Guided By (female) Voices

Ein Telefoninterview mit Hindernissen

Vielbeschäftigter Hinternet-Mitarbeiter

Hinter-Net! Mitarbeiter sind vielbeschäftigte Menschen und die Redaktion mangels spendabler Sponsoren (haaallloo! hört uns jemand da draußen?!) arm wie eine Kirchenmaus. Das heißt u.a. grüner Tee (Iiigitt! die Red.) und Salzstangen statt Champagner und Kaviar bei den Redaktionssitzungen. Und natürlich keine Flugtickets zu Interviewterminen in München, Hamburg oder London. Wenn der zu interviewende Berg nicht zu uns kommt, bleibt als letzte Möglichkeit meist nur noch ein Telefoninterview

So geschehen auch letztens als Guided By Voices in Deutschland weilten, um ihr aktuelles Album „Mag Earwhig“ zu promoten. Und so traf es sich, daß unser amerikanischer Starreporter Mike Lehecka in Saarbrücken mit dem amerikanischen GBV-Mitglied John Petkovic in Hamburg telefonierte:

Wie wahrscheinlich auch der letzte Fan inzwischen weiß, haben Guided By Voices, die Pop-Sonderlinge und Medienlieblinge ein völlig neues Lineup. Immer noch dabei ist der Chef Bob Pollard. Gegangen sind Tobin Sprout, Mitch Mitchell und Bobs Bruder Jim, obwohl sie noch auf fünf der 21 Stücke auf „Mag Earwhig“, dem aktuellen Guided By Voices Album zu hören sind. Ebenfalls nicht mehr dabei ist Kevin Fennell. Sie wurden ersetzt durch vier Mitglieder der Cleveland-Band Cobra Verde: Gitarrist John Petkovic, Gitarrist Doug Gillard, Schlagzeuger Dave Swanson and Bassist Don Depew. Der Waschzettel der Plattenfirma verkündet gute und schlechte Nachrichten. Die gute Nachricht über die neue Besetzung ist, daß das Durchschnittsalter von 39 auf 33 Jahre gesunken ist. Die schlechte Nachricht: Das Durchschnittsalter ist von 39 auf 33 Jahre gesunken.

Dennoch ist „Earwhig“ eine der besten der unzähligen Guided By Voices-Veröffentlichungen. Gewohnt kompromisslos – mal abgesehen von der besseren Aufnahmequalität. Mein Interview mit John Petkovic fand direkt nach Veröffentlichung von „Mag Earwhig“ statt.

John ist neu dabei und damit nicht verantwortlich für die Vergangenheit der Band, für die vielen Veränderungen, die Experimente und die zahlreichen, manchmal nur schwer aufzutreibenden Veröffentlichungen . Trotzdem zeigt sich vom Beginn des Interviews an, daß auch er ein Mann mit ungewöhnlichen Musiktheorien und einem interessanten Kommunikationsstil ist. Dabei frage ich ihn nur, wie das neue Lineup von Guided By Voices zustande kam. Eine unschuldige kleine Frage, dachte ich, mit der man sich ein, zwei Minuten aufhält. Bevor wir über das neue Album reden. Hätte ich geahnt, daß mit der Beantwortung der Frage auch unsere 30 Interviewminuten zu Ende sein würden, hätte ich mit etwas Einfacherem begonnen. Etwas in der Art von: „Wie ist denn das Wetter da oben in Hamburg?“. Wie auch immer, hier kommt sie, die Geschichte der neuen Guided By Voices:

„Wir hatten… Ich war…. Wir waren in… Nun, wir (Cobra Verde) machten eine Tour zusammen mit Guided By Voices. Wir waren bei Scat Records unter Vertrag und Guided By Voices waren bei Scat Records. Und 1994 gab es dann eine Scat Records Tour, „Insects of Rock Tour“ genannt. Quer durch die USA. Es war das erste Mal, daß wir Bob trafen, aber es stellte sich heraus, daß er ein Fan von Death of Samantha war, der Band, in der drei von uns vor Cobra Verde gespielt hatten und mit der wir drei Alben und eine EP in den späten 80ern auf Homestead veröffentlicht hatten.“

An dieser Stelle ging in meinem Kopf eine kleine Glühbirne an und ich erinnerte mich, wo ich den Namen John Petkovic schon einmal gelesen hatte. In Robert Christgaus „1980’s Record Guide“ gibt es eine lustige Besprechung eines Homestead Samplers mit Death of Samantha. Christgau schrieb, alle Bands klängen gleich und stellte sich vor, wie Mrs. Petkovic versuchte herauszufinden, auf welchen Songs denn wohl ihr Sohn mitspielte. Ich las John die Stelle vor und wir beide lachten herzhaft. Aber zurück zur Guided By Voices-Story:

„Bob Pollard war ein Fan von Death of Samantha und wir waren Fans von Guided By Voices, und seit 1994 haben wir uns immer wieder gesprochen und wurden richtig gute Freunde, denn wir interessieren uns für das gleiche Zeug, wie Can und eine ganze Menge von diesem Krautrockzeug. Wir waren auch sehr erfreut, nach Deutschland zu kommen, mit den Leuten zu reden und etwas über Krautrock herauszufinden.“

An dieser Stelle lief mir schon ein Schauer über den Rücken bei dem Gedanken, das könnte der Beginn eines halbstündigen Vortrags über Krautrock werden. Wir alle lieben Krautrock, wir können nicht ohne sein, aber ich bin mir nicht sicher, ob wir auch nur noch ein einziges Mal hören wollen, wie toll diese wacky German Bands aus den frühen 70ern gewesen waren. Aber glücklicherweise hat das Krautrock-Revival inzwischen seinen Mediensättigungsgrad erreicht, so daß interviewte Bands wissen, daß sie hier nicht mehr ins Detail gehen müssen. Es reicht zu erwähnen, daß sie Krautrock lieben, um sich einen Anteil Credibility zu sichern. Also schnell weiter im Text:

„Wir waren Fans von Can und Devo (die auch aus Ohio stammen) und von vielem von diesem 60er-Jahre-Kram (ziemlich große Schublade, das) und Psychedelic-Musik. Und wir mögen vieles aus der Postpunkecke und Krautrock (jetzt reicht’s!), alles mögliche eben. Wir haben alle die gleichen Schallplatten in unserer Sammlung.“

„Bob wollte eine andere Richtung einschlagen, da dieses Lo-Fi Zeug mehr das Ergebnis mangelnder Möglichkeiten im Studio war. Er konnte zwar ins Studio gehen, aber er war nie besonders glücklich mit den Ergebnissen, da er nie mit Leuten arbeiten konnte, die die gleichen musikalischen Vorstellungen hatten.“

Credibility Move Number 2: Nachdem du geholfen hast, eine Mini-Bewegung auf den Weg zu bringen, sieh zu, daß du rechtzeitig alles abstreitest, bevor der Backlash einsetzt. „Lo-Fi? Zum Teufel, das war nur ein verdammtes Versehen, weil ich die Bedienungsanweisung nicht gelesen hatte!“ Und „Mag Earwhig“ ist gut genug, daß man das glauben könnte. Das Album klingt nicht wie das Werk von Lo-Fi Jungs, die ihre Fans verprellen wollen. Es klingt wie das Album, das Pollard immer schon machen wollte. John erklärt das so:

„Wir sprachen darüber und ich sagte Bob: Schau Dir Deine absoluten Lieblingsplatten an. Sie wurden alle aufgenommen unter Zuhilfenahme unterschiedlicher Sounds und unterschiedlicher Techniken in Studios, in denen du das machen konntest. Auf einer Vierspurmaschine geht das einfach nicht, weil du schon durch die Anzahl der Spuren eingeschränkt bist.“

(Natürlich wurde der ganze 60er Jahre Popkram auf Vierspurmaschinen aufgenommen, aber ich war leider nicht schnell genug, um ihn mit diesem Argument zu unterbrechen.)

„Schon bevor ‚Under the Bushes Under the Stars‘ herauskam, sprach Bob davon nach Cleveland zu kommen und mit uns an neuem Material zu arbeiten. Er sagte, er wolle mit uns arbeiten, weil er wußte, daß wir nicht versuchen würden irgendwas völlig Verrücktes zu machen und das ganze nicht in ein Avantgardeprojekt verwandeln würden. Ich glaube, es war so im Sommer 96 als er anrief und sagte: ‚yeah I definitely want to come up to Cleveland.‘ Tatsächlich machten wir die ersten Pläne schon Ende 95. Damals lief gerade diese Friedenskonferenz. Du erinnerst Dich noch an die Bosnien-Friendenskonferenz in Dayton?“

Bitte anschnallen, jetzt wird’s interessant, auch wenn ein paar Details unterwegs verloren gehen.

„Ich arbeitete als Korrespondent für eine Nachrichtenagentur und ich berichtete von diesen Friedensgesprächen. Es war eine lustige Situation. Eines Nachts war ich mit einigen Leuten von einem der Verhandlungsteams unterwegs. Sie mußten das Hotel verlassen, weil sie dachten, die amerikanische Regierung könnte ihre Zimmer verwanzt haben. Ich ging also mit diesen Jungs aus und wir landeten schließlich an einem dieser Fast-Food-Orte. Und sie meinten nur: ‚Was zum Teufel ist das?‘ Dazu muss man wissen, daß Dayton mitten im Nirgendwo liegt. Die Regierung der USA wollte, daß die Friedensgespräche in Dayton stattfanden, weil sie wußten, daß in Dayton überhaupt nichts passiert. Nicht wie in Genf, wo man jederzeit zum Shopping gehen kann. Dayton hat die Örtlichkeiten, denn dort hatten die Gebrüder Wright ihre ersten Flugzeuge gebaut (Keine Ahnung was das miteinander zu tun hat, aber Hinter-Net! Leser zahlen auch keinen Zuschlag für diese Geschichtsstunde) und dort gibt es auch die Patterson Air Force Base. Und es ist auch langweilig genug, um die Gedanken nicht von den Friedensverhandlungen abzulenken. Einer aus dem Verhandlungsteam, ich kann nicht sagen, wer es war, meinte: ‚Ich kann nicht glauben, daß sie uns an diesen Ort hier gesteckt haben. Was ist das? Schau dir das an!‘ Es war ein waffle house (in den USA sehr verbreitete Restaurantart. Klinisch sauber, effizient, unpersönlich und 24 Stunden lang Frühstück und Waffeln). Es war lächerlich. Ich weiß nicht, ob es in Deutschland auch Waffeln gibt?!“

Ich erklärte ihm, ja, natürlich kennen wir hier Waffeln. Nichts hält sie auf: die Belgier und ihre Waffeln. Dann fragte John, ob ich schon einmal in Amerika gewesen sei und ich antwortete – vielleicht zum Leidwesen des Lesers – wahrheitsgemäß, daß ich aus Minneapolis bin. Das führt uns auf einige Umwege, indem wir über gemeinsame Bekannte reden (wobei ich mich im Folgenden auf die Highlights beschränken werde):

„Kennst Du eine Frau namens Vicki? Sie schreibt für ein Musikmagazin in Minneapolis namens Request.“

„Oh, ja. Ich kenne sie, ich schreibe in Request eine Kolumne, die sich Geezers nennt (ausschließlich über altgediente Rocker).“

„Oh yeah, die habe ich gelesen. Du machst das?“

„Yeah, aber dieses Interview ist nicht für Geezers.“

„Warum nicht? Würde doch passen! Hey just for your own personal interest, ich schreibe für die Website des Cleveland Plain Dealer (schon immer einer meiner Lieblingszeitungsnamen — Mike) und habe gerade eine Geschichte der Clevelander Musikszene von den 60ern bis zu den 90ern geschrieben, mit Einträgen zu 140 Bands. Da findest du dann u.a. Fotos, was Trent Reznor vor Nine Inch Nails machte. Magst Du Sachen wie Pere Ubu oder Devo? Alles da, bis hin zur James Gang.“

„Oh yeah, ich bin auch ein großer Fan der Rubber City Rebels, aber die sind ja aus Akron.“

„Ich habe das Akron-Zeug auch drin. Ich sprach mit so vielen Bands wie möglich. Ich habe Zitate von Mitgliedern der Dead Boys, und davon sind ja nicht mehr all zuviele übrig. Wen ich nicht erwischen konnte war Cheetah Chrome, ich glaube, er lebte eine Weile in Nashville (!!) und dann ging er wieder nach New York. Falls Dich die Adresse interessiert: www.cleveland.com/ultrafolder/music.1

Hinter-Mike empfiehlt nachhaltig einen Besuch dieser Seite, falls Ihr Euch für Punk Rock aus Cleveland interessiert. Dead Boys, Pagans, Rubber City Rebels, it’s great. Aber plötzlich beamt uns John zurück zu diesem waffle house in Dayton:

„Dann weißt Du also was ein Waffelhaus ist. Und die Typen aus dem Verhandlungsteam meinten: „What the fuck is going on here?“ Warst Du schon einmal in Dayton? Nein? Das ist jetzt off the record, aber es ist…“

Leute, glaubt es oder nicht, aber genau in dem Moment, in dem John „off the record“ sagte (immer wieder lustig, wenn ein Journalistenkollege die Formulierung gebraucht; er sollte es ja wirklich besser wissen), ertönte die Stimme eines wunderschönen deutschen Fräuleins vom Band (ich stelle sie mir etwa wie Eva Hermann vor, aber dafür haben wir jetzt keine Zeit), die mir erzählte, daß Johns Telefonkarte aufgebraucht sei. Ich legte auf und wartete hoffend, daß John eine andere Telefonkarte finden und mich zurückrufen würde. Es dauerte etwa fünf Minuten:

„Hey Mike, tut mir leid. Irgendeine Frau hat mir da irgendwas erzählt. Keine Ahnung, worum es ging.“

Ich erklärte ihm, daß es Eva Hermann war, die mich um Verzeihung dafür bat, daß sie ein Kind mit einem anderen Mann zusammen hat.

„Du hast also schon etwas deutsch gelernt. Ich habe deutsch studiert. Ich komme damit zurecht, aber nicht besonders gut.“

Langsam fühlte ich mich wie dieses Verhandlungsteam. Werden wir je aus diesem waffle house herauskommen?

„Okay, waffle house. Es gibt da dieses Viertel in Dayton, etwa so wie es bei euch die Reeperbahn gibt. Wir haben so was auch, allerdings mit Fast Food. In Dayton ist es so eine Art Fast Food Row. So heißt es natürlich nicht offiziell. Für diese Jungs hieß das also, erst in einem Waffelhaus mitten im Nirgendwo rumhängen, um später biertrinkend (Rolling Rock, eines der besseren amerikanischen Biere. Heißt: fast so gut wie Karlskrone) in Bobs Garage zu landen. Wir hingen also herum und sprachen über Musik. Er sagte: ‚Was ist mit Quadrophenia? Wie haben sie den Sound hinbekommen?'“

Ich nehme an, John meinte damit, daß Bob nach Quadrophenia fragte, nicht einer der Friedensunterhändler des ehemaligen Jugoslawien. Ich bin mir aber sicher, wenn Pete Townshend wüßte, daß sein Werk Thema einer Diskussion (wenn auch inoffiziell) bei den Daytoner Friedensverhandlungen war, der alte Geezer würde sofort eine komplette neue Rockoper darüber schreiben.

„In dem Studio, in dem wir aufgenommen haben, hatten sie all diese analogen Synthesizer, alle möglichen Gitarren und jede Menge alter Gerätschaften. Bob meinte dann: „Okay ich hätte gerne solche Sounds auf der Platte. Aber Tobin bekam Zwillinge und Mitch war beschäftigt mit Mitch Mitchell’s Terrifying Experience. Den Namen hat er von Bob. Und auch Bob wollte etwas anderes machen. Er wollte keine glatte Hi-Fi-Platte in einem teuren Tonstudio machen, sondern eine Platte, die klingt wie die Platten, die er wirklich mag. Und deshalb sagte er: ‚Wir machen das in Cleveland.‘ Er stellte ein Tape mit etwa fünfzehn Songs zusammen und schickte es nach Cleveland. Wir hörten es uns drei, vier Tage lang an, dann kam er am folgenden Wochenende zu uns und wir spielten in zwei Tagen die Basictracks ein. Er ging wieder zurück nach Dayton und wir arbeiteten weiter an dem Album. Zwei Wochen später kam er wieder und fügte noch einiges dazu. Wir gingen die Sache nicht wie eine 5-Mann-Band an, die ins Studio geht und einen Song nach dem anderen raushaut. Wir spielten erst die Basictracks ein und fügten dann Sachen dazu, die für den einzelnen Song gut waren.

Auf einigen Songs spiele ich nicht mit, auf anderen ist Doug nicht drauf, jeder machte halt nur das, was für den Song gut war. Hör dir zum Beispiel ‚Bulldog Skin‘ an. Ich glaube, das ist der geradlinigste Song, den Guided By Voices je aufgenommen haben, aber das Intro ist sehr abstrakt. Man hört Grillen, drei Synthesizer, ein Kurzwellenradio auf Sendersuche und eine Farfisa-Orgel, die versucht einen Akkord zu finden. Wenn sie den Akkord dann hat, verschwindet der ganze abstrakte Kram und du hast den geradlinigsten Guided By Voices-Song aller Zeiten. Wir wollten nicht wie Guided By Voices klingen, aber gleichzeitig sagte er nicht: „Ich will, daß es wie ein Song von ‚Bee Thousand‘ klingt“. Ich denke, Bob wollte eine Platte, die etwas anders war als ‚Under the Bushes‘, die von Anfang bis Ende ziemlich ähnlich klang. Bob hat es nicht gesagt, aber ich glaube, er wollte eine Hi-Fi Version von ‚Bee Thousand‘, mit vielen Stücken und Songschnipseln.“

Alright! Zweite Frage! Und zwar: waren die 15 Songs, die Bob euch auf Kassette schickte, schon fertig bevor ihr angefangen habt aufzunehmen?

„Nein, waren sie nicht. Es gab von den Songs nur das rohe Skelett. Vielleicht klingt es prätentiös, aber Bob gab uns die Songs wie ein Glas, in das wir all unsere Ideen hineinwerfen konnten. Das Endergebnis basierte auf dem, was wir in das Glas hineinwarfen. Zum Beispiel bei „Portable Men’s Society“, da gibt es diese hochgepitchten Streichersynthies, etwas völlig neues für Guided By Voices. Diese Art von Sound hatten sie vorher noch nie gehabt. Vorher hatten sie vielleicht nie die Zeit, um so was zu machen. ‚Bulldog Skin‘ war ursprünglich nur eine Akustikgitarre und wandelte sich im weiteren völlig.. Und bei ‚Not Behind the Fighter Jet‘ gab es ursprünglich einen gänzlich anderen Refrain, aber jetzt endet es im Mittelteil, weil es sich an der Stelle einfach auflöste. Wir dachten, ok, das ist gut so, wir lassen es sich auflösen. Ich glaube, eines der Geheimnisse der Guided By Voices-Musik ist eine einfache, fast kinderliedartige Melodie, die das Interesse weckt, aber daneben passieren all die anderen Dinge. Die Stärke der Melodien hat sich nicht geändert, aber die Farben und Details sind… nicht extremer, aber in eine andere Richtung gelenkt. Oder vielleicht doch extremer. Wie auf ‚Mute Superstar‘, da gibt es ein ziemlich mechanisch klingendes Riff, aber auch ein verrückter Synthesizersound, der auf- und abschwellt. Ich denke wir haben einige Dinge umgesetzt, die wir auf einer 4Spur-Aufnahme nicht hinbekommen hätten.“

Wird dieses Lineup von Dauer sein oder wird die nächste Guided By Voices wieder mit völlig anderer Besetzung eingespielt werden?

„Wir sprachen gerade heute morgen darüber, mit der Arbeit zu einer neuen Platte zu beginnen. Matador will das aktuelle Album noch eine Zeit lang promoten, so daß es da schon einige Zeitbeschränkungen gibt und wir nicht sofort eine neuen neuen Longplayer aufnehmen können. Aber wir machen uns schon Gedanken, wie das nächste Album werden soll. Es ist hart in zwei Bands gleichzeitig zu spielen (Cobra Verde gibt es ja auch noch) und manchmal macht es einen verrückt. Die Bands sind allerdings sehr unterschiedlich und das macht es leichter. Und da in Guided By Voices alle Cobra Verde-Mitglieder spielen wissen wir alle ziemlich genau, wohin sich jeder andere musikalisch entwickelt.“

Johns Stimme verschwindet und Eva kommt zurück – richtig flehend diesmal. Ich kann mich nicht mehr beherrschen und alles ist vergeben. Und dann… nun ja, ich versprach ihr, nicht darüber zu reden, was dann passierte. Sorry. Jedenfalls rief John noch einmal an und ich frage, ob er oder Bob jemals frustriert waren, weil Guided By Voices nicht mehr Erfolg haben:

„Ich glaube, wenn Guided By Voices erfolgreicher wäre, könnten wir viele Dinge, die wir jetzt machen, gar nicht tun. Es gibt eine so treue Fangemeinde, besonders im Internet, daß wir wissen, wir können verschiedene Dinge ausprobieren.“

An dieser Stelle verabschiede ich mich aus Angst, was ich Eva noch so alles versprechen könnte, wenn sie noch einmal auftauchen würde. John, einer der nettesten Kerle, mit dem ich je geredet habe, fragt bescheiden:

„Was it okay? Did you get some good stuff to write about?“

1Update: John Petkovics Fleißarbeit ist leider nicht mehr online, der/die geneigte Leser:in findet aber eine Kopie in der wayback machine unter: Cleveland Rocks Timeline

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