Der Weg ist ziemlich lang
Im Info heißt es, daß Euer Hauptthema in Musik und Texten die Aggressivität ist. Seid Ihr auch privat so drauf oder reagiert Ihr Euch ausreichend auf der Bühne ab?
Gary Meskil: Ich sehe uns selbst eigentlich nicht als aggressive junge Männer, die sich auch so aufführen müssen. Aber es ist nun mal diese Art von Musik, die uns Spaß macht. Wir sprechen untereinander viel über politische Themen, die uns wichtig sind. Das versuchen wir auch in unserer Musik und den Texten ‚rüberzubringen.
Ihr schreibt zwar politische Texte und interessiert Euch auch alle für dieses Thema, wollt aber trotzdem nicht als politische Band gesehen werden…
Gary Meskil: Ich glaube, die politischen Färbungen machen nicht 100 Prozent sondern nur einen kleinen Teil dessen aus, was wir machen. Unsere Band hat noch so viele andere Seiten, daß ich dieses Label für uns einfach nicht passend finde. Außerdem besteht „Propain“ aus so unterschiedlichen Persönlichkeiten mit verschiedenen Meinungen, daß wir eine einzige davon sowieso nicht für die ganze Band sprechen lassen können.
Eure Bandphilosophie ist die Eigeninitiative. Wollt Ihr die Leute mit Eurer Musik auch dazu anstiften, sich mehr in Bewegung zu setzen?
Gary Meskil: Ich fühlte mich nicht dazu verpflichtet, irgend jemandem Vorschriften zu machen. Ich möchte mit Leuten in Verbindung treten. Das ist auch schon alles.
Wie wichtig sind denn die Texte für Eure Musik?
Gary Meskil: Wir haben keine Message, aber mir sind die Texte auf jeden Fall sehr wichtig. Über die Jahre sind sie auch für die gesamte Band immer wichtiger geworden. Es ist schön zu wissen, daß sich viele unserer Fans von den Texten angesprochen fühlen und sich darin so gut wiederfinden. Das macht dann noch viel mehr Spaß, weil man einen Weg gefunden hat, mit ihnen zu sprechen.
Woher kam die Inspiration für den Song „Don’t Kill Yourself To Live“? Eigenerfahrung?
Gary Meskil: (lacht) Naja, der Text hat sich aus dem alltäglichen Leben ergeben, wenn man sich im Alltag aufreibt, was wohl jeder kennt. Man macht und tut und weiß am Ende des Tages gar nicht, wofür man sich den ganzen Tag abgerackert hat. Viele Leute können sich damit identifizieren – und das Stück gehört auch zu meinen Lieblingssongs auf dem Album.
Im Info steht außerdem, daß Ihr mit dem Album die Perspektivenlosigkeit und zerstörte Träume aufzeigen wollt. Sprichst Du da aus eigener Erfahrung?
Gary Meskil: Eigentlich ist mir speziell nichts ausnehmend Fürchterliches passiert. Vielmehr glaube ich, daß es da draußen eine Menge Möglichkeiten für jeden gibt, seine Träume wahr zu machen. Der Weg, den man gehen muß, ist meistens ziemlich lang, so daß man die Möglichkeiten aus den Augen verliert. Daher stammt wohl dieser Ansatz.
Das Album scheint mir songorientierter als das vorige zu sein. Wie siehst Du die Entwicklung Eurer Band?
Gary Meskil: Ich habe mir einfach die Gitarre gegriffen und das geschrieben, was in mir war, als wir das Album vorbereitet haben. Wir haben dabei also nichts forciert. Auch die Texte sind immer den Gefühlen unterworfen, die wir während der Aufnahmen haben. Normalerweise schreiben wir die Texte als letztes und denken viel darüber nach. Das ist der wirklich zeitintensive Prozeß am Schreiben.
Schreibst Du die Songs alleine?
Gary Meskil: In der Regel schon. Auf diesem Album haben die anderen mehr mitgearbeitet als bisher. Unser Gitarrist Rob Moschetti hat sich diesmal mehr eingebracht, aber eigentlich treffen wir uns nicht, um gemeinsam die Songs auszuarbeiten. Die meisten Sachen werden privat geschrieben und dann nur noch im Übungsraum geprobt.
Ist es schwierig für Dich, mit anderen zusammen zu arbeiten? Bist Du ein Einzelkämpfer?
Gary Meskil: Ich war schon in Bands, die eher spontan Songs geschrieben oder in Jams komponiert haben. Mit „Propain“ haben wir aber, glaube ich, einen bequemen Mittelweg gefunden. Wir denken uns die Songs gemütlich zu Hause aus, und meiner Meinung nach sind die besten Sachen privat entstanden. Auf diese Weise macht man sich mehr Gedanken über die Stücke.
Wer hat das Album produziert?
Gary Meskil: Wir selbst. Unser Gitarrist Tom Klimchuck hatte daran den Hauptanteil. Wir haben aber einen Techniker gehabt. Die ersten beiden Platten haben wir mit einem Produzenten aufgenommen und uns danach gesagt, daß wir nun selbst genug Erfahrung im Produzieren haben. Wir können jetzt unseren ganz eigenen Weg gehen und fühlen uns auch sehr wohl damit.
Das hört sich ja fast an, als wolltet Ihr mit Eurer eigenen Booking-Agentur und selbst an den Reglern im Studio alles selbst in die Hand nehmen. Habt Ihr zufällig auch ein eigenes Studio?
Gary Meskil: Ja, das haben wir. (lacht) Im Laufe der Jahre im Business haben wir immer mehr selbst Hand an die Sachen gelegt, die wir mit „Propain“ machen. Für uns sind das sehr wichtige Schritte. Ich war schon immer der Meinung, daß je mehr Leute in unsere Angelegenheiten involviert sind, desto schlechter kommen wir dabei weg. Es gab auch Menschen in unserer Umgebung, die nicht für das Richtige gekämpft, sondern andere Ziele verfolgt haben. Wir haben mittlerweile schon allein aus der Notwendigkeit heraus gelernt, die Dinge selbst zu organisieren. Heute gehören diese Sachen einfach zu unserer Arbeit mit „Propain“ dazu.
Offensichtlich haben es Bands wie Ihr oder auch die Kollegen von „Biohazard“ ziemlich schwer, überhaupt an Auftritte heranzukommen. Ändert sich die Szene für Eure Musik?
Gary Meskil: Die ändert sich immer. Manchmal ist man eben populärer als zu anderen Zeiten. Ich bin mit dieser Art von Musik schon so lange dabei, daß ich mit dem, was die Szene auch immer gerade ist, ganz gut leben kann. Es ist nicht so, daß andere Agenturen keine Auftritte geregelt bekämen. Aber mir ist einfach wohler dabei zu wissen, daß wir in den richtigen Händen sind. Einige Agenten, Plattenfirmen etc. haben mir ganz schöne Alpträume beschert. Da gibt es immer mal Ärger und dumme Situationen. Seitdem wir all diese Dinge selbst machen, haben wir auch wieder viel mehr Spaß mit unserer Musik.
Wie kam es zustande, daß Ihr Eure Tournéen selbst bucht und diesen Job sogar noch für andere Bands übernehmt?
Gary Meskil: Das hat sich durch die Tourneen selbst ergeben. Nach einiger Zeit hatten wir das Bedürfnis, die Sache selbst anzupacken, um sie richtig zu machen. Wir haben schon vor ein paar Jahren angefangen, unsere eigenen Touren zu buchen. Damit waren wir so erfolgreich, daß uns andere Bands angesprochen haben, die wir dann auch tourmäßig betreut haben. So machen wir das bis heute.
Gibt es denn keine Agentur, die Euch gut vertreten kann? Ist Eure Musik so speziell, daß Ihr wirklich selbst für Auftritte sorgen müßt?
Gary Meskil: Das Problem ist, einen ehrlichen Agenten zu finden. Wenn Du einen kennst, sag‘ ihm bitte, daß er mich anrufen soll.(lacht)
Und was ist der Unterschied zwischen Booking in Amerika und Europa?
Gary Meskil: Eine durchschnittliche Tour in den Staaten umfaßt ungefähr 60, 70 Auftritte, in Europa sind es um die 40 Gigs. Das ist eigentlich der einzige Unterschied. Das Publikum gleicht sich in etwa, auch wenn unsere Musik nicht mehr so trendy ist, wie sie es vor einigen Jahren noch war. Deswegen haben wir in den letzten Jahren unseren Schwerpunkt auf Live-Auftritte zu Hause gelegt. Das hat sich auch ausgezahlt, denn wir gewinnen in Amerika zur Zeit ganz gut an Popularität. Aber Ende Februar, Anfang März werden wir auch wieder in Deutschland spielen.