2. Die im Dunkeln
Den alten Bertolt zu paraphrasieren, ergäbe auch dieses Jahr wieder Sinn. Die im Lichte sieht man eben, die im Dunkeln leider nicht. Eher solider Durchschnitt vom durchaus geschätzten John le Carré entert die Bestenlisten, „Am Rand der Welt“ des nicht weniger zu rühmenden Klassikers Ross Thomas verbleibt auch am Rande des öffentlichen Interesses.
Oder nehmen wir Henning Mankell. Welche Zeitung stürzte sich nicht auf „Der Chinese“? Dass Schwedenkrimi auch etwas anderes, Überraschendes, höchst Unkonventionelles und dennoch Unterhaltendes sein kann, hat in diesem Jahr Mikael Niemi mit „Der Mann, der starb wie ein Lachs“ bewiesen. Rezeption? Mager wie ein ausgezehrter Lachs.
Linus Reichlins „Die Sehnsucht der Atome“, von ähnlichem Kaliber wie Niemis Buch, fand wenigstens bei den Krimikritikern die verdiente Resonanz. Über die Kassen der Buchhandlungen schob man aber Sebastian Fitzeks „Der Seelenbrecher“. Clever verkaufte Schnellnahrung, zielgruppengerecht zugeschnitten, Fischstäbchen. Die schmecken ja manchmal auch.
Dass Leonardo Paduras „Der Nebel von gestern“ im Rampenlicht stehen würde – geschenkt. Amir Valles kubanische Sicht in „Freistatt der Schatten“ jedoch völlig in denselben zu belassen – ein unentschuldbares Versäumnis.
Gut, mancher, von dem man es nicht vermutet hätte, konnte sich aus dem medialen Dunkel lösen. „Fettsack“ von Rex Miller beispielsweise, der Bestenliste sei Dank. Auch Tana Frenchs „Grabesgrün“ wurde, obwohl doch nicht alle Fälle genrevertragsmäßig aufgelöst wurden, gelobt und gekauft. Was hoffentlich auch auf Thor Kunkels „Kuhls Kosmos“ und Hannelore Cayres „Das Meisterstück“ zutreffen wird.
Dass indes ein ärgerlicher und peinlicher Schmarren wie Mickey Spillanes „Das Ende der Straße“ überhaupt gedruckt wurde und das auch noch in einer Reihe, die angeblich die guten alten Zeiten des Pulp, des Hardboiled, ja, wie ich zu meiner nicht gelinden Überraschung vernehmen musste, gar des Noir wiederbeleben will – unglaublich. Derweil Hans Leberts „Wolfshaut“, erstmals 1960 veröffentlicht und Musterbeispiel für die Wirkmächtigkeit von Sprache im Kriminalroman, mit Mann und Maus unterging. Noch unglaublicher.
Rufen wir deshalb für morgen den Tag des stillen Gedenkens an die zu Unrecht im Dunkeln verbliebenen Werke des Jahres aus. Lassen wir die Arbeit ruhen – auch in diesem Blog.
Fischstäbchen schmecken nicht. Haben sie noch nie und werden sie auch nie.