Gehört und geprüft wurden Black Eyed Peas, Phife Dawg, KutMasta Kurt, Mr. Complex, Nigo, Erick Onasis, The Pharcyde, Sensational, Shyne, Techno Animal Vs. Dälek, Clueso, Dejavue, D-Flame, Die Fantastischen Vier, Flowin Immo und Zeb.Roc.Ski.
Landaus…
Ich bin ehrlich gesagt etwas überrascht ob der guten Scheibe, die uns Black Eyed Peas bescheren. „Bridging The Gap“ (Interscope/Universal) ist wesentlich besser als ihr Debüt und setzt sich zugleich vom gängigen Einheitsbrei deutlich ab. Bei „Lil‘ Lil'“ oder ihrer ersten Singleauskopplung „Weekends“ springt sofort der Funken über und lässt einen begeistert zurück. Ihre Auswahl der guest appearances ist gut getroffen. De La Soul, Les Nubian & Mos Def, Wyclef und die dauerbekiffte Macy Gray sind dabei und bereichern den in alle Richtungen offenen Sound von BEP. Auch ohne die namhafte Unterstützung, wissen die drei Calis ihr Verständnis von HipHop an den Mann/die Frau zu bringen. Das kann man an „Bringing It Back“, „Lil‘ Lil'“ und „Bridging The Gaps“ unverkennbar hören. Ich revidiere insofern meine voreingenommene Meinung und habe von nun an BEP ganz oben auf meiner Liste favorisierter HipHop-Acts.
Er hat sich Zeit gelassen mit seinem ersten Soloalbum. Nach zwei Maxis („Bend Ova/Thought U Wuz Nice“, „Flawless/Lemme Find Out“) ist es so weit, dass wir ein weiteres Post-A Tribe Called Quest-Projekt begrüßen dürfen. Phife Dawg ist zurück, aber nicht in alter Stärke. „Ventilation: Da LP“ (Superrappin/Groove Attack) plätschert lau vor sich hin und kommt zu keiner Zeit an den noch so schlechten Tribe-Tune heran. Das ist irgendwie traurig. Die Pluspunkt aus alten Tagen dürfte er sich auf lange Sicht verspielen, sollte er seinen eingeschlagenen musikalischen Kurs nicht korrigieren.
‚Studio K7!‘ hat ein HipHop-Sublabel gegründet und dessen erste Veröffentlichung ist „Masters Of Illusion“ (Rapster/Zomba) von KutMasta Kurt, der bürgerlich Kurt Matlin heißt und aus Santa Monica stammt. Er war bisher mehr als Partner von Kool Keith und als Produzent von Rasco, Prodigy und der Dilated Peoples in Erscheinung getreten und hat sich als Remixer für Terranova, Beastie Boys und Chris Rock bewährt. Auf „Masters Of Illusion“ wird Kurt von eben jenem Kool Keith und Motion Man unterstützt. Bleibt nur die Frage, ob sich viele mit diesem furztrockenen, etwas lahmen HipHop anfreunden können. Die Songs sind bis aufs Grundgerüst abgenagt und kommen so gar nicht mit Dampf daher.
„The Complex Catalog“ (Core Records/Groove Attack) von Mr. Complex hört sich an wie eine Underground-HipHop-Radioshow live aus dem Herzen New Yorks. Das hat was. Und was muss ich im Infoschreiben des hiesigen Vertriebes lesen? Es ist tatsächlich eine aufgezeichnete Samstagabend-Radioshow, mitgeschnitten am 8. Januar dieses Jahres. Die Sendung hieß „The Eminent Audio Show“, die Hosts waren Emmo und James Ellison, am Fader und Plattenteller saß DJ Crossphader und die Produktion überwachten u.a. DJ Spinna und Pharoahe Monch aus dem Rawkus-Camp, Lee Stone und Prince Po. Der eigentliche Star aber ist Rapper Mr. Complex, auf der Bühne oft Partner von Pharoahe Monch und nach Jahren im Biz weiterhin von der Plattenindustrie ignoriert. Daher musste er diese Scheibe auf dem eigens von ihm gegründeten Label rausbringen. Ein Jammer.
Das japanische Pendant zum Projekt U.N.K.L.E. ist Nigo. Nigo ist aber kein Kollektiv, sondern ein einzelner Musiker, Künstler und Shirt-Designer, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Tradition und Moderne zu verknüpfen. Das hört sich auf „Ape Sounds“ (MoWax/Connected) dann so an wie in „Kung Fu Fightin'“ – traditionelle japanische Musik mischt sich unter HipHop-Beats. Nigo geht es nicht darum, mit aller Gewalt zwei Gegensätze in einen Topf zu werfen und sie auf Biegen und Brechen zu vermischen. Er hat besagten Song, wie auch das am Ende versteckte „Bape Heads Trax“, reifen lassen, um den unterschiedlichen Elementen Zeit zu geben, eine harmonische Bindung einzugehen. Aber nicht immer sind Einflüsse der japanischen Kultur zu erkennen. Andere Stücke sind einfach nur wunderschöne zeitlose Popsongs. Nehmen wir einmal das schräge und wahrlich banal einfach strukturierte „A Simple Song“ oder das von Julia Ferreira gesungene und von Cornelius produzierte „Monster“. Oder das unter Mithilfe von Shawn Lee entstandene Lounge/Kaffeehaus-Stück „Too Much“. Oder das seinem Namen gerecht werdende „The Very Urgent Dub“, die Scratch/Mix-Attacke „March Of The General“, bei der James Lavelle, MoWax-Kopf, selbst Hand anlegte oder die Punkrock-Nummer „Jet Set“ (mit Hammondorgel!). Nigo schwimmt in vielen Gewässern und scheint sich in jedem hörbar wohl zu fühlen und orientieren zu können.
Er ist ein HipHop-Veteran, doch zum alten Eisen gehört er noch lange nicht. Die Rede ist von Erick Onasis alias Erick Sermon. 1987 tauchte er mit Parrish Smith als EPMD auf der Bildfläche auf und nahm den Underground im Sturm. Als das Duo zwischen ’92 und ’97 getrennte Wege ging, machte sich Sermon als exzellenter Produzent und Solokünstler einen Namen. Seine beiden Alben „No Pressure“ und „Double Or Nothing“ zementierten seine elitäre Stellung in der Szene. Nachdem sich EPMD reformierten, gründete er die Def Squad, der u.a. Keith Murray, Sy Scott und Redman angehören. Wie ihr Mentor, so steht auch die Def Squad ganz im Zeichen des seligen Old School-HipHop. Das lässt sich bereits aus der Liste der verwendeten Samples ablesen: „Don’t Believe The Hype“, „It Takes A Nation Of Millions To Hold Us Back“ (beides Public Enemy), „It’s A New Style“ (Beastie Boys) und „Electric Relaxation“ (A Tribe Called Quest). Die insgesamt 13 Tracks (Zwischenspiele nicht mitgezählt) auf „Def Squad Presents Erick Onasis“ (Def Squad/Dreamworks/Motor) sind ein Segen für Liebhaber der alten Schule. Zwar sind seine Texte manchmal etwas einfältig, dafür hämmern einem die phatten Beats um die Ohren. Mit Support von Slick Rick („Why Not“), Redman („Hostility“) und Easy E („So Sweet“) kann einfach nichts anbrennen. Ganz zu schweigen von der killermäßigen G-Funk-Nummer „Focus“ mit DJ Quik und Xzibit. Und um abschließend das Interlude „Sermon“ aufzugreifen: Natürlich ist es nicht Glück, das Erick Sermon so weit gebracht hat, sondern Mut, Arbeitseifer und Begabung.
Wie lange habe ich auf dieses Album warten müssen. Trotz der Befürchtung, sie hätten den alten flow verloren und würden nicht mehr an ihren Geniestreich „The Bizarre Ride To The Pharcyde“ rankommen, muss ich zugeben, dass „Plain Rap“ (Four Music/Sony Music) ein waschechtes Pharcyde-Album geworden ist und die treuen Anhänger nicht enttäuschen wird. Nach zwei Hördurchläufen bleiben die Songs bereits im Ohr hängen und man kann zu den entspannten und gewohnt phatt produzierten Tracks chillen und/oder mitsingen. Hört euch den Opener „Trust“, die locker vor sich hin groovende Singleauskopplung „Frontline“, „Somethin'“ oder den düsteren mit reduzierten Roni Size-Samples unterlegten Track „Rush“ an und ihr werdet wie ich im Nu verzaubert sein.
Früher bei den Jungle Brothers, heute auf Solopfaden, hat sich Sensational einige Props in der Szene eingeheimst. Sein nunmehr drittes Album („Heavyweighter“, Word Sound/EFA) ist was für Spartanisten. Stumpfe Beats und recht monotones Rapping erinnern zwar an alte Zeiten, mir ist diese Mischung jedoch zu trocken und ich werde nicht wirklich mit dieser Scheibe warm. Weniger ist zwar oft mehr, aber „Heavyweighter“ ist ein arg reduzierter style.
Herr, wirf Hirn. Shyne, motherfuckender homie, der das Rappen nicht sein lassen kann, aber sollte, will uns seine spektakulären Lebensansichten auf seinem aktuellen Album „Shyne“ (Bad Bay/Arista) anvertrauen. Ich denke, wir können auf sein lächerliches Geprolle gut und gerne verzichten. Er soll weiter die bitches nerven, weed paffen, aber bloß nicht noch ein Album machen. Pure Rohstoffverschwendung. Ob sich dessen sein Produzent Puff Daddy tatsächlich nicht bewusst ist?
Den fünften Teil der Matador HipHop-Series (Matador/Zomba) liefern uns Dälek aus Newark, New Jersey und die avantgardistischen Briten Kevin Martin, früher u.a. in The Bug und God tätig, und Justin Broadrick – bekannt von den (Industrial-)Bands Napalm Death, Head Of David, The Sidewinder, Godflesh, Ice, Painkiller, Scorn – alias Techno Animal. Sie haben sich was ganz besonderes ausgedacht und sich gegenseitig geremixt. Techno Animal geben „Megaton“ zum besten und dieser Track wird dann von Dälek neu bearbeitet. Deren „Classical Homicide“ nehmen sich wiederum Techno Animal zur Brust. Alle vier Tracks sind extrem, bizarr, schwarz und alles andere als floorfiller oder was für Partyhungrige. Hier geht es ans Eingemachte, wird HipHop an seine Grenzen zur Electronic respektive Drum’n’Bass geführt. Nichts für Weicheier. This is sick shit!
… und landein.
Aufgewachsen in Jena, wo er als Mitglied der Wostok-MCs musikalisch groß wurde, zog Clueso vor zwei Jahren nach Kölle. Dort kooperierte er mit DJ Chestnut, dem aus Zimbabwe stammenden MC Metaphysics, der just auf ‚Four Music‘ die Single „The Disk“ veröffentlichte, und werkelte an seiner Solokarriere. Diese geht mit der Single „Spiel Da Nich Mit“ (Four Music/Sony Music) los. Ist locker und eingängig, hat viel Reggae-Amtosphäre, erinnert aber verdammt an die Absoluten Beginner. Dennoch gut.
Dejavue tauchten bereits einmal in dieser Kolumne auf. Nämlich mit ihrem ’99er Release „Made 2 Chill / Stylism“. Damals waren sie noch auf ‚Plattenmeister‘, heuer sind sie bei ‚Mazooma‘ gestrandet. Die 2-Mann-Crew setzt sich aus den beiden Hauptstadt-MCs No Oner und Zyre alias Robespierre (ex-SXB) zusammen. An den Turntables wirbelt DJ Hype und die Beats bastelt Krutsch. Und sie alle haben zusammen eine Doppel-EP an den Start gebracht, die den Titel „Zwei Dumme Ein Gedanke“ (Mazooma/BMG) trägt. Jede 12″ bzw. Mini-CD hat sieben Tracks und natürlich eine Menge Gäste. Zum Beispiel Black Kappa von South A Sound („Berlin City Nights“) oder Rapperin Pyranja, von der man sicherlich noch viel zu hören bekommen wird. Ihr Kollabo-Track „Dope Mcees“ ist ein super Hit, der deutlich aus den nicht unbedingt vollends überzeugenden Stücken herausragt und das Highlight der ersten EP ist. Auf der zweiten sind es „Film Ab“, „Keine Andere“ und „Popbiz“. Da geht aber sicher noch mehr, Jungs.
‚Eimsbush Entertainment‘ ist aktiver denn je. In diesen Tagen kommt nun das lang erwartete Solodebüt des Riesen mit der dunklen Stimme auf den Markt. Ich meine natürlich D-Flame, der diesen Sommer mit seinem Hit „Heisser“ die Clubs und Strandpartys beherrschte. Der Frankfurter MC ist der „Basstard“ (Eimsbush/Mercury/Universal), der mit seiner unverkennbaren Stimmlage die Herzen der Gelangweilten höher schlagen lässt. Neben ein paar laschen Tracks hat Daniel Kretschmar, so heißt er nämlich richtig, ein paar Kracher in petto. Der gute Ruf des „härtesten Rappers der Stadt“ ist gar bis nach Jamaika (Einige Ergebnisse seiner connections zur Reggae-Szene sind auf „Basstard“ nachzuhören.) und nach New York vorgedrungen. Gang Starrs Guru höchstpersönlich hat mit ihm den überragenden Track „Universal“ eingerappt. Und wenn Eißfeldt und die Dynamite Deluxe-Crew ihre Stimmen erheben, ist das ebenfalls ein Garant für unterhaltsame Raps. Insgesamt ein interessantes Debüt, das deutschen HipHop mit internationaler Beteiligung und viel karibischem Flair verspricht.
Während ihr das liest, wird dieses Lied mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Denn ich bin auf einer Insel im Mittelmeer und das sieben Tage lang. Sieben Tage am Meer. Schöööööön. Auch die Unplugged-Version von Fanta 4s „Tag Am Meer“ (Four Music/Sony Music) ist klasse. Sie bringt noch am ehesten das Feeling rüber, das man mit Sonne, Strand, Meer und Nichtstun verbindet. Chillen bis zum Umfallen. Bonustracks sind das Instrumental „Nacht Am Meer“, die Originalversion des Titelstücks und ein obligatorischer Remix – hier ein klasse Drum’n’Bass-Tune vom Waxdoctor (hi, hi) aus London.
Er sieht wie ein Metaller aus. Oder einer der nimmersatten Grunge-Fans, die noch heute auf die erste Pearl Jam schwören. Dabei ist Flowin Immo (ex-F.A.B. = Freaks Association Bremen, mit Ferris MC) ein waschechter HipHop-Head. Und was für einer. Ein richtiger Scherzkeks will er sein. So lustig, dass einem manchmal allerdings das Lachen im Hals stecken bleibt. Viele schwören auf ihn, seine Platte „Terra Pi“ (Groove Attack) verkauft sich recht gut, aber bis auf ganz wenige Tracks kann ich mit diesem albernen Klown nichts anfangen. Den Mallorca Remix von „Jaman“ (auch als 12″ bei Kopfnicker/East West erschienen) zum Beispiel finde ich super. Oder „ImmO Im Ohr“, auch ein guter Song, der eingängig ist und Flowin Immo von seiner besseren Seite zeigt. Er singt und rappt sich nicht wie sonst auf Teufel komm raus zu Tode. „Expliziter Cyberphonque“ iss auch okay. Reimen kann er vielleicht, aber gute Songs schreibt er nicht unbedingt. Außerdem wird er auf „Damenwahl“ furchtbar platt und proletenhaft. Er ist wie er ist. Nur muss er dann damit rechnen, dass nicht alle mit seiner Art klarkommen.
Sprayer aufgepasst! Hier wird den Graffitikünstlern der frühen Achtzigern gehuldigt. Das hat Zeb.Roc.Ski in die Wege geleitet, dessen Freund und Writer-Kollege/Legende Seen ihn tatkräftig unterstützt hat. „All City/Stylewars“ (Mzee/EFA) ist eine Doppel-12″ mit einem 27-minütigen Interview mit Seen (dazu lässige Beats) und ein paar lustigen Extratracks. Old School-HipHop, Bigbeat und Funk – irgendwo dazwischen schippert Zeb.Roc.Ski.
Phat World X erscheint sicherlich irgendwann und zwar hier und nur hier.