Ich-hab-nicht-mehr-alle-Tassen-im-Schrank-Beller es mir nahelegen, wirklich auch Mickey Spillanes finale Lächerlichkeit loben? Hm. – Seghers, lieber Thomas, läge nicht falsch, wenn er seine These anders formulieren würde. Generell funktioniert Designermassenware anders, ob nun Krimi oder Rosamunde Pilcher oder sonst ein Hype. Was dieses Funktionieren anbetrifft, sind ein durchkalkulierter Krimi und eine Kitschschmonzette näher beieinander als z.B. Andreas Franz und Jerome Charyn. Wenn Herr Seghers unter „avanciert“ versteht, dass ein Text den Leser ein wenig fordert, versteht er unter „Krimi“ eben Texte, die ihre Leser überhaupt nicht fordern. Und davon versteht er was.

    bye
    dpr

  4. Geht jetzt wieder die Retro-Diskussion los?

    Ich verstehe dieses Aufeinander-Hacken der Kritiker nicht: „Mich kotzen diese Typen an, die schlechten Stil und den inflationären Gebrauch von Fremdwörtern mit Intellektualität verwechseln (MC)“ oder „In seiner Bildungslosigkeit weiß (der Kritiker) nicht, dass sich diese Umschlagbilder bewusst an die der Paperback-Originals der 50er Jahre anlehnen (MC)“ oder „Muss ich, weil Hard Case Crime in den USA anscheinend erfolgreich ist und auch einige Ich-hab-nicht-mehr-alle-Tassen-im-Schrank-Beller es mir nahelegen, wirklich auch Mickey Spillanes finale Lächerlichkeit loben? (dpr)“

    Ich als Krimiliebhaber bin über jede Krimireihe froh, die sich am Markt etablieren kann. Und Hard Case Crime hat meine besondere Sympathie, weil (wie schon früher einmal gesagt) hier vergessene Klassiker der Pulp-Literatur wieder veröffentlicht werden. Trotzdem – einzelne Titel sehe ich kritisch und die Kritik am Spillane-Titel halte ich z.B. für gerechtfertigt.
    Die Kritik an einzelnen Bänden sollte aber nicht grundsätzlich gegen die gesamte Reihe und ihr Konzept sprechen. „Ein zartes Pflänzchen wie eine deutsche Krimi-Reihe, die sich dazu noch auf die Hardboiled-Novel spezialisiert hat, (verdient) jede Unterstützung.“ Hier stimme ich Martin Compart vorbehaltlos zu und ebenso seiner Erklärung zur Rolle eines Herausgebers: „Wenn ich Herausgeber wäre, würde ich sicher ein paar andere Titel aus den bisher mehr als 50 in der „Heimatreihe“ auswählen (trotzdem: Die ersten drei Titel sind allererste Sahne!). Ist doch klar. Das ist der Job eines Herausgebers: nach seinem Geschmack zu entscheiden, was rein soll und was nicht. Blödsinn, jemandem so etwas vorzuwerfen.“ Es gibt schon zu viele eingestellte Reihen, als das man das Verschwinden weiterer herbeischreiben sollte!
    Ich unterstelle allen, gute Kriminalliteratur zu schätzen und ihr das Beste zu wünschen. Aber warum stürzt man sich immer wieder lustvoll in den Infight mit anderen Kritikerkollegen, anstatt die Bücher zu kritisieren, die es im positiven wie negativen Sinne verdient haben?

  5. Es geht hier wohl nicht um irgendeine Retrodiskussion, lieber Claus. Und zu Compart äußere ich mich nicht. Der Mann war selbst „Reihenherausgeber“ und es steht jedem frei sich zu informieren, wie er als solcher gearbeitet hat. Und es steht Herrn Compart frei, Leute zu beleidigen, ohne sie mit Namen zu benennen.
    Dass Infight manchmal notwendig ist, behaupte ich dennoch. Etwa, wenn es um Grundsätzliches geht. Meinen „Streit“ mit Axel habe ich benutzt, um ein paar Basics zu thematisieren, nicht um Axel als bösen Buben zu brandmarken. Er hat seine Meinung gesagt und auch begründet, ich habe nämliches getan. Das ist ein Streit um „die Sache“, und der muss manchmal sein. Ab und an – da nehme ich mich keineswegs aus – kann das auch persönlich werden. Sollte nicht, klar. Aber das ist vielleicht auch blogspezifisch. Etwas schaukelt sich hoch, man tippt einen Kommentar ein und schießt ein wenig übers Ziel hinaus. Passiert mir selbst des öfteren, sorry.

    bye
    dpr

  6. Ich glaube,

    du verstehst mich miss. Mit Deiner Larsson-Kritik bist Du ja bei uns nicht allein (genauso wenig wie bei den anderen genannten Autoren). Was mich viel mehr interessiert ist das kulturelle Phänomen … Bei Lippmann juckeln sie sich in den USA mental fast einen ab, bei uns tiefe Ignoranz usw

  7. Ach so, da hab ich dich tatsächlich missverstanden. Ob es sich um ein kulturelles Phänomen handelt, weiß ich nicht. Fände es angesichts der sonstigen globalen Uniformität aber recht reizvoll, wenn es so wäre. Eine Sache ist natürlich, dass man hierzulande etwas gereizter auf alles, was aus Schweden kommt und die typischen Zutaten hat, reagiert. Für andere mag das noch relativ neu sein, mich persönlich ödet es an, wenn beständig das alte Sjöwall / Wahlöö (die ich bekanntermaßen sehr verehre)-Muster variiert wird. Und das zumeist grottenschlecht.

    bye
    dpr

  8. Oh wir sind ja so intellektuell!

    Es ist schon wirklich abscheulich, wie hier ein Krimiautor posthum abartig zerlegt wird.
    Nichts gegen Kritiker, außer dass sie erst mal selbst was zustande bringen sollten, bevor sie sich als Master of the Literatur erheben und die Arbeit anderer niedermachen.

    Ansonsten kennen sie natürlich genau die Regeln, nach denen Literatur funktionieren muss(!)

    Wenn es Larsson trotz Regelmissachtung auf die Bestsellerliste schafft, liegt das wohl an den minder intelligenten Rezipienten und der (wohl daraus folgenden) Schlechtigkeit der Welt.

    Ich habe alle drei Bücher gelesen, konnte mich kaum davon losreissen, deswegen bin ich wahrscheinlich auch intellektuell unterbemittelt.

    Trotzdem, oder vielleicht ja deswegen habe ich mich selten so über Buchkritiken geärgert wie hier auf diesen Seiten, auch wenn ich den Kritiken teilweise zustimmen muss.
    Sie sind aber derartig geladen von Verachtung, daß ich sie gar nicht ernst nehmen kann!

    Was Regeln betrifft, sollte man sie schon genau kennen, bevor man sie dann bricht, so entstehen dann aber wirklich interessante Werke.

    Das Vorzeigen (oder Vorspiegeln) von Können allein ist ziemlich uninteressant!

  9. „Ich habe alle drei Bücher gelesen, konnte mich kaum davon losreissen, deswegen bin ich wahrscheinlich auch intellektuell unterbemittelt.“
    – Soll ich jetzt widersprechen? Trau mich nicht.

    bye
    dpr

  10. „Nichts gegen Kritiker, außer dass sie erst mal selbst was zustande bringen sollten, bevor sie sich als Master of the Literatur erheben und die Arbeit anderer niedermachen.“

    Da fällt mir immer der alte Spruch ein: „Ich muss kein Koch sein, um zu schmecken, dass die Suppe versalzen ist.“

    Ansonsten muss NT ja wohl auch Krimiautor sein, sonst könnte er, nach seiner Logik, ja auch nicht sagen, ob ihm die Bücher gefallen haben.

  11. Aber das ist doch ’ne Idee.

    Schreibt doch einfach selber ‚mal ein Buch.

    Ansonsten kennen sie natürlich genau die Regeln, nach denen Literatur funktionieren muss(!)

    Wenn das dieser obstinate Blogger aus Bayern liest !

  12. Schätze, da gibt’s noch ein paar Nuancen dazwischen, ein Werk (noch dazu der Trivialliteratur) mit hochtrabenden Theorien in der Luft zu zerreissen, als ob man die Weisheit mit Löffeln gefressen hätte, und etwas einfach gut zu finden.

    Ich veröffentliche keine Worte (außer diesen Blogs jetzt), ich überlasse das anderen, die das besser können.
    Und ich habe Achtung vor anderer Leute Arbeit.

    Krimis haben allerdings die Aufgabe zu unterhalten und das erfüllt die Trilogie von Larsson sehr wohl.

    Da ich aber anderes veröffentliche, kann ich sehr gut nachempfinden, wie es ist, von jemanden öffentlich zerrissen zu werden, der selbst nix auf die Reihe bringt.

    Überhaupt überzeugt Eure Argumentation kein bisschen, iG. ich finde, sie wirkt allmählich sogar ziemlich dümmlich.

    Im Übrigen kann ich besser kochen, als so mancher Koch, aber zum Essen lade ich nur Freunde ein!

  13. @anobella
    Bin auf diese Seite hier gestoßen, weil was bei google über Larsson gesucht habe, bin richtig enttäuscht, wie hier mit Menschen und deren Werken, bzw. Meinungen umgesprungen wird.

    Wenn Ihr Euch mit einer anderen Meinung nicht auseinandersetzen könnt, ist das Euer Problem, ehrt Euch aber nicht besonders.

  14. Nein, ihr Lieben, ihr dürft euch hier getrost einmischen. Ihr dürft mich sogar beschimpfen (jedenfalls bis Jahresende). Aber schaut mal: Dieses Argument mit dem Kritiker, der gefälligst selbst erst mal was schreiben soll… jo, das ist uralt und wird durch ständiges Wiederholen auch nicht richtiger. Dass jeder, der mich öffentlich verreißt, nix auf die Reihe bringt – da stimme ich euch voll zu! So denke ich auch!
    Und ich hab auch gar nicht den Herrn Larsson beschimpft, sondern seine Leserschaft. Und auch nicht, weil sie Larsson liest, sondern weil sie diesen Schmonzes für die Krone der Kriminalliteratur hält. Und das Argument „wie hier mit anderen Meinungen umgegangen wird“ ist angesichts eures Umgangs mit meiner Meinung eher ein Querschläger, der zum Schützen zurückkehrt.

    bye
    dpr

  15. Bestseller sind Bücher, die sich gut verkaufen.
    Wenn ein Buch auf der Liste ganz vorne steht, sagt das genauso wenig über die Qualität aus wie Einschaltquoten beim Fernsehen.
    IdR. mache ich einen großen Bogen um Sendungen, die dort vorne in der Liste sind.
    Larsson habe ich im Buchladen entdeckt, ohne vorher etwas von ihm gehört zu haben. Ich habe das Buch gekauft, auch weil ich skandinavische Krimis liebe.
    Ich lese hin und wieder auch wissenschaftliche Literatur, mit Lyrik kann ich hingegen nicht viel anfangen.
    An jedes Genre habe ich gewisse Erwartungen, bei Trivialliteratur stelle ich verhältnismässig geringe Ansprüche: Es sollte spannend geschrieben sein, die Charaktere sollten gut beschrieben sein, die Sprache gut lesbar, die Bilder vorstellbar. Darüber hinaus natürlich eine gewisse Dramaturgie.
    All das konnte ich in dem Buch finden.
    Manchmal braucht man eben ein Hilfsmittel, um sein Gehirn ausschalten zu können.
    Immerhin sind dann doch nicht so wenig Punkte zu erfüllen.

    Daneben kann ich mich zu einem gewissen Teil mit den handelnden Personen identifizieren, ich habe selbst in einer (sehr kleinen) Monatszeitschrift gearbeitet und habe Asperger Syndrom.
    Ich habe trotz meiner sozialen Naivität von Kind auf gelernt, meinen Mitmenschen mit Misstrauen zu begegnen, die Welt von ihrer schlechten Seite zu betrachten. Bestimmte in dem Buch beschriebene Szenen habe ich wiedererkannt. Das war wirklich schockierend.

    Ich kann nachvollziehen, wenn du Dich über die Ikea-Werbung in „Verdammnis“ aufregst, auch über Luxus-Espresso-Automaten (handmade ist immer noch am besten)(übrigens benutzt sie verständlicherweise dieses Gerät in allen Bänden nicht einmal), wer etwas auf sich hält, kauft natürlich einen Mac (im Fernsehen & Kino ham’se auch immer Macs) trifft auch nicht unbedingt meinen Geschmack, nicht weil PCs die besseren Computer wären, sondern weil ich Werbung/Productplacement generell nicht mag genauso wenig wie Gutmenschen.
    Man darf allerdings nicht vergessen, daß Larsson als Journalist wohl in der Medien-Szene unterwegs war, in der Mac, Latte Macchiaoto und Ikea einen gewissen Lebensstil repräsentieren, also sehr wohl in gewissen Milieus eine Rolle spielen.
    allerdings meine ich, dass in Larssons Krimis einige der Protagonisten sehr wohl als zwiespältige Personen beschrieben werden, was mir persönlich sehr gut gefallen hat.
    Wenn er dagegen schreibt

    …Bublanski ging, je nach Zeit und Wetter, gern spazieren. Damit verschaffte er sich die nötige Bewegung…

    lese ich daraus auch, dass es möglicherweise seine einzige Art ist, sich Bewegung zu verschaffen. Das kann man vielleicht mit mehr Worten deutlicher machen, finde ich persönlich aber unnötig.

    Dann muß ich noch mein Motto bekannt geben:
    1. Regeln sind zum Brechen da.
    2. Wichtig ist nicht Form sondern Inhalt.
    Ich weiß nicht welche Regeln Lars verletzt hat, vielleicht fehlt mir dazu die literarische Bildung.
    Redundanz ist sicher nicht, was grundlegend auffällt, jedenfalls nicht bei Otto-Normal-Lesern, zu denen ich mich zähle.
    Ich bin deswegen gewiss kein schlechter Mensch, ich habe durchaus nichts gegen wenig intelligente Menschen, zumal die sich nicht dauernd als intellektuelle Sahnehäubchen präsentieren (unerträglich), wogegen ich gegen Dummheit sehr wohl etwas habe. Oft sind aber die Sahnehäubchen grade die dümmsten.

    Naja, die Welt ist schlecht, da hast Du schon recht, aber die Schlechtigkeit liegt nicht an den Leuten, die es missbrauchen, nein das System ist schuld, weil es nicht nur zulässt, dass die Leute es missbrauchen, sondern sie auch noch dazu erzieht!

    Daneben finde ich noch andere Punkte in Deiner Kritik berechtigt, allgemein schreckt mich aber der aggressive Ton und die Attacken auf die Leserschaft ab.
    Einige Aussagen empfinde ich als völlig deplaziert und beleidigend.

    Ich kenne einige überdurchschnittlich intelligente Wesen, die auf diese Bücher abfahren. ich hoffe für Dich, das Du denen nie begegnest.

    Und wäre ich Autorin eines Buches und würde eine solche Rezension über eines meiner Werke lesen, käme ich womöglich auf die Idee, mir „Ich bin abgrundtief BÖSE“ auf die Stirn zu tätowieren, die Identität des Autors zu hacken und denjenigen unschädlich zu machen.

    Alles in Allem habe ich eigentlich nichts einzuwenden gegen mehr oder weniger wohl gemeinte Kritik, ich bin nach wie vor für Meinungs-Freiheit.
    Ich selbst empfinde solche erstmal als schmerzhaft, dann aber auch meist lehrreich und inspirierend, aber wenn sie in einem solchen respektlosen, menschenverachtenden Ton gehalten wird kann ich nur sagen:

    Vorsicht. Diese Kritik beleidigt Ihre Intelligenz!

    Was meine Blogs angeht: meist halte ich mich aus solchen Diskussionen raus, hab‘ nämlich besseres zu tun.
    aber wenn mich was aufregt bin ich nicht zu halten.

    Die Antworten darauf finde ich überaus enttäuschend, wenig sachbezogen und fallen auf deren Verfasser zurück.

    Ich bin heute das erste Mal hier, das Bild, das ich von drei der Verfasser dieser Antworten habe, ist kein Gutes:

    Mir wird das Wort im Munde verdreht, ich werde falsch zitiert, als Troll beschimpft (musste erst mal eruieren, was das überhaupt bedeutet).

    Wenn nun Rückschlüsse auf die Verfasser ziehe, kann ich den Wortlaut einzelner Äusserungen noch weniger ernst nehmen, als ich es eh schon tue.

  16. Danke für deinen ausführlichen Kommentar. Eine Frage: Hättest du ihn auch geschrieben, wenn ich Larsson lauwarm abgewatscht hätte? Wohl kaum. Das ist einer der Hauptgründe, warum man manchmal etwas provozieren und eine ganz kleine „Regelverletzung“ begehen muss. Die Dinge weiterbringen. Jeder hat das Recht, das zu lesen, was er / sie möchte, ob es nun das Gehirn aus- oder abschalten soll, bleibt auch jedem überlassen. Im Grunde betrügt dich Larsson um vieles, um Facetten eines Genres, das sich über die Jahre entwickelt hat, aber auch um untergegangene Traditionen dieses Genres. Er hat dir ein sicherlich verlockendes Gebilde gebastelt, aber es ist in seiner Grobschlächtigkeit nahezu in jeder Hinsicht ein qualitativer Rückschritt. Als Kritiker hat man ja manchmal Illusionen, und meine dürfte die sein, den einen oder die andere dazu zu bewegen, sich mit den wirklich aufregenden Werken des Genres zu beschäftigen. Dabei wird das Gehirn automatisch eingeschaltet. Sich daneben auch mal „nur“ gut unterhalten zu wollen, wird ja dadurch nicht diskreditiert. Was mir bei solchen Diskussionen immer wieder auffällt, ist der spontane Rückgriff auf „moralische Instanzen“. Ein Kritiker entwertet die Arbeit eines Autors – ein Kritiker ist ein schlechter Mensch, der nur Böses im Sinn hat, der selbst zu keiner schöpferischen Leistung fähig ist. Du behauptest, man habe dir das Wort im Mund verdreht. Ich sehe nur, dass dir hier einige Leute widersprochen haben. Mehr ist nicht passiert. Du verlangst von mir, selbst erst einmal etwas Schöpferisches zu leisten, bevor ich die Schöpfungen anderer beurteile. Nun, das habe ich getan. Ob es sich nun um „gute Schöpfungen“ handelt, weiß ich nicht. Das beurteilen andere. — Versteh mich nicht falsch: Du hast deine Ansichten, die will ich dir auch nicht nehmen. Wir sind durch meine „abartige Zerlegung“ Larssons in einen Dialog eingetreten, aus dem wir beide hoffentlich etwas lernen. Was ich NICHT mag, sind moralische Wertungen. Larsson-Leser sind weder blöd noch gefühllos, sie sind Opfer einer allumfassenden Strategie, sie mit starkgebärdigen Gefühlen und Gesten abzuspeisen. Das mag durchaus erwünscht sein, aber gelegentlich sollte man mit ähnlich groben Mitteln dazwischenhauen. Vielleicht bringt es den einen, die andere wirklich dazu, den Blick auf etwas zu werfen, das abseits dieser ganzen Hypes steht. Ich weiß es nicht. Ich hoffe es.

    bye
    dpr

  17. @dpr Danke für Deine ernst gemeinte Antwort, aber:

    á propos Wort im Mund verdrehen:
    …Du verlangst von mir, selbst erst einmal etwas Schöpferisches zu leisten, bevor ich die Schöpfungen anderer beurteile…

    Das habe ich so nicht gemeint. Wie ich bereits erläutert habe, verurteile ich Kritik als solche nicht von vorne herein.

    Ich verlange von Dir, selbst erst einmal etwas Schöpferisches zu leisten, bevor Du die Schöpfungen anderer VERurteilst.

    Wenn Du ein Buch verreist solltest Du vielleicht doch mehr Respekt vor diesem schöpferischen Aufwand haben.

    Das „öffentlich Verreissen“ bezog ich auch nicht auf das Verreissen Deiner Texte sondern derer von Larsson.

    Als künstlerisch schaffender Mensch (ich könnte bald kotzen bei diesem Spruch) wäre ich jedenfalls persönlich äusserst pikiert, wenn sich jemand auf diese Weise über meine Werke äussern würde.

    Ein Kommentar wie der von anobella
    …don´t feed the trolls…
    habe ich nun gar nicht nachvollziehen können.
    Ich habe – wie gesagt – erst mal die Bedeutung dieser Zeile herausfinden müssen.

    In der Deutung zB. bei Wikipedia steht ua.:

    „Ziel eines Trolls ist es, Diskussionen um ihrer selbst willen auszulösen, ohne wirklich am Thema interessiert zu sein, beispielsweise wütende Antworten, auch bekannt unter der englischen Bezeichnung Flames, zu provozieren, Menschen mit anderer Meinung zu diskreditieren oder eine Diskussion zu sabotieren, indem eine unangenehme Atmosphäre geschaffen wird.“

    Nun ja, ich kann nicht von mir sagen, dass ich nicht am Thema interessiert wäre, ich würde mir wohl kaum die Mühe machen, Euch so zuzutexten, wenn das so wäre. Zum anderen habe ich ja gerade deswegen – da hast du völlig recht – reagiert, weil ich die Atmosphäre als sehr unangenehm empfinde.

    Und Diskussionen um meiner selbst willen gehen mir am A… vorbei!

    Was Deine Antwort auf meine Äußerung

    „“Ich habe alle drei Bücher gelesen, konnte mich kaum davon losreissen, deswegen bin ich wahrscheinlich auch intellektuell unterbemittelt.“
    – Soll ich jetzt widersprechen? Trau mich nicht.“

    angeht, finde ich die auch nicht unbedingt sachdienlich.

    Was meine Lesegewohnheiten angeht ist es für mich extrem schwierig, mich auf Buchstabenreihen zu konzentrieren. Das ist oft (nicht immer) nur möglich, wenn ich mein Hirn ausschalte.

    Früher habe ich deswegen einfach nicht gelesen und mir auch eingeredet, dass ich nicht gerne lese, was eigentlich gar nicht stimmt – im Gegenteil.

    Ich werde mir vielleicht mal das eine oder andere Buch aus Deiner Bestenliste vornehmen.
    Ich kaufe auch oft Bücher, von denen ich gute Kritiken gelesen habe.

    Noch mal zu Larsson:

    Möglicherweise ist zB. genau diese Grobschlächtigkeit beabsichtigt, eine andere Art wäre möglicherweise völlig unpassend.
    Was die Regelverletzungen angeht, sehe ich keinerlei Begründung in Deiner Kritik und kann auch schwer nachvollziehen, wenn Du behauptest, der Autor hätte sich keine Gedanken über die Dramaturgie gemacht. Ich wäre Dir dankbar, wenn Du dies näher erläutern würdest.

    ’n Gruß

  18. Ganz kurz zu deiner Kritik an der Aufnahme, die du hier gefunden hast. Du bist ziemlich grob aufgetreten, was dein gutes Recht ist und vielleicht sogar die adäquate Reaktion auf meine Grobheit. Aber dann darfst du dich nicht wundern, wenn andere auch etwas grob reagieren.
    Ich verstehe nicht ganz, wieso ein Kritiker zwar URteilen, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen VERurteilen darf. Kritisieren bedeutet, einen Gegenstand von allen Seiten zu betrachten und sich dann ein Urteil zu bilden. Das kann negativ sein. In letzter Konsequenz würde dein Einwand bedeuten, dass nur Kritiker, die selbst vergleichbare „schöpferische Leistungen“ (hier also wohl Kriminalromane) vorweisen können, solche negativen Urteile aussprechen können. Nein, das ist nicht einzusehen. Ulkiger Weise würde es mich persönlich aber dazu legetimieren, Kriminalromane zu VERurteilen…
    Larssons Dramaturgie: Ich habe den ersten Band der Trilogie sehr wohlwollend besprochen, weil bis zum Auftauchen der Frau Salander das Ganze dramaturgisch durchdacht ablief. Dann aber war Sense. Alles was dann kam, war Schaulaufen für Frau Salander, die Dramaturgie auf den Effekt, nicht mehr auf die Geschichte ausgerichtet. Am deutlichsten zeigt sich das in der Behauptung, Frau Salander sei Autistin / Savante. Das stimmt einfach nicht. Larsson hat alles „Sensationelle“, was mit dem Thema Savants verknüpft ist (also die teilweise extremen Begabungen) in ein Sammelsurium gepackt. Mit dem eigentlichen Phänomen beschäftigt er sich, wenn überhaupt, nur am Rande, so wie er sich mit der von ihm behaupteten Wirklichkeit (Faschismus, Sexismus etc.) überhaupt nur am Rande beschäftigt. Dabei wäre genau hier eine Gelegenheit gewesen, die Dramaturgie zu bereichern. So aber wird aus der Persönlichkeit der Lisbeth Salander etwas, das nur dazu da ist, das Sensationsbedürfnis der Leserschaft zu befriedigen.

    bye
    dpr

  19. P.S.: Ich gestehe dir in deiner speziellen Situation natürlich zu, Kriminalromane zwecks „Abschaltung des Gehirns“ zu lesen. Ich gestehe es eigentlich jedem zu. Nur dann sollte man auch dazu stehen – was du ja tust, andere aber keineswegs.

    bye
    dpr

  20. Liebe eNTe –
    ich bin Schriftstellerin und beschäftige mich zur Zeit aus beruflichen Gründen mit „Savants“(von denen ja etliche auch das Asperger-Syndrom haben). Deshalb macht mich Ihre Beschreibung: „Was meine Lesegewohnheiten angeht ist es für mich extrem schwierig, mich auf Buchstabenreihen zu konzentrieren. Das ist oft (nicht immer) nur möglich, wenn ich mein Hirn ausschalte“, sehr neugierig. Für mich „Normala“ ist Lesen (also auch Sinnerfassen) mit abgeschaltetem Hirn unvorstellbar, ich muss selbst, um mein Hirn im übertragenen Sinn „abzuschalten“, mein Hirn benutzen. Wenn auch vielleicht etwas flacher oder nur in Teilen. Aber gerade wenn ich mal aus eskapistischen Bedürfnissen heraus lesen möchte: Wenn ich also Denkspiralen aus der Arbeit zur Ruhe bringen, mal kurz „aussteigen“, woandershin flüchten möchte – escape eben -, muss mein Hirn (teilzeit-)arbeiten.
    Deshalb wüsste ich sehr gern, wie Sie das meinen und wie das bei Ihnen ist.
    Antworten Sie mir gern privat, wenn Ihnen das Thema für öffentliches Sprechen zu heikel ist: pieke.biermann@gmail.com.
    Herzliche Grüße – P.

  21. Hallo dpr,

    ich habe generell was gegen das Veruteilen, das steht eigentlich NIEMANDem zu. Punkt.

    Selbst einigen Richtern würde ich persönlich das Recht absprechen, wenn man ließe.

    Jeder Mensch hat natürlich das Recht seine Meinung zu sagen, auch öffentlich, solange das nicht die Rechte anderer verletzt (zB. das Recht der persönlichen Ehre).

    Ich finde Deine Kritik teilweise sehr beleidigend, zum einem dem Autor gegenüber (nun dem wird’s nix mehr ausmachen), zum anderen den Lesern gegenüber.
    Im Großen und Ganzen ist es wohl am meisten die Respektlosigkeit, mit der Du anderer Leute Werke abtust, die mich stört.

    Natürlich ist das alles auch Geschmackssache, mancher möchte sich intellektuell anregen lassen, andere wollen sich nach einem anstrengendem Tag ablenken.

    Ich bin kein Savant, drum kann ich letztendlich Deine Aussage zu Larssons Behauptung, Frau Salander sei Autistin/Savante, das stimme einfach nicht, nicht völlig entkräften.
    Letztendlich nur sagen, dass ich selber stark vermute, dass Larsson bestimmt ein Vorbild für diese Figur hatte, denn manche dieser Charakteristika erkenne ich wieder, habe davon aber in keiner Schrift jemals etwas gelesen. Ich beschäfige mich sehr wohl mit dem Thema, weil es mich selbst betrifft und einige meiner Verwandten.
    Im Allgemeinen hat man von „Autisten“ ein fest gefügtes Bild, übersieht aber dabei,dass KEIN Mensch dem anderen gleicht.

    Im übrigen gestehe ich gerade in einem Krimi den Autoren ein gewisses Maß an künstlerischer Freiheit zu.

    Wenn ich Hintergründe zu Autismus, Faschismus, Sexismus, Frauenfeindlichkeit etc. wissen will, greife ich eigentlich auch auf eine andere Art von Literatur zu, hauptsächlich auf wissenschaftliche und selbst die ist nicht immer glaubwürdig.

    Was mich an den in Krimis dargestellten Personen ua. interessiert ist zB. die Beschreibung der Persönlichkeiten, die meist von lebenden Personen inspiriert ist.
    Zugegebenermaßen ist die Figur von Mikael tatsächlich holzschnittartig.
    An Lisbeth erkenne ich ein paar Züge wieder, die auch von mir kenne.
    Auch einige der Probleme, die sie hat und hatte, kommen mir wie ein Déjà-vu vor.
    Viele Asperger-Autisten haben neben ihren Defiziten auch besondere Begabungen, auch das ist nichts neues. Einige sind teilweise überdurchschnittlich intelligent (es gibt verschiedene Arten von Intelligenzen, sie schneiden nicht in allen gut ab).

    Ich freue mich darüber, dass die Heldin „anders“ ist, auch wenn einiges, was sie betrifft, unglaubwürdig wirkt.
    Wie ich mich auch gefreut habe, dass auf einmal so viele Frauen als Kommissarinnen und dergleichen auf der Bühne erschienen sind.
    Irgendwann nervt’s allerdings, diese ständigen Modeerscheinungen, wie es jetzt das Asperger Syndrom darstellt.
    Trotzdem gut, wenn die Problematik auch mal beleuchtet wird.
    Schade nur, dass es anscheinend nötig ist, die Leute am Sensationsbedürfnis zu packen, weil es ihnen an Toleranz mangelt.

    Ohne die Sensationsbedürfnis der Leserschaft gäbe es – fürchte ich – auch gar keine Krimis.

    Ich lese auch nicht jeden Mist, habe ich schon schlechteres gesehen.

    Dass du aber mir und anderen zugestehst, Kriminalromane zwecks „Abschaltung des Gehirns“ zu lesen, klingt in meinen Ohren jetzt nicht mehr besonders glaubwürdig.

    Gruß

  22. „Für mich „Normala“ ist Lesen (also auch Sinnerfassen) mit abgeschaltetem Hirn unvorstellbar“. Leider ist das wohl der Ausnahmefall. Die meisten Bücher werden wohl eher mit abgeschaltetem Hirn gelesen (und viele auch geschrieben, was das betrifft).

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