Frl. Katjas Nähkästchen, Folge 9

Vielleicht erinnert Ihr Euch noch, liebe Leser, ich war kürzlich in New York. Natürlich bin ich nicht allein gereist, außer meiner Mutter war auch noch mein Photoapparat mit dabei. Nun soll man ja in Manhattan zum Schutz vor Raubüberfällen nicht äußerlich als Tourist erkennbar rumlaufen und möglichst alles gut verstaut am Leib tragen. Also hab ich auch meinen Photoapparat nach Art eines Brustbeutels an einer Kordel um den Hals unterm T-Shirt getragen und mußte enorm viele Autogramme geben, da man mich fälschlicherweise für Eccentrica Gallumbits, die dreibrüstige Hure von Eroticon Sechs (eine Figur aus Douglas Adams´ „Per Anhalter durch die Galaxis“), hielt. Nein, war nur ein Scherz. Eigentlich wollte ich sagen: meine Photos sind jetzt entwickelt, und wißt Ihr, was nach der Brooklyn Bridge die zweitwichtigste Sehenswürdigkeit New Yorks ist? Mein Daumen!!! Steht in keinem Reiseführer, ist aber auf fast jedem Photo drauf!

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Frl. Katjas Nähkästchen, Folge 8

Liebe Leser: heute muß ich erstmal was klarstellen. Frl. Katja existiert ausschließlich im Rahmen dieser Kolumne. Das nennt man „Rollenprosa“ (in der Lyrik hieße das „Rollengedicht“). Frl. Katja ist eine Kunstfigur, entsprungen dem kranken Gehirn ihrer Schöpferin und mit Namen versehen von deren Chefredakteur, der überhaupt die Initialzündung zu der ganzen Sache gab. Ist Frl. Katja unser Bastard???

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Frl. Katjas Nähkästchen, Folge 6

Ächz, mein Kopf ist leer. Alte Bekannte mögen jetzt sagen: Ja und? War das bei Dir mal anders? Natürlich war´s das, säße ich sonst schon an Folge 6 meines Nähkästchens?! (Eben hab ich übrigens versehentlich erst „Mähkästchen“ geschrieben: auch nett, oder? Mäh!) Das Leere-Kopf-Syndrom ist die Berufskrankheit und der Alptraum eines jeden Kolumnisten. Was ist passiert? Möglicherweise liegt es an dem vielen Logierbesuch in letzter Zeit, der einem keine Zeit für krude Gedanken läßt. Zumal in einer Einzimmerwohnung. Vielleicht liegt es aber auch an meinen zahlreichen außerhäuslichen Verabredungen, die ich in letzter Zeit fast manisch organisiere, um Heim, Schreibtisch und Logierbesuch zu entfliehen. Nein, das letzte ist nicht wahr (ich muß ein bißchen aufpassen, Teile meines Logierbesuchs lesen diese Kolumne…).

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Frl. Katjas Nähkästchen, Folge 5

Uff, die Wahl ist rum. Obwohl ich es jedesmal wieder liebe, diese Stimmabgabe so richtig live und vor Ort, diese Zeitreise ins Wahllokal (das immer in einer Schule sein muß!) mit seinem vorsintflutlichem Retro-Charme, der nichtmal durch ein einziges winziges Bit Hightech gemindert wird! Dies war meine dritte Bundestagswahl, und jedesmal in einer anderen Stadt. Aber mit Wahllokalen ist es dasselbe wie mit McDonalds-Filialen: sie sehen alle gleich aus und sind deshalb an jedem Ort ein Stück Heimat. Da sind die häßlichen, nackten Sperrholzkabinen, die mausgraue Plastikurne – wie immer herrlich improvisiert mit dem obligatorischen Schnellhefter abgdeckt -, in die man mit betont harmloser Miene seine demokratische Briefbome fallen läßt. Da sind die freundlichen, wie immer geschäftig mit zahlreichen Listen raschelnden Wahlleiter, denen man gern noch mahnend zurufen möchte: Schön aufpassen nachher beim Auszählen!

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Frl. Katjas Nähkästchen, Folge 3

Dem Himmel sei dank, ich bin eine Erstgeborene. Für Erstgeborene ist die ganze Welt ein Abenteuerland, denn sie haben keine älteren Geschwister, die sie ihnen erklären. So können sie entdecken und immerzu entdecken und dabei viele kuriose Erfahrungen machen: lots of stuff, mit dem sich später Kolumnen füllen lassen. Man sieht: es ist nicht unwichtig, an welcher Stelle man in der Geschwisterchronologie steht. Langjährige Forschungen ergaben, daß Rebellen und Rädelsführer (Che Guevara und Konsorten) meist jüngere Geschwister sind, die sich gegen alles, aber auch einfach alles auflehnen. Anders werden sie nämlich nicht beachtet, denn die angesehenste, verantwortungsvollste Position haben ja schon die Erstgeborenen inne. Die sind in der Regel damit beschäftigt, jüngeren Geschwistern Vorschriften zu machen und die Delegationswünsche der Eltern zu erfüllen. Viele von ihnen werden Kolumnisten. In der Tat ist es Zeit für eine empirische Untersuchung, die klärt, wieviele aller Kolumnisten Erstgeborene sind. Ich wette, eine ganze Menge. Gott schütze uns Erstgeborene.

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Frl. Katjas Nähkästchen, Folge 2

In meiner letzten Kolumne erwähnte ich Franz Lambert. Viele werden ihn kennen, nur wenige werden dies aber auch zugeben. Mich verbindet eine ganz eigenartige Beziehung zu dem Hammondorgelman, denn ich stamme aus dem gleichen Raum wie Franz Lambert, und ich erinnere mich noch gut an meine Grundschulzeit, als viele Mitschülerinnen und Mitschüler, deren Familien zu arm für ein Klavier waren, Keyboard-Unterricht nahmen. Und das taten sie „beim Franz“. Es dauerte lange, bis ich begriff, dass dies der Vorname ihres Lehrers war, denn ich selbst wär natürlich nie auf den Gedanken gekommen, meine Klavierlehrerin zu duzen! Ich war überhaupt die einzige, die den großen Franz Lambert, seinerzeit am Beginn seiner Karriere, nicht kannte. Meine Klassenkameraden guckten mich dann immer groß an und murmelten etwas von „Platten“ und „im Fernsehen“. Heute weiß ich, daß die Eltern von Franz Lambert ein Restaurant im selben Ort betreiben, in dem meine Mutter arbeitet. Meine Mutter arbeitet übrigens in einer Psychiatrie.

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Frl. Katjas Nähkästchen, Folge 1

Okay, das ist also der erste Teil meiner ersten eigenen Kolumne, die mir mein Chefredakteur angesichts zahlloser Abschweifungen und Exkurse in meinen CD-Kritiken angetragen hat, sicher in der Hoffnung, diese so zu einem kontrollierbaren Fluß bündeln zu können und nebenbei noch eine neue Rubrik für´s Magazin zu schinden. Viel wahrscheinlicher allerdings ist, daß man auf der Suche nach CD-Kritischem etc. in Zukunft wohl besser in meiner Kolumne nachschaut, heut´ grab ich gleich mal „Dr. Zapp“ das Wasser ab.

Vorausgeschickt sei noch, wie schwer es ist, so eine Kolumne, wie sie nunmal jedes wirklich gute Magazin hat, zu füllen, deshalb guckt man natürlich erstmal, was die lieben Kollegen so machen und wo man vielleicht ein bißchen abschreiben kann. (Jeder gute Künstler fängt schließlich an, indem er seine Vorbilder kopiert bla bla…) Die besten schreibt natürlich Max Goldt, die „Zeit“ hat auch ganz nette, sogar mehrere gleichzeitig, und dann fiel mir im Buchladen meines Vertrauens noch ein Bändchen mit Kolumnen von Thomas Meinecke in die Hände, das da heißt „Mode und Verzweiflung“ (guter Titel!). Ich war ganz angetan, obwohl das eigentlich mehr Kurzgeschichten und Erzählungen sind, bis ich an eine geriet, die mit literaravantgardistischen Attitüden nur so gespickt war: der Text scheinbar willkürlich in Absätze zerlegt, z. T. nur aus einer Zeile, ja z. T gar nur aus einem Nebensatz bestehend! Diese Abschnitte wiederum waren mit römischen (!) Ziffern durchnumeriert, und dann waren auch noch einzelne Satzteile willkürlich mit Großbuchstaben gesetzt. Also, das war mir einfach zu plump und zu aufgesetzt. Herr Meinecke verschimmelt jetzt irgendwo bei mir in der Ecke… Aber zum Eigentlichen:

Unbelastet vom Empfang diverser Privatsender kann ich meinen Blick voll und ganz auf die ersten beiden Programme (und das Dritte, die „Bildungsschiene“) konzentrieren, und stelle immer wieder fest, daß sich vor allem das ZDF bis heute äußerst erfolgreich gegen den Einzug jeglichen Esprits und jeglicher Zeitgemäßheit gewehrt hat. Fast möchte man voll Anerkennung fragen: wo kriegen die nur all die blassen und verschnarchten Gesichter her, an die sich schon unmittelbar nach Ende der Sendung keiner mehr erinnern kann?

Könnte man Moderatoren kaufen, würde das ZDF sie bei „Quelle“ bestellen, während sich die hippen Musik- und Jugend-Sender bei „H&M“ bedienten (bekanntlich das McDonald´s der Mode), und nur die gute alte wertkonservative ARD würde wohl noch an der Tradition des Castings festhalten. Aber so kommt man halt auch entweder an schrille, verschleißfreudige Typen oder an Menschen mit einem Mindestmaß an Bildschirmpräsenz. Na gut, manchmal schmuggeln sich auch Leute wie Max Schautzer und Ingo Dubinski darunter, ein Wunder, daß das ZDF die noch nicht abgeworben hat. Aber offenbar ist man in Mainz zur Zeit gut versorgt mit all den Babette Einstmanns, Heike Maurers, Gundel Gaukeleys, Susanne Conrads (Susanne wer?), Monika Sundermanns, Dr. Gerhards und Joachim Bublaths.

Solcherart unscheinbaren Mitarbeitern müssen natürlich auch die passenden Sendungen auf den Leib geschneidert werden, und das stelle man sich mal nicht zu einfach vor, zumal ein 24-Stunden-Fulltime-Programm gefüllt sein will, und abzüglich solch notwendiger Übel wie Nachrichten, Sport und Serien immer noch viel zu viel Zeit und viel zu viele Gebühren übrigbleiben, und nicht jeder Sendeplatz läßt sich mit Tier-Dokus füllen.

Ich will nicht ungerecht sein – auch die ARD sendet ihre „Bahnstrecken“ – aber sie sendet sie nachts, und sie verschwendet keine Moderatoren an ihre Betreuung. Anders beim ZDF, das sich eigens einen Steinbruch für sträflich schlechte Fernsehschaffende hält. Wer mit dem Ansagen von Abendprogramm, Lottozahlen und Spielfilmen partout nicht mehr zu knebeln ist, der präsentiert fortan eben tägliche Sammelsurien aus Beiträgen, die keine Redaktion haben will, Gesundheitstips, Gewinnspielen und grottenschlechten Sketchen mit Pfitzmann und Co. Bei sparsamer Verwendung lassen sich daraus gleich zwei Ausgaben zimmern: eine mittags als „Drehscheibe Deutschland“ und ein verdünnter Ableger (nur aus vermaledeiten Beiträgen und Gewinnspielen bestehend) spätnachmittags unter dem Titel „Hallo Deutschland“ – aus jedem einzelnen Buchstaben spricht ein deutliches „Vor dem Einschalten wird dringend gewarnt“!

Aber das ist noch nicht alles: das ZDF hat auch eine wöchentliche 5 Minuten-Sendung zur Aktion Sorgenkind, einen Länderspiegel und das Wetter! Man kann zu Herrn Kachelmann stehen wie man will – beim ZDF signalisieren allein schon die Namen der Meterologen das selbe wie die schwarz-weiß-orange Färbung des Falters: Der Genuß kann tödlich sein! Ich sage nur: Inge Niedeck, Dieter Bayer, Gunter Tiersch und – last not least – Uwe Wesp! Und trotz des eklatanten Gebühren-Überschusses – ein ehernes Gesetz des ZDF besagt nunmal: ein Meteorologe muß meteorologische Fähigkeiten haben und nichts weiter! Da wird kein Pfennig an Sprech- und Stimmbildung verschwendet, da müssen immer dieselben grellen Hemden und biederen Jackets ran. Ja, die Wetter-Leute haben sich, wie man so schön sagt, eine „Nische“ geschaffen, und hätten sie ihre alles andere als schnurlose (allein die Tatsache, daß kein Positivum zu „schnurlos“ existiert, zeigt schon, wie out die Wetter-Truppe ist!) Blue-Box-Fernsteuerung zum Festhalten nicht, müßten sie ihre nervositätsgeschüttelten gespreizten Hände derart vor den Bauch halten, daß sich nur die Fingerspitzen berühren. Das hab ich mal mittags im Ersten gesehen bei einer „Wetter-Fee“ aus dem Dritten. (Eine Freundin von mir hat übrigens lange bei einem Privatsender das Wetter „gemacht“. Die hat das Wort „Wetter-Fee“ regelrecht gehaßt!)

Wem das ZDF böse will, der wird in den sommerlichen Fernsehgarten strafversetzt und muß „interessante“ Handwerkszweige vorstellen. Und wer das ausreichend schlecht macht, steigt auf und „darf“ mit Wolfgang Lippert den Wintergarten moderieren.

Unvergessen für alle Zeiten bleibt mir sicherlich die Traumkombination aus Babette Einstmann und Franz „Hammondorgel“ Lambert. Da hatten sich zwei gefunden und präsentierten im perfekten pas de deux sonntagsvormittags Ausschnitte aus Musiksendungen der 70er (ihrerzeit das Nonplusultra an Modernität, erkennbar an Deko-Hintergründen aus ganz vielen aufeinandergestapelten Fernsehern, die erst gemeinsam ein erkennbares Motiv erzeugten, etwa ein Mädchen in einer Blumenwiese oder den Sänger selbst, quasi verdoppelt), doch sie tanzten nur einen Sommer lang, den von 1993. Unverständlicherweise ließ sie das ZDF kein zweites Mal ran. Lambert muß heute auf CDU-Parteitagen orgeln, und Babette Einstmann quält unverdrossen arglose ZDF-Zuschauer.

Die wirklich tragische Figur in den Reihen des ZDF aber heißt Johannes B. Kerner. Einst sollte er die große Mainzer Unterhaltungs-Offensive tragen und hatte sich auch schon sooo ein hübsches Vertrags-Päckchen geschnürt: eine wöchentliche Personality-Show, eine Prime-Time-Familien-Show, die Menschen-Sendung am Jahresende, das Aktuelle Sport-Studio – und sozusagen als „Kirsche“ obendrauf und gerade noch rechtzeitig zur Fußball-WM! – das Kommentieren von Länderspielen auch und gerade mit deutscher Beteiligung!

Doch ausgerechnet Johannes B. Kerner unterlief ein Fehler, der selbst Laien im Mediengeschäft immer noch passiert: er übersah das Kleingedruckte! Als er dessen gewahr wurde, war es längst zu spät, und er weinte bitterlich. Denn da stand, daß es ihm strengstens verboten sei, als Kommentator irgendetwas Sachkundiges zu Taktik und Spielführung zu sagen, selbst in spielentscheidenden Situationen sei ihm jegliche Information des Publikums untersagt. Aber Johannes B. Kerner ist Profi genug, er weiß um seine Verantwortung den Zuschauern gegenüber und behilft sich und uns so gut es geht mit seinen zwangsläufig beschränkten Mitteln und trickst das ZDF förmlich aus. Keine Frage, er hält sich an die Vorschriften, aber er tut auch das, was ihm nicht verboten ist: er weist zu Beginn der ersten Halbzeit auf die imposante Stadion-Atmosphäre hin und nennt in den verbleibenden 88 Minuten fortwährend die Namen der Spieler sowie diverse Satzzeichen (Komma, Fragezeichen etc.). Gerettet!

Jaja, das ZDF. Vor einigen Wochen erschrak mancher ob der Meldung, Nachrichten-Schneewittchen Brigitte Bastgen müßte den Stuhl der 19 Uhr-Hauptsendung zwecks Programm-Verjüngung freimachen – doch jetzt gibt´s Entwarnung: für sie kommt bloß Petra „Mona Lisa“ Gerster (43). Im ZDF ticken die Uhren nunmal anders… A propos ZDF-Nachrichten: das gäb´s in der ARD nicht, daß Nachrichtensprecherinnen in Ausübung ihres Jobs, also beim Ablesen, einen Kuli (was täte ich ohne die Schräg-Setz-Funktion meines Computers?!!) zwischen den Fingern der rechten Hand halten. Was hat das zu bedeuten? Versuchen sie etwa vergeblich, ihre Betonungs- und Sprechpausen-Markierungen auf die Schreibe des Teleprompters zu kritzeln? Oder „operiert“ das ZDF in der Tat noch mit gedruckten Meldungen? Falls ja, spricht das dann für oder gegen das ZDF? Und wenn, sind die Meldungen vielleicht nur als Lückentexte formuliert und von den Sprecherinnen vorher selbst zu ergänzen? Oder müssen sie die einzelnen Meldungen mit römischen Ziffern durchnumerieren? Fragen über Fragen.

Gut möglich, daß mein heiliger Zorn auf das ZDF auch wieder verraucht, wenn Ralf Morgenstern und seine Damen wieder ihren Kaffeeklatsch zelebrieren, dann hab ich auch gar keine Zeit mehr, miese Kolumnen zu schreiben!

Wahre Philosophen – und dies der Clou, auf den ich die ganze Zeit hin will – findet man zweifellos nur in der ARD – entweder ganz spät oder ganz früh. Hier zwei Zitate aus den letzten Wochen:

Der Mensch, was macht ihn aus, wo kommt er her? Zuwenig für einen Gott, zuviel für´s Ungefähr
(Katharina Wolkenhauer (sic!) im „Nachtmagazin) und

Mit Geduld und Spucke fängt man eine Mucke
(Sven Kuntze im „Morgenmagazin“).

Auf allen Kanälen jedoch treff ich zur Zeit immer wieder auf Moderatoren, die sich fragen, wie jetzt wohl die Frauen die Zeit der WM überstehen. Nachdem Sozialwissenschaftler und Journalisten ja gerade erst mit 100jähriger Verspätung (rechnet man die Blues- und Jazz-Mammies mal dazu) bemerkt haben, daß auch Frauen Rockmusik machen, dürfte es wohl noch etwas dauern, bis sich auch weibliche Fußball-Kompetenz rumspricht. Welch irrwitzige Blüten solche Ignoranz tragen kann, zeigt die Reaktion des Pariser „Lido“, wo während der WM die „California Dream Men“ auf der Bühne stehen und for women only zum halben Preis posen. Da frag ich mich doch: welche Frau ist so bescheuert, in Men-Strip-Shows zu rennen, wenn im Fernsehen sowieso den ganzen Tag lang knackige, luftig bekleidete Männer einem Ball nachrennen. (Die französische Frau?) Aua Aua!

Ein kräftiges „Aua Aua!“ auch an Herrn Hauser: wenn nur genügend Leute ihr Kreuzchen an der „falschen“ Stelle machen, braucht Ihr CDU-„Politiker“ (was täte ich ohne die In-Anführungszeichen-Stell-Funktion meines Computers?!!) Euch ohnehin nicht mehr den Kopf zu zerbrechen, wem Ihr welche Gelder streicht. Logisch, oder?!?

Ein Thema, das weh tut: der Musikgeschmack (mir mag das Wort „Geschmack“ in diesem Zusammenhang kaum über die Tasten gehen) deutscher Nationalkicker. Ans Licht kam alles durch den originellen Einfall des ZDF (sic!), eine Jukebox mit den Favoriten der Fußballer zu bestücken und diese zu den Besuchen der Treter im ZDF-WM-Studio jeweils abzurufen und mit einem Filmchen aus prägnanten Szenen des jeweiligen Sportlers (mir gehen langsam die Synonyme aus!) zu kombinieren. Einige Male stand mir das Grauen ins Gesicht geschrieben, und meine Trommelfelle versuchten sich spontan selbst zu vernichten ob des üblen Mainstream-Breis, der ihre zarten Membrane nicht benetzte, sondern tränkte. Steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein, und jetzt ist das Thema eben reif für eine Kolumne. Selbst schuld!

Na gut, von Mathias Sammer weiß man ja schon lange, daß er am liebsten Volksmusik hört. Und wie er das so offen und ungerührt verkündet, ist er fast schon wieder cool. Zumindest hat der Mann Profil, etwas, woran man sich reiben kann, Ecken und Kanten (jetzt: fast schon zuviel Synonyme!) – im Gegensatz zu seinen Mannschaftskameraden, die durch die Bank diese krampfhaft integrierende Gigantomanie der Mittelmäßigkeit pflegen, mit der man einfach nichts falsch machen kann. (Denken sie!) Ich schrecke den Leser hier mal nur durch die bloße Nennung einiger Titel (Sound-Bites wären an dieser Stelle völlig unangebracht): Olaf Thon z. B. wünschte sich Westernhagen („Sexy“), Jürgen Kohler hingegen Janet Jackson („Together again“ oder so ähnlich), ich glaub, Mathäus und Lehmann wählten beide Eros Ramazotti und irgendjemand wollte „Alané“ von Wes. Ich hab mir das nicht immer gemerkt, weil ich ja nicht wissen konnte, daß das mal kolumnenrelevant sein würde, denn das wurde es erst, als der noch berühmtere Tropfen als der auf dem heißen Stein und dem, der den Stein stetig höhlt, das Faß zum Überlaufen brachte: als der Bundestrainer erzählte, daß er sozusagen „on tour“ einfach einen eigenen Raum bräuche, wo er sich zurückziehen und seine Stereoanlage aufdrehen könne, woran er gleich ungefragt anfügte, daß er bevorzugt Musicals höre und Michael Steinbrecher rückfragte, ob er noch immer das „Phantom der Oper“ bevorzuge, was Vogts lächelnd bejahte. Da darf man sich nicht wundern, wenn Pur Glückwunschtelegramme schicken! (Wohl aber darüber, wozu Pur eigentlich beglückwünschen?!?)

Ich will jetzt nicht von dieser offenbar nicht auszurottenden Prollness, von Vokuhila-Haarschnitten und ähnlichem anfangen, aber es scheint doch was dran zu sein. Okay, ich kann mir, sagen wir mal, Markus Babbel und Ulf Kirsten nun wirklich nicht in den Rollen diverser Hinter-Net!-Koryphäen beim Fachsimpeln vorstellen (Babbel: „Selten hab ich eine Platte gehört, die so als Einheit wirkt. Das ganze ist immer mehr als die Summe seiner Teile.“, Kirsten: „Ja, aber die phatten Gitarren sollten doch mehr im Hintergrund stehen und der der Beat dafür mehr vorne.“), sehr gern aber würde ich einmal die Hinter-Net!-Koryphäen beim Fußballspielen sehen, in luftiger Bekleidung natürlich…