Eigentlich verwunderlich, dass es um das Genre des Spionagekrimis in den letzten Jahren relativ ruhig geworden ist. Es ist ja nicht so, dass unsere Zeit nicht genügend Anregungen für interessante Geschichten böte. Dan Fesperman ist ein Autor, der sich von der Realität inspirieren lässt. Sein aktuelles Buch „The Prisoner of Guantanamo“ spielt, wie der Titel schon sagt, in der hermetisch abgeriegelten „amerikanischen“ Enklave auf der kubanischen Insel. Das Camp ist fest in der Hand seiner militärischen Leitung: Wer hier verhört wird, hat keine Rechte.
FBI, CIA, Militär, und dergleichen mehr: Die unterschiedlichsten Dienste haben ihre Agenten in Guantanamo. Alle arbeiten sie genauso miteinander wie gegeneinander und versuchen den aus aller Herren Länder stammenden Gefangenen ihre zumeist mageren „Geheimnisse“ abzupressen. Gefangene, die unter Terrorismusverdacht stehen und häufig vermutlich nicht einmal wissen, was das ist: Armselige und verlorene Gestalten sind es.
Aber die, die dort Dienst tun, sind nicht viel besser dran. Hitze, Einsamkeit, Langeweile: So ein Ort gebiert Paranoia und wenn es nur die gegen alle Menschen ist, die des Arabischen mächtig sind.
Revere Falk ist „Special Agent” des FBI und aufgrund seiner guten Sprachkenntnisse in Guantanamo. Als die Leiche eines amerikanischen Soldaten auf kubanischer Seite am Strand gefunden wird, erhält er vom kommandierenden General des Camps die Aufforderung, die Ermittlungen zu übernehmen. Er findet Ungereimtheiten, Widersprüchliches und ist den Fall schnell wieder los. Im Hintergrund sorgten andere dafür, dass der General den Fall den eigenen Leuten übergibt.
Aber für Falk ist der Fall nicht ausgestanden. Etwas braut sich zusammen. Ein jemenitischer Gefangener, dessen Vertrauen er in wochenlangen Verhören zu gewinnen hoffte, verschwindet in den Höchstsicherheitsbereich, seine Geliebte gerät unter Hausarrest und das Gerücht über einen Agenten, der früher mit den Kubanern zusammenarbeitete, taucht im Lager auf. Und als ein Übersetzer verhaftet wird, geraten alle, die mit jemenitischen Gefangenen arbeiteten, unter Generalverdacht.
Falk selber ist eigentlich ein „herzensguter“ Mensch, ihm sind die härteren Verhörmethoden suspekt und er findet schnell das Vertrauen von andern Menschen. Man fragt sich direkt, wie er nach Guantanamo geraten konnte. Aber er hat auch seine dunklen Seiten, seine Geheimnisse und versucht sich von seiner Vergangenheit loszusagen.
„The prisoner of Guantanamo“ ist ein recht komplexes Buch, in dem die Geschichte Falks, der Albtraum Guantanamo und der tägliche Kampf der unterschiedlichen Geheimdienste um die Gunst der Herrschenden zusammenkommen. Das alles ist unaufdringlich kombiniert, spannend vorgetragen und atmosphärisch glaubwürdig dargestellt. Es ist ohne Zweifel ein politisches Buch, verrät darüber aber nicht seine Wurzeln im Krimimilieu.
Dan Fesperman: The Prisoner of Guantanamo.
Hodder and Stoughton 2007. 512 Seiten, 8,70 €
(noch keine deutsche Übersetzung)