Lektion 3: Computerjargon

Neulich las ich folgenden Brief in der Jugendzeitschrift „Computer-Bravo“: „Lieber Doktor Sommer! Ich kenne einen süßen Boy, mit dem ich gerne gehen würde. Bisher hat das aber noch nicht geklappt. Gestern hat er mich gefragt, ob ich ihm etwas downloaden könne. Ich würde das ja gerne machen, aber – und das möchte ich gerne wissen -: Kann man davon schwanger werden?“

Solche Zeugnisse einer gewissen Unsicherheit im Umgang mit Computerjargon findet man leider noch allzu häufig. Da ist von RAMs und ROMs die Rede, und kein Mensch weiß, von welchem südeuropäischen Land die Hauptstadt RAM heißt. Man sendet sich e-Mails und verlangt in der Bäckerei plötzlich Brötchen aus Vollkorn-Mail, weil die im Verdauungstrakt schneller gescannt und umformatiert werden. Und so weiter. Traurig, traurig.

Gewiß: Einige Begriffe haben inzwischen Eingang in die deutsche Alltagssprache gefunden. „Abkacken“ zum Beispiel, ein Wort, welches das Mißgeschick umschreibt, wenn ein Computer plötzlich herunterfährt (resettet), ohne uns vorher gefragt zu haben. Seinen etymologischen Ursprung hat „abkacken“ in der nordindischen SanskritSprache. Dort bedeutet „apkag“ so viel wie „He, Guru, da ist eben eine Statue der Göttin Shiva vom Podest gekippt!“. Im Laufe der sog. Greencardaktion („Computer-Inder“) gelangte das Wort nach Deutschland, wo es fortan aus zahlreichen indischen Mündern geflucht wurde, bis auch die deutschen Kollegen sich seiner bedienten.

Doch gerade solche, scheinbar im Deutschen heimisch gewordene Ausdrücke bergen große Gefahren. So versteht man etwa unter „Multimedia“ hierzulande folgendes: Die Übertragung eines Fußballspiels mit Günter Jauch als Kommentator, dazu eine Flasche Karlsberg Urpils und der knatternde Rasenmäher des Nachbarn als sog. „Backgroundsound“. In Wirklichkeit subsummiert „Multimedia“ die Übertragung eines Fußballspiels mit Heribert Fassbender, dazu eine Flasche RÜTGERS CLUB Jahrgangssekt und den knatternden Rasenmäher des Nachbarn.

Der Hinternet-Expertentipp: Verwenden Sie ComputerJargon so oft es geht. Reden Sie nie mehr davon, sie hätten gerade „keine Idee“. Sagen Sie: „auf Laufwerk C kann im Head-Explorer zur Zeit leider nicht zugegriffen werden“. Gefällt Ihnen die Frisur Ihrer Lebensgefährtin nicht sonderlich, empfehlen sie ein upgrade auf die aktuelle Vollversion bei einem Coiffeur ihres Vertrauens. Befällt Sie gänzlich unvermutet eine schwere Depression, dann jammern Sie: „Ich glaub, ich hab mir ein Down aufgeloadet!“. So etwas klingt weit weniger nach Nervenheilanstalt.

Früher hatten die Leute Gardinen an den Fenstern, heute schützen sie ihre Intimsphäre mit firewalls vor den windows. Und, bitte, gehen Sie zukünftig nicht mehr einfach „aufs Klo“. „Eh, ich mach mal grade eine Hardcopie meines software contents“ beeindruckt nachwievor jede Toilettenfrau zwischen Wanne und Eickel maßlos.

Als idealer Urlaubsort für IT-Profis hat sich Bitburg herauskristallisiert, weil man sich da am besten von der Arbyte erholen und neuen virtuellen Cache-Speicher tanken kann. Und unsere kleine Briefeschreiberin sei beruhigt: Downloaden macht nicht schwanger. Vorausgesetzt, man hat ein Antivirenprogramm installiert.

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