Neil Young: Silver & Gold

Lange hat’s gedauert, bis dieses Album erndlich fertig war. Bereits 1997 nahm Neil Young die ersten Stücke für sein Album „Silver & Gold“ auf. Damals noch solo und rein akustisch. Danach ließ er sich viel Zeit, um dieses Album zu vervollständigen. Songs wurden überarbeitet, verworfen, ausgetauscht. Auch die Wiedervereinigung von Crosby, Stills, Nash & Young profitierte von diesem musikalischen Output. In der fertigen Fassung wird Young von einer kompletten Begleitband unterstützt, die aber offenbar mehr für die Noten bezahlt wurde, die sie nicht spielte.

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Rainer Eisfeld – Als Teenager träumten

Was sie schon immer über die 50er Jahre wußten und eigentlich nicht auch noch lesen müssen: hier steht es! „Die 50er Jahre für Anfänger“ gewissermaßen. Denn dass die Fifties in Deutschland keine bleierne Zeit waren, zumindest was die Jugendkultur angeht (so die These des Autors) – wer wollte es bestreiten? Die Politik, okay. Mief und Muff, Altnazis, Kommunistenparanoia und Wirtschaftswunder. Aber dass sich bei den Unter-30-jährigen ´was tat, hat sich mittlerweile rumgesprochen. Offene Türen zum Einrennen also allenthalben, und dafür auch noch Geld zu verlangen – wow!

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Comedy-Lexikon

Wenn ein Verlag Lexika im Wochenrhythmus veröffentlicht, läßt das natürlich beim wachen Rezensenten die Alarmglocken schrillen. Und in der Tat: das womit der Lexikon Imprint-Verlag („jedem sein Lexikon“) da die Schaufenster der Buchhandlungen zukleistert ist selten akzeptabel (siehe das HipHop-Lexikon), oft überflüssig und gelegentlich so ärgerlich wie das vorliegende Comedy-Lexikon.

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Robyn Hitchcock: Jewels For Sophia

Die Rockmusik kennt einige Anti-Helden. Musiker, die jahre- und jahrzehntelang ihre Musik machen, von einem kleinen Fankreis und den Kritikern hochgeschätzt – von der sogenannten breiten Masse aber beharrlich ignoriert. Einer dieser Anti-Helden ist Robyn Hitchcock, der jetzt seit über 20 Jahren Platten veröffentlicht. Ende der 70er zusammen mit den Softboys, danach auf eigene Rechnung, mal mit Band, mal ganz allein. Nach einigen Akustik-Alben griff Hitchcock für „Jewels For Sophia“ wieder auf die Hilfe einer richtigen Rockband zurück. Und das zahlt sich aus. Denn so lebt das Album nicht nur von spleenigen Texten und guten Melodien sondern auch vom Variantenreichtum der Arrangements. Ob ruhige Ballade oder treibendes Bluesrockstück, alles wird zusammengehalten durch einen Hauch von 60er Jahre Psychedelia. Gerade so stark dosiert, daß es nicht nach purer Nostalgie klingt.

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Randy Newman: Bad Love

Randy Newman ist wieder da. Nein, natürlich war er nie wirklich weg und in den letzten Jahren verlief seine Karriere sogar erfolgreicher denn je – als Komponist für Hollywoodfilme wie „Das große Krabbeln“ oder „Toy Story“ brachte er es auf bisher 12 Oscarnominierungen. Aber seit gut zwei Jahrzehnten (irgendwann nach &Quot;Little Criminal“) hatte ich gänzlich das Interesse an ihm verloren, zu glatt zu überproduziert erschienen mir seine Platten. Und dagegen kamen letztlich auch Newmans ausgewiesene Fähigkeiten als „bissiger“, „satirischer“ oder „zynischer“ Texter nicht an.

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Mike Grier: Shaken not stirred

Dieser Mann ist Kanadier,. Was an sich ja nichts Ehrenrühriges ist. Er könnte aber genausogut Japaner sein. Wenn es um die Kunst des Imitierens geht legt Grier nämlich eine Kunstfertigkeit an den Tag, die ihresgleichen sucht. Vielleicht hat er aber auch nur ein Identitätsproblem.

Vor einem halben Jahr veröffentlichte er mit seiner Band THE HOOBLERS eine CD, die als gelungene NEIL YOUNG & CRAZY HORSE Kopie durchging. Auch seine erste – nach dem James Bond Motto betitelte – CD beginnt er wieder als Neil „Gott“ Young-Imitat. Nicht die heftig rockende Crazy Horse Phase auch wenn er zwischendurch gerne mal in die Seiten brettert.

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Ben Elton – Popcorn

Der Kultregisseur Bruce Delamitri steht am Ziel seiner kühnsten Träume. Soeben wurde er in den Olymp der Hollywoodgötter aufgenommen. Für seinen neusten Kinoerfolg, eine Mischung aus Natural Born Killers und Pulp Fiction, bekam er den Oskar. Er leistet sich zwar den Luxus, die Auszeichnung als lächerlich zu bewerten, aber sie war in seinen Augen schon längst überfällig.
Den Angriffen auf seine Filme als gewaltverherrlichend und gewaltfördernd begegnet er mit der Arroganz des intellektuell Überlegenen. Seiner Meinung nach stellt er schon vorhandene Realität dar, außerdem hätten seine Filme selbstverständlich keinerlei negativen Einfluß auf irgendjemanden.

Dummerweise treibt sich auf den Straßen ein Killerpärchen herum. Von den Medien sinnigerweise die Mall-Killer genannt. Wayne und Scout morden mehr oder weniger sinnlos durch die Gegend und gehen dabei mit äußerster Brutalität und Kaltblütigkeit vor (Natural Born Killers läßt grüßen!). Nach der Fernsehübertragung eines Interviews mit Delamitri kommt Wayne eine brilliante Idee zu ihrer Rettung. Dazu müssen sie dem Regisseur aber einen Hausbesuch abstatten…

Popcorn ist eine bitterböse Geschichte über die allzu menschliche Eigenschaft die Verantwortung für eigene Handlungen auf andere abzuschieben. Gottseidank ohne moralischen Zeigefinger, sondern mit sehr viel Sarkasmus und Ironie geschrieben. Nebenbei rechnet Ben Elton mit den Medien und den Hollywoodgöttern ab. Dieses Buch lege ich jedem wärmstens ans Herz, der schwarzen Humor für die einzig wahre Art der Unterhaltung hält. Allen anderen natürlich auch.

Ben Elton
Popcorn
Goldmann 20,00 Deutschmark
ISBN 3-442-54018-6

Mystery Double Feature

In Sachen Mystery tut sich 1997 eine ganze Menge. Nachdem Pro7 mit Akte X den Boden bereitet hat, versuchen die restlichen Privaten mit ähnlichgearteten Serien aufzutrumpfen und auch themengleiche Talkshows zu lancieren: Profiler, Sentinel, Talk X, usw. – mit recht unterschiedlichem Erfolg. Die X-Files haben einfach Maßstäbe gesetzt, die andere erstmal erfüllen müssen.

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Giuseppe Culicchia – Knapp daneben

Walter ist 21, hat sein Abitur in der Tasche und keine Ahnung, was er in der italienischen Gesellschaft verloren hat. Sicher ist nur, daß er weder den Militärdienst ableisten möchte, noch ein Lohnsklave bei Fiat werden will. Also verweigert er erst mal und schreibt sich in der Wartezeit an der Uni für ein paar Philosophiekurse ein. Zuhause geht ihm sein Vater auf die Nerven. Ständig von dumpfen Gameshows zugedröhnt schnautzt der Walter an, endlich etwas aus seinem Leben zu machen, beispielweise eine Karriere bei Fiat.

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Valerian und Veronique: Im Bann von Ultralum

Wer träumt nicht davon, zwanzig Jahre die aufregendsten Abenteuer zu erleben und immer noch keine Zipperlein zu haben, sondern volles Haar und eine Figur, an der die Schwerkraft keine Wirkung zeigt. Valerian und Veronique, die Agenten des Raum-Zeit-Service, haben sie. Seit sie 1967 der Feder von Jean-Claude Mézières entsprungen sind, haben sie fünfzehn Abenteuer in den Weiten des Weltraums bestanden und das sechzehnte steht ihnen jetzt bevor:

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The Shivers: s/t


THE SHIVERS heißt eine Band aus den USA, die auf ihrem unbetitelten Debüt die Grenzen auslotet zwischen Country-Blues, Folk und dem, was Musikkritiker gerne Softcore nennen.

THE SHIVERS sind nur ein Trio, in klassischer Bass-Gitarre-Schlagzeug-Besetzung mit gelegentlichem Einsatz einer Geige. Trotz des Verzichts auf Effekthascherei gelingt es ihnen, ihre dezent arrangierte Musik abwechslungsreich genug zu gestalten, um über die 13 Stücke des Albums keine Langweile aufkommen zu lassen.

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Mai: Die letzte Tochter des Mihiro Clans

Telekinese und Pubertät

Die Welt wird ein Dorf und Inseln sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren: Eine Garantie für intellektuelle Inzucht. Das haben nicht nur die Briten am eigenen Leib gespürt. Selbst im Land der aufgehenden Sonne, das sich mit fremden Kulturen sichtlich schwer tut, sind die Einflüsse der westlichen Welt nicht mehr zu leugnen. Doch bis heute gelingt es selten genug, beide Traditionen unter einen Hut zu bringen. Der üblichere Ausdruck ist ein unvermitteltes und abruptes Nebeneinanderher von japanischer und westlicher Kultur: moderne Glaspaläste neben Schreinen in traditioneller Holzbauweise. Ebensowenig wie Kleidung und Wohnungseinrichtung sind die japanischen Comics davon ausgenommen. Die zelebrieren in einem kulturellen Spreizschritt eine Art japanische Postmoderne.

Ryochi Ikegamis jüngster Wurf „Mai, the psychic girl“ (dt. Mai, die letzte Tochter des Mihiro Clans) ist ein typisches Beispiel für diese kulturelle Schizophrenie. Im Vordergrund dieser Reihe steht die 14jährige Mai Kuju, an sich ein stinknormaler Teenager, der die Schulbank drückt, Steaks brät und sich, wie wohl alle Mädels in diesem Alter, Sorgen um die Form ihres Busens macht. Wären da nicht die psychokinetischen Fähigkeiten, die sie von ihrer Mutter geerbt hat. Hinter Menschen mit diesen Fähigkeiten ist eine mysteriöse Organisation her, die von einem Hauptquartier in den Schweizer Bergen aus operiert und ihre Handlanger überall zu haben scheint. Kein Wunder also, daß sie von Mais Fähigkeiten Wind bekommt und versucht, sie in ihre Gewalt zu bringen.

Das klingt wie ein Potpurri aus den George Lukas‘ Yedi-Rittern, Stephen Kings Feuerkind und anderen hierzulande mehr oder weniger bekannten Motiven. Trotz dieses Hangs zum Plagiat ist Ryochi Ikegami sichtlich bemüht, diesen Motiven einen eigenen Kontext zu geben, indem er die Handlung vor japanischem Dekor ablaufen läßt und mit einigen mangatypischen Actionszenen anreichert. Ein entscheidendes Problem bleibt dabei allerdings bestehen: da die zugrundeliegenden Motive den Lesern bekannt sind, kann er sich den Verlauf der Handlung aus den Fingern saugen – und liegt damit nicht einmal falsch. Bis zum Ende des ersten Bandes zumindest. Ob Ryoshi Ikegami und sein Zeichner Kazuya Kudo noch ein paar ungeahnte Wendungen parat haben bis es zum psychokinetischen Showdown kommt, werden die nächsten Folgen zeigen. Unterm Strich ist ein ost-westlicher Manga entstanden, der durch seine konzeptionelle Unschlüssigkeit schon wieder originell ist.

Ryochi Ikegami/Kazuya Kudo
MAI - DIE LETZTE TOCHTER DES MIHIRO CLANS
Feest Comics 16,80 DM
ISBN 3-89343-756-8

Robert Forster: Warm Nights

Das Schicksal geht manchmal seltsame Wege. Da verschlägt es einen Australier – der Liebe wegen – ausgerechnet von Brisbane nach Regensburg. Ein hartes Schicksal, das Robert Forster aber wie seine neue CD „Warm nights“ beweist, bestens gemeistert hat.

Früher, bei den GO-BETWEENS machte Robert Forster Popmusik mit Ecken und Kanten, die die Kritiker reihenweise begeisterte. Jetzt auf Solopfaden wandelnd scheint er etwas nachdenklicher geworden zu sein. In seinen Texten steckt eine gehörige Portion Nostalgie, Rückblicke auf Jugenderlebnisse und – wie könnte es anders sein – verflossene Liebschaften.

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Holly Cole: Temptation

Holly Cole ist eine 31jährige Kanadierin, die bislang 3 Alben veröffentlicht hat auf denen sie sich als Interpretin von alten Standards und aktuellen Kompositionen profilierte. Bei uns am bekanntesten waren wohl die zwei Stücke, die sie zum letztjährigen Prince-Tribute-Sampler „When Doves Cry“ beisteuerte. Das mit dem „Tribute To“ scheint ihr gefallen zu haben, denn jetzt hat sie mit „Temptation“ erstmals eine CD veröffentlicht, die ausschließlich den Kompositionen eines einzigen Songschreibers – Tom Waits – gewidmet ist.

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Salad: Singles Bar

Es scheint ein Naturgesetz zu sein, daß Videojockeys entweder (verkrachte) ex-Musiker (Paul King, Richie Rich oder Ingo Schmoll) sind oder verhinderte Möchtegernmusiker, bei denen der Trieb irgendwann doch durchbricht (Steve Blame, Roy Cakes). Daß ausgerechnet Marijne van der Vlugt (die bei MTV am ehesten durch ihre Pippi Langstrumpf-look-a-like Bemühungen auffiel), eine der überzeugendsten Leistungen abliefert, ist eine handfeste Überraschung.

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Das Ich: Staub

„Ich streichle ein versengtes fell
ein fernes licht die kehle packt
aus dem mund tropft blut zu boden
mehrend mit gedärm vermengt“

Mit solchen Texten beglückt DAS ICH den potentiellen Käufer auf „Staub“, der neuen CD. Es bleibt aber nicht allein bei drittklassiger Pennälerlyrik, nein, auch die musikalische Umsetzung gibt sich düster-dräuend und ist doch nur schlechtes Handwerk, aufgesetzt und erschreckend banal. Wasser auf die Mühlen derer, die Dark Wave für eine Form musikalischer Pest halten

Das Ich: Staub
(Danse Macabre/Efa)