Surrey, Sommer, Serienmord. Kennst du einen, kennst du alle, und spielt der Roman gar noch 1932, zu besten Landhauskrimizeiten, dann wird er dich gewiss nicht überraschen. Rennie Airth, „Orte der Finsternis“: das sind zuviele Klischees auf einmal – und überrascht doch ein wenig.
Denn ein Whodunnit ist das nicht, eher ein Polizeikrimi, der die Jagd von Scotland Yard nach einem Mädchenmörder schildert, aus verschiedenen Erzählperspektiven, unter anderem der des Expolizisten John Madden, der eigentlich ein friedliches Leben als Farmer führt, auf zufällige und tragische Weise jedoch in den Fall verwickelt wird.
Puzzlespiele, Spurensuche. Sehr methodisch und unaufgeregt wie Airth’ Erzählweise, der Fall weitet sich aus, wird international, ein deutscher Polizist kommt ins Spiel, 1932 eben, und schon ist die Politik mit an Bord. Aber wohldosiert. Die bevorstehende Katastrophe wird ebenso angedeutet wie die überwundene des 1. Weltkriegs, sehr präsent auch die rüde Gegenwart der Weltwirtschaftskrise, die Menschen heimat- und wurzellos gemacht hat.
Vor diesem historischen, niemals zu plakativen Hintergrund entwickelt Airth eine spannende Story, teils dramatischer Reißer, teils reflektierende Psychologie. Die handelnden Personen haben kaum Ecken und Kanten, was das eigentliche Thema des Buches – die Persönlichkeit des Täters – im Mittelpunkt belässt. Das gerät manchmal etwas zu geradlinig, auch bisweilen zu länglich in seinem Ablauf, entschädigt aber durch die Stringenz der Story selbst. Ein Krimi für Liebhaber des bewährten, leicht variierten und gekonnt praktizierten englischen Stils.
Rennie Airth: Orte der Finsternis.
Goldmann 2006. 445 Seiten. 8,90 €