Konzerte des Jahres 2008
1 Massive Attack
2 Elbow
3 Cat Power
4 Santogold
5 Kula Shaker
6 Deus
7 U.N.K.L.E.
8 Midnight Juggernauts
9 The Verve
10 R.E.M.
Autor: Peter Meyer
The Shins: Wincing The Night Away
„Sea Legs“, verehrter Leser, hochgeehrte Leserin, ist ein Übersong!
Wer -wie ich- obsessiver Perlentaucher in der allzu oft allzu stillen See des gefühligen Indiepops ist, der wird auf „Wincing The Night Away“ durchaus fündig. Er darf nach schon sehr kurzem Tauchgang verzückt den Opener „Sleeping Lessons“ aufsammeln, er darf die erste Single des dritten Albums der Shins, „Phantom Limb“ behutsam in seinen Hüftbeutel tun, er darf am naiv-schönen „Red Rabbits“ nicht vorbei schweben, er greift bei „Turn On Me“ ebenso lustvoll zu wie bei der Indie-Akustikballade „A Comet Appears“ oder bei „Black Wave“, „Split Needles“ und „Girl Sailor“. Überhaupt hat das Album nur zwei Perlen, die dem hohen „Best Of“-Anspruch des erfahrenen Indiepopperlentauchers nicht ganz genügen: „Australia“ und „Pam Berry“ sind dennoch zwei Songs, die ein Stück über dem Durchschnitt liegen und daher weit weg von „unhörbar“ sind.
Guesh Patti: Dernières Nouvelles
Uiuiui! Das ist starker Tobak. Die Leichtigkeit und Frechheit eines „Etienne“ oder Let be must the queen“ ist völlig dahin, Frau Patti übt sich wo nicht in Pathos, großer Geste und großem (unheilsschwangerem) Gefühl da in komplizierten, jazzesken, sperrigen Stücken, die mit klugem Pop oder mit französischem Chanson so wenig zu tun haben wie Champagner aus dem Hause Taittinger mit Rotkäppchen-Sekt. Frau Patti gibt sich extravagant und hält sich dabei streckenweise anstrengendes Genöhle ab. Bisweilen lässt sie sich gar orchestral segnen, langatmig und kontrabassbetont, ohne dabei wirkliche Weihen zu erhalten.
WeiterlesenJacknife Lee: Punk Rock High Roller
Am einfachsten ist es für den potenziellen Hörer, der gerade den Kauf von „Punk Rock High Roller“ erwägt, sich die Musik bei einer Party in einem Woody Allen-Streifen vorzustellen. Das trifft ungefähr das Bild, das der verrückte DJ und ehemalige Compulsion-Songwriter akustisch zu entwerfen versucht.
WeiterlesenElwood: The Parlance Of Our Time
Harmonie! Vom ersten Song (genial-relaxtes, ohrschmiegsames „Sundown“-Gordon Lightfood-Cover) bis zum letzten Song stressfreie Zone! Prince Elwood Stickland III aus North Carolina liebt die Besinnlichkeit. Entsprechend inszeniert er sie mit leisen Bläsersätzen, anschmiegsamen Gesangsparts und hitverdächtigen Refrains.
The Stranglers: Live
Sympathische Stimme, flotte Stakkato-Drums, nervöse, spinetteske Keyboardpassagen, sanfte Riffs und schmissige Hooks, die ohne große Probleme reingehen. So lässt sich seit 25 Jahren unverändert die Musik der Stranglers beschreiben. 14 reguläre Studioalben Alben, einige Best Of- und Live-Alben später haben die Würger aus der Urpunk-Zeit ihre Ratte noch einmal über ein CD-Livecover krabbeln lassen.
WeiterlesenElektro Nord: Hauptgewinn
Rammstein – wir können es vorweg nehmen, auch wenn die Bandmitglieder jetzt protestierend und doch wissend den Zeigefinger anheben wollen – Rammstein oder vielmehr die Anleihen bei der erfolgreichen deutschen Brutalo-Band für einige Stücke von „Hauptgewinn“ (am deutlichsten bei der Single-Auskoppelung „HimmelHölle“) soll wohl den Erfolg bringen. Und das ist schade!
WeiterlesenTed Milton/Loopspool: Sublime
Die Jahre haben ihn ein wenig ruhiger gemacht, den guten, alten Milton. Früher fegte er als Blurt-Herz derwischartig mit seinem kranken Saxophon über die Bühne und hieb uns Töne um die Ohren, die unsere Ohrenärzte jubeln ließen. Heute hingegen: gedubte Einsamkeit. Klingt wie ein elektronisches Tagebuch eines gealterten Musikrevoluzzers. Anleihen aus allen elektronischen Musikarten sind verarbeitet, was wohl den Einfluß von Loopspool dokumentiert. Die CD ist streckenweise wirklich hörenswert. Bisweilen klingt sie vorsichtig verspielt wie Stücke von den Legendary Pink Dots, wie überhaupt Edward Ka-Spel und Ted Milton irgendwie viel gemein haben, bisweilen klingt sie wie die elektronische „Songs for Drella“ („You´ve Seen The World“/ „I´ve Stolen All Of Your Being“) – ausgezeichnete spoken word-Stücke!
Giant Robot: Crushing You With Style
„Erzähle es weiter: Giant Robot sind eines der interessantesten Ereignisse dieses Jahrzehnts. Das ist Tatsache“, meinte Monsieur Laurent Garnier zu Giant Robot. Das Wort „interessant“ beschreibt die Aktivitäten der Band punktgenau-ungenau! Denn das ist eine der CDs, die Du selbst nach dem siebten Hören nicht gerne rezensierst. Nicht etwa, weil sie schlecht wäre. Im Gegenteil! Nein, weil sie so schwer zu greifen ist.
WeiterlesenDismay: In Doubt
Ein amerikanisches Quintett aus Connecticut! Die achttausendsiebenhundertvierundvierzigste „Ich-schrei-dich-an-und-erwarte-Verständnis“-Band aus den Staaten. Roher Metalcore. Nicht besser und nicht schlechter als all die anderen Metalcore-Bands. Ich vermag da kaum noch zu unterscheiden.
WeiterlesenBabylon Zoo: The Boy With The X-Ray Eyes
„Spaceman“ hat uns ganz schön die Ohren abgeknabbert. Und nicht zu unrecht. Babylon Zoo, der Vierer aus GB hat Geschick bewiesen. Er hat mit einem gordischen Knoten Brit-Pop-Elemente, die ungezügelte Gitarren-von-der-Leine-Art der Smashing Pumpkins und das ganze Cyber-Gehabe der Post-Generation-X mit ihrem Hang zu Lynch, Science Fiction, Pulp Fiction und Natural Born Killers verknüpft zu einem kräftigen Sound.
WeiterlesenPhillip Boa & The Voodooclub: She
Mal ehrlich: Stinkt er uns allen nicht spätestens seit „Hair“, der Phil „Avantgarde“ Boa? Da hat er zwei wirklich innovative und geniale Alben aufgenommen („Aristocracie“ und „Copperfield“; der ersten, „Phillister“, fehlte noch der letzte Schuß Reife), um danach die gerade hippen Stilarten, verbunden mit dem boaschen Getrashe, Album für Album totzureiten. Das ging so bis „God“. Jetzt scheint Boa die Bremse gezogen zu haben.
WeiterlesenPavement – Give it a day
Unschlagbare Polter-Pop-Single. Pavement schrauben -wie immer- alles zurück. Der ganze technische Kram ist vollkommen unnützt, solange die Gitarre so schön schräg zoppelt, das Schlagzeug so verrückt poltert, der Bass so krass wabbert.
WeiterlesenStereolab – Cybele´s Reverie
Hoffentlich führen die Briten nicht wieder die Todesstrafe ein, wo doch Stereolab aus London ausgerechnet auf Französisch singen müssen. That´s shocking! Aber schön! Ziemlicher Durcheinander-Pop, bei dem sich Tambourines, Gitarren, Synthesiser und Vibes ständig gegenseitig zwischen den Beinen rumhampeln. Dadurch entsteht eine gewisse naive Unordnung, die nur von einer hellen Frauenstimme (erinnert fast an die singende Monaco-Monarchin) einigermaßen Richtung Hörer überbrückt wird. Vier-Track-CD mit Charakter.
The Flaming Lips – This Here Giraffe
The Flaming Lips ist eine der wenigen Achtziger-Bands, die ihren polternden, unkonventionellen, unorthodoxen Lärm-Rock´n´Roll mit dem Garagen-Charme hinüber retten konnten in das Zeitalter des Trash-/Metal-/Crossover-/Hardcore-Gemansche und das mit zunehmendem Erfolg auch beim jüngeren Publikum. Verändert hat sich in den vergangenen 15 (?) Jahren nichts. Auch diese limitierte CD mit drei Songs, von denen zwei bei einer Peel Session (November 1992) aufgenommen wurden, scheppert und quietscht sich durch alle Tonlagen.
Titelsong „This Here Giraffe“ (äh, das hier Giraffe?) poltert auch auf der „Clouds Taste Metallic“-CD. The Flaming Lips klingen immer noch wie Kinder, die sich einen Joint reingezogen haben und dann die wunderbare Welt von Gitarre, Bass, Schlagzeug und auch Piano („Life On Mars“) entdecken. Man kann förmlich die staunenden Augen raushören (das schiefe Bild ist gewollt, man!) !
Hotel Hunger: Mars Needs Guitars
Ein Fünfer aus Dänemark entdeckt straighten Gitarrenrock mit starken WahWah-Elementen. Was dabei raus kommt, ist ein nie schlechter, aber auch nie besonders bemerkenswerter Zack-Zack-Geradeaus-Rock mit Verdacht auf Machismo (Kostprobe: „I´m A Dickhead, I´m Losing Control…“ undsoweiter). Klare Melodien, getragen von den Vocals.
Hotel Hunger: Mars Needs Guitars
(Medley/EMI)
Lush: Lovelife
Lush haben sich entwickelt. Sicherlich in die hippe Richtung, aber das nicht schlecht. Der typische 4 AD-Sound ist gegessen, es vibriert nicht mehr alles vor heiliger Berührtheit, wenn Miki Berenyi singt. Es senkt nicht mehr alles ehrerbietig den Kopf, wenn Miki und Emma Anderson in die Gitarren greifen. Das ganze unfaßbar-sphärische macht greifbar-weltlichem Platz.
WeiterlesenRainbirds: Making Memory
Was machen eigentlich die Rainbirds? Sieben Jahre lang hat man sich die Frage nach dem Verbleib dieser erfrischend guten deutschen Pop-Band gestellt, mußte registrieren, daß Rodriguez sich zwischendurch bei den Ärzten Millionen erbasst hat, daß die Franck sich mit irgendwelchen Nebenprojekten (mit Keyboarderin Ulrike Haage) die Zeit kurz machte.
WeiterlesenThe Dreamside: Apaika
Ich behaupte, 4 AD hat Mitte der Achtziger mit den Cocteau Twins, Dead Can Dance und anderen (höre „Lonely As An Eyesore“-Sampler) alles mystisch-sphärische abgedeckt. Wahrscheinlich haben diese Vorreiter die seit etwa drei Jahren schwappende Welle der „New Romantic“-Bands ausgelöst. Immer wieder werden mittelalterliche Weisen mit Keyboardteppichen unterlegt, immer wieder wird die Stimmung zwischen Pest und drohender Apokalypse auf der einen und unstillbarer Lebensfreude auf der anderen Seite beschwört. Dazu tritt regelmäßig der „Reine-Jungfrauen-Gesang“.
Dubstar: Disgraceful
Ansprechender Bandname, angenehm klingender Album-Titel, zeitgeistiges Cover (rosa Gummivagina mit Plüschverkleidung auf blauem Grund). Das ganze Konzept ist auf erfolgreiche Popband getrimmt. Eine zwitschernde Frauenstimme malt Melodien in den blauen Himmel. Die Welt ist voller Schmetterlinge – und seichten Computerprogrammings mit Schwangerbauchgitarrenklängen.
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