Hinternets Resterampe 2009, Teil 3

Was vom Jahre übrig geblieben ist… Wir stellen in dieser Reihe einige Veröffentlichungen vor, die anfangs auf der Strecke blieben und dennoch nicht unrezensiert in unser Archiv abwandern sollten.

Chemikal Underground Records (Vertrieb: Rough Trade), ein in Glasgow beheimatetes und seinerzeit von Mitgliedern der Indie-Band Delgados gegründetes Label, hat zwei aktuelle Scheiben anzubieten: „The Cage Was Unlocked All Along“ von Zoey Von Goey und „Season Of The Sparks“ von Adrian Crowley.

Erst einmal zu Zoey Von Goey, einem Trio, das 2006 an der Glasgow University zusammen fand. Es rekrutiert sich aus der englischen Sängerin/Geigerin/Keyboarderin Kim Moore, dem Kanadier Matt Brennan und dem Iren Michael John McCarthy (der eine Gitarrist, der andere Schlagzeuger — oder umgekehrt). Dass ihre erste Single, „Foxtrot Vandals“ (übrigens das flotteste Stück auf ihrem Debüt), Stuart Murdoch von Belle & Sebastian produzierte, war kein Zufall. Mit der Musik von B&S haben ZVG einiges gemein. Ihr Indiefolk/pop ist ähnlich entzückend — vor allem dank der süßlichen Stimme Moores.

Adrian Crowley veröffentlicht indes sein bereits fünftes Album. „Season Of The Sparks“ ist allerdings sein erstes für das Chemikal Underground. Es ist eines dieser typischen, stimmungsvollen Singer-Songwriter-Alben geworden. Crowleys intensive Stimme gepaart mit Cello, Violine und Piano sowie gleich zwei Texten, die von Bienen handeln (das elegische „The Beekeeper’s Wife“ und das verträumte „Squeeze Bees“) machen dieses Album zu einem Hörgenuss. Ganz zu schweigen von dem ergreifenden Song, in dem es zur Abwechslung nicht um Bienen, sondern um Pferde geht: „Horses Like To Dream All Night“.

Auf leise folgt laut — so könnte man die Musik von Andy Stack und Jenn Wasner aus Baltimore beschreiben. Das Duo, das sich Wye Oak nennt und 2009 in Deutschland im Vorprogramm von The Dodos gespielt hatte, hat allerdings nichts gemein mit dem viel extremerem Laut-leise-Spiel von Mogwai. Auch nicht so sehr mit Shoegazing, was ihm allerdings immer wieder angedichtet wird. Stattdessen wollen Wye Oak manchmal einfach nur der Melancholie bzw. Verträumtheit in ihren Indierock/folk-Liedern einen Konterpart entgegensetzen — so etwa in dem brillanten „For Prayer“ oder in „Take It In“.

Auf ganz anderen Pfaden wandeln derzeit die Blues-Fuzz-Rocker The Black Keys. Dan Auerbach und Patrick Carney sind ins HipHop-Fach gewechselt und haben sich unter dem Projektnamen Blakroc mit diversen Größen der Black Music zusammen getan. Das Geniale ist: Ein besseres HipHop-Album hat es in diesem Jahr fast nicht gegeben. Wenn Mos Def, Pharoahe Monch im Duett mit RZA, R&B-Sängerin Nicole Wray, Raekwon und Q-Tip (Ex-A Tribe Called Quest) zu den handgemachten HipHop-Sounds („No samples were used on the record, it’s all live instruments and live vocals“, erklärte Auerbach hierzu.) rappen und singen, das kommt einer Offenbarung gleich. Blakroc zeigen den Weg aus der HipHop-Krise: mit Handarbeit und Köpfchen, statt dicker Hose und dicken Lippen. Eines der Highlights ist der Opener „Coochie“, in dem Ludacris an der Seite des 2004 verstorbenen Wu-Tang Clan-Mitglieds Ol‘ Dirty Bastard zu hören ist. Und wieder fällt auf: ODB war absolut großartig. R.I.P.

(kfb)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert