Beangrowers: Beangrowers

Dass sie aus Malta kommen, kann das junge Trio schon nicht mehr hören. Den Exotenbonus sind sie leid… – und haben sich parallel dazu größte Mühe gegeben, alles Exotische, Originäre aus ihrer Musik zu verbannen. So es denn je drin gewesen sei. Elektronischer ist sie geworden, ihre Musik. Manch schriller, verzerrter Ton fungiert als Accessoire. Spacig klang sie allerdings auch schon auf dem Debüt „48k“. Rasant, schrammelig und mit viel Geblubber gaben die „Beangrowers“ vor zwei Jahren ihren Einstand, produziert von Knöpfchen-Größe Gareth Jones. Diesmal saß Teo Miller hinter den Reglern, aber musikalisch hat allem wenig bewegt.

Weiterlesen

VA: Walter Ruttmann Weekend Remix

Maschinengeräusche, Sirenengeheul, Fliegersurren, Klavierakkorde, Kinderstimmen, die den Erlkönig pauken, ein Gesangsverein, ein pfeifender Flaneur, ein verärgerter Telefonbenutzer, Kirchengeläut, Autohupen… Was der Filmemacher und Medienkünstler Walter Ruttmann (1887-1941) da am 13. Juni 1930 im Radio präsentierte, war die Auslese eines Wochenendstreifzugs durch Berlin. „Weekend“ nannte er seine Geräusch-Collage, seinerzeit eine Pioniertat.

Weiterlesen

16 Horsepower: Splinters/Nobody ´cept you

Das „Glitterhouse“-Label ist die deutsche Bastion des Neo-Country. Und die Südstaaten-Amerikaner 16 Horsepower gehören zu den stärksten Pferden im Glitterhouse-Stall. Düster, kraftvoll, mystisch und rootsy. Atmosphärisch, wuchtig und wie immer mit viel Pathos brechen sich ihre Balladen Bahn. Ingredienzien: krachende E-Gitarren (nach einem eher transparenten Einstieg in „Splinters“), Synthie-Schwaden, Chorgesang – und eine ziemlich dünne Stimme des Vorsängers.

Die zweite-Seite „Nobody ´cept you“ (ein Dylan-Cover) stimmt freundlicher. Weder muss der Sänger gegen wagnerianische Klangwände ansingen, noch wird die bedeutungsschwanger raunende Instrumentierung mit Metal-Gitarren zugekleistert. Nein, der Sound bleibt trotz der funkelnden Gitarren und des vielen Halls spröde wie der Gesang – und eins fügt sich wunderbar ins andere. Als Draufgabe gibt´s eine rüde Live-Version von „American Wheeze“ und das southernd-rockige, wüsten-gewürzte, spartanisch beginnende „De-Railed“ des verstorbenen Rainer Ptacek.

16 Horsepower: Splinters/Nobody ´cept you
(Glitterhouse GRCD 525)

Ladomat 100

Ladomat wird hundert. Zumindest in Longplay-Veröffentlichungen gerechnet. Es gibt also was zu feiern. Und zwar mit einer Doppel-CD voll exklusivem Material (fast) aller Label-Acts. Console, Erobique, Turner, Commercial Breakup, Sensorama, Netto Houz, Grom, Arj Snoek, Hans Nieswandt, Egoexpress und Arne Zank – um nur einige zu nennen. Und wenn der Begriff „Hamburger Schule“ je Sinn macht, dann um das Geflecht sich überschneidender und befreundeter Projekte einer ganz bestimmten Hamburger Szene zu benennen: auch unter den Ladomat-Künstlern finden sich Mitglieder von Stella, Tocotronic, zeitweilige Untermieter von Tocotronic-Mitgliedern und Ex-Whirlpool-Productions-Leute, zum Teil in fröhlichen Ko-Allianzen.

Weiterlesen

Ringsgwandl – Gache Wurzn

Ringsgwandl? Der telegene Kauz mit dem Sprachfehler? Quatsch. Chuck Berrys „C´est la vie“ als eingedeutschter Opener stellt klar: That´s Rock´n´Roll. Und das Kauderwelsch ist Bayerisch. Komma nix moachn. Warum auch? Wertkonservativ und rustikal, wie man´s in Bayern nunmal mag, pflegt man dort auch den akustischen Schrammelrock alter Schule. Und zwar so beseelt, wie vielleicht nichtmal in Hamburg, London, Tennessee.

Weiterlesen

Brave Captain: Go with yourself

Wer in den neunziger Jahren ein Freund guter Popmusik war, der erinnert sich bestimmt noch an die Boo Radleys. Zehn Jahre bereicherten sie vor allem die britischen Charts – größter Hit: „Wake up, Boo“. Vor zwei Jahren war dann Schluß mit lustig. Die Band löste sich auf, aber der schottische Vorsteher der Liverpooler macht weiter. Hinter dem Namen „Brave Captain“ verbirgt sich niemand anderes als Martin Carr.

Weiterlesen

Helgoland: Media Music EP

Storage ist das Label mit der Erdbeere. Auch wenn eine Schraube als Logo passender wäre. Oder vielleicht eine Diskette, wahlweise ein Kabel oder eine Steckdose. Denn Storage bringt vorzugsweise Elektronik unters Land. Allerdings kein Techno, Dancefloor oder Trance, sondern schwer verkäufliche Avantgarde. Trotzdem: poppig, bunt und munter klingt der überwiegende Teil des Sortiments – Storage macht die Welt ein Stückchen fröhlicher. Und die Rezensentin gleich mit. Grund genug, dem Label an dieser Stelle einmal noch vor dem zu rezensierenden Interpreten Tribut zu zollen…

Weiterlesen

Land of the Kantrie Giants

In der Reihe der xxs-Kantrie-Compilations ist dies schon die zweite Folge. Die erste ist seit drei Jahren vergriffen. Man lasse das Faktum mal einen Moment für sich sprechen…

… und fahre dann fort, die Bedeutung von xxs für deutschen „Kantrie“ zu erläutern. xxs gründeten sich einst, um die Musik einer Band zu veröffentlichen, die den hiesigen Neo-Country endgültig etablieren sollte: Fink. Mittlerweile ist die Gruppe zu L’age d’or gewechselt und hat den Country über den Umweg des Chanson verlassen, um heute düster-folkigen Roots-Rock zu spielen.

Weiterlesen

Maya Singh: Maya Singh

Hübsche Stimme, nette Songs, raffinierte Pop-Produktion – und es swingt! Trotzdem: nicht Fisch, nicht Fleisch, sondern irgendwo zwischen Schlager, NDW und Dancefloor. Für´s junge Publikum zu „adult“, also mit richtig komplexen Elektronik-Arrangements und anspruchsvollen, manchmal poetischen Texten – für´s erwachsene Publikum zu mädchenhaft, zu viel Micky Maus und zu viel Disco. Also zu zeitgemäß.

Weiterlesen

Medeski Martin and Wood: The Dropper

Blue Note ist mehr als ein Weltklasse-Jazzlabel: Blue Note ist eine sichere Bank für guten Geschmack. Und wenn Blue Note ein Album mit wilden, experimentellen Jazz-Improvisationen veröffentlicht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch Rock-Fans ihre Freude dran haben.

Geradezu infernalisch ist das Getöse, dass aus „The Dropping“ herausquillt. Im Innern zwar feingliedrig und verschachtelt – und natürlich gänzlich ohne Songstrukturen -, aber rauh in der Schale und feucht-dampfend im Sound. Das Wichtigste ergibt sich erst im Resultat: der unvergleichliche Groove! Er ist es, der „The Dropper“ so herausragend macht. Nur vereinzelt lugt mal ein Melodiesprengsel hervor, wie vom Broadway her versehentlich durchs offene Fenster geweht. Einzig „Note Blue“ fällt aus dem Rahmen: ein locker swingender, eingängiger Take mit viel Orgel – vielleicht eine Hommage ans Label, eine Verbeugung quasi vor den mittlerweile traditionalisierten, einst aber ungewohnten, modernen Klängen des Hauses.

Weiterlesen

Le Hammond Inferno: My first political dance album


Political Dance Album? Das hat man so ähnlich schon mal gehört: Tanz den Mussolini… Entsprechend monoton und gnadelos geht´s auch bei Le Hammond Inferno los, als sei der Name nicht schon Warnung genug. Das Album (gemastert von Alex Gopher) startet mit einer Liste der zu bombardierenden Indie-Labels (das eigene, „Bungalow“, ist übrigens auch darunter), vervollständigt durch das nachfolgende „Move your MP3“. Die Elektronik-Anarchos machen einen auf dicke Lippe und harte Schale. Kaum aber sind die Verhältnisse geklärt, blitzen die ersten weichen Töne durch. Schon „An apple a day“ (der Anti-Microsoft-Song) kombiniert fetten Big Beat mit sexy Disco-Gitarren, und „C.K.-T-Shirts“ ist purer Lounge mit Jazz-Bläsern: gerade richtig für´s Familien-Picknick am Wochenende…

Weiterlesen

Unicycleman: Arabian Aerobic


Arabian Aerobic? Erinnert fatal an einen Hit der frühen 80er: „Tokio Twist“ – irgendso´n Produzenten-Produkt, Synthie-Pop aus der Retorte, aber leider mit mehr Substanz als die Maxi der Leipziger Elektroniker. Schematisch und hölzern pluckert es dort vor sich hin, versehen mit Robo-Vocals vom Musikalien-Ramsch. Winterschlußverkauf bei Kraftwerk… Hooks und Grooves gab´s da wohl nicht.

Unicycleman: Arabian Aerobic
(What´s so funny about, SF 167)

Infamis: Alte Nacht

Vorweg ein Kompliment an den Fotographen: dreimal dieselbe Straßenecke, nur mit unterschiedlichem Licht. Vorn sieht´s aus wie Amerika, in der Mitte wie die Reeperbahn, und hinten wie Blackpool!

Und dann an die Adresse der Band: Respekt! „Alte Nacht“ kann sich hören lassen. Falls dies abwertend klingt, gilt es zu erklären: die Schuhe, die sich „Infamis“ anziehen, sind riesig. Es sind die des großen Johhny Cash. Dass die Band damit nicht baden geht, zumal mit deutschen Texten, ist die wahre Leistung. Aber der Vergleich relativiert natürlich. Nach oben wie nach unten…

Weiterlesen

Saga: House of Cards

Diese Stakkato-Läufe auf der Gitarre – knarrzig und ölig zugleich, flächige Synthie-Untermalung, monumentale Hardrock-Riffs, dramatische Songs und hysterischer Gesang: unverkennbar Saga. Im 22. Jahr spielen die Kanadier (wieder) in Originalbesetzung – und im Originalsound, 80er-Jahre pur! Hochmelodisch, wuchtig und tänzelnd in einem, rocken die aktuellen Saga, und das anachronistische Gewand ihrer Musik ist das einzige, was man an „House of Cards“ kritisieren könnte. Aber warum? Modisch war das Quintett noch nie, eher solide – warum sollte es 2001 damit anfangen?

Weiterlesen

The Free Design: Cosmic Peekaboo

Eigentlich unglaublich: da klopft das deutsche Filigran-Pop-Label „Marina“ mal auf Verdacht bei der längst aufgelösten New Yorker Sixties-Kapelle The Free Design (1967-1973) an, ob die Herren-Damen nicht einen Song zu einem Brian Wilson-Tribute Album beisteuern wollen – und wenn die Band anschließend womöglich mal wieder ein Album einzuspielen gedächte, würde man sich bei Marina im übrigen freuen, es zu veröffentlichen. Fragen kostet schließlich nichts… et voilà! Auf „Cosmic Peekaboo“ präsentiert sich das Quartett nahezu in Originalbesetzung.

Weiterlesen