Bin wieder da. Und weil ich seit Tagen nichts anderes mach, als über die Stadt der Städte zu reden, will ich diesen Zwangs-Output doch gleich mal für mein „Nähkästchen“ nutzen. „Die Leser erwarten das“, meinte mein Chefredakteur, „denn: wenn einer eine Reise tut…“. Da ist was dran.
Ja nun, mein New York-Trip begann eigentlich schon am Abend vorher, als ich mit einer selbsterstellten Liste sehenswerter Dinge vor einem NYC-Stadtplan saß und mir das Hirn zermarterte, wie ich meine viereinhalb Tage wohl am rationellsten nutzen könnte und dabei alles unter einen Hut krieg. Kurz bevor diese Überlegungen in einen autoaggressiven Anfall ausarteten, brach ich die Aktion resigniert ab. War auch besser so. Man muß einfach drauflos rennen, am besten mit einem gesunden NYC-Basiswissen, dann wird das schon. Laut einem meiner ca. 20 Reiseführer nehmen sich die meisten New York-Touris immer vor, beim nächsten Mal auch die übrigen Boroughs zu besuchen, aber dann wirds doch jedesmal wieder nur Manhattan. Kann ich verstehen, würd bei mir kaum anders laufen. Grad hab ich meine Liste mal rückblickend ausgewertet und festgestellt, daß ich doch 20 von 31 Punkten abhaken kann, manche sogar zweimal, denn ich war wiederholt vor dem Dakota Building (John Lennon RIP…, Yoko Ono wohnt da heute noch, Leonard Bernstein, Judy Garland, Roberta Flack und Lauren Bacall hatten oder haben dort ein Domizil), das so heißt, weil es zum Zeitpunkt des Baus vor über hundert Jahren so weit ab vom Schuß lag, daß die New Yorkeens meinten, es könne genausogut in Dakota liegen, und auf dem Empire State Building war ich auch doppelt: einmal tagsüber und einmal abends.
Tja, was soll ich sagen, also: New York – oder besser gesagt Manhattan- ist ein einziger „Craze“, der totale Wahnsinn eben. Metropolis, Gotham City oder wie immer man es nennen will, eine Stadt der Superlative, deren Einwohner keine öffentlichen Aschenbecher brauchen, weil immer genügend Touris mit zurückgelegtem Kopf und sperrangelweit aufgesperrtem Mund durch die Streets (quer) und die Avenues (längs) rennen und die Wolkenkratzer bestaunen. Darauf sollte man als Touri auch keinesfalls verzichten, selbst wenn alle Reiseführer davon abraten, sich als Reisender zu erkennen zu geben. Was soll man denn sonst machen? Mit gesenktem Kopf durch Manhattan schleichen? So ein Blödsinn.
Übrigens ist mir was ganz Seltsames passiert während meines Trips. Dazu muß ich ein bißchen ausholen: Zahlreiche Künstler, das kennt man ja, kommen irgendwann an einen Punkt, wo ihnen nichts mehr einfällt. Dann steht weder im Kamasutra noch im „Reclam-Führer für Frauennamen“ noch ein Wort, das sie noch nicht vertont, dem sie noch kein Werk gewidmet oder nach dem sie noch keine Gitarre benannt haben. In diesem Moment kommt der Künstler erstmals auf die Idee, die Atelier-Tür zu öffnen, blickt erstaunt in die aufgehende Sonne („Huch, gibts die auch noch?“), reibt sich die roten Äuglein und wagt vorsichtig ein paar Schritte. Meist enden derartige Expeditionen am nächsten Kiosk oder am Wagen der Aids-Hilfe, wo´s kostenlos frische Spritzen gibt, doch einige wenige schaffen es auch bis in die Stadt und wieder zurück ins Studio, wo sie ihre neugewonnenen Eindrücke sogleich verarbeiten. Saarbrücker Künstler nennen ihre Schöpfungen dann gern „Wilhelm Heinrich Brücke“, „Auf der Mainzerstraße“ oder „Gedränge in der Saargalerie“. Das verkauft sich nicht sooo gut. Musisch begabte Künstler der amerikanischen Ostküste nennen ihre Werke dagegen „New York, New York“, „On Broadway“ oder „Skating in Central Park“. Das verkauft sich schon besser. Auch hierzulande. Und so kommt es, daß eine junge, saarländische New York-Touristin an jedem Plätzchen in Manhattan promt die entsprechende Melodie im Kopf hat, ganz automatisch und ohne das irgendwie geplant zu haben. Verrückt, oder? Aber wahr. Wahr ist auch, daß in Downton Manhattan immer irgendwer Sinatras Evergreen auf den Lippen hat, ob gesummt oder gepfiffen. Das hört man in jeder Straße und an jeder Ecke. Und nicht etwa aus aus der „Dose“ oder von diversen Tonträgern, nein: richtig live und menschelnd!
Ende Oktober ist ganz New York natürlich im Halloween-Fieber, in den Geschäften sieht´s aus wie bei uns an Fastnacht hoch drei: da gibt es nichts, was es nicht gibt. Kostüme von Ghost bis Zombie, Peanuts-Masken und auch solche von amerikanischen Präsidenten, interessanterweise allerdings nur von Nixon und Clinton (!), und Clinton gibts sogar in zwei Ausführungen: einmal seriös und einmal als „Wild Clinton“ mit anzüglich im Mundwinkel positionierter Zunge… Ich hab mir nur einen kleinen Donald-Schnabel zum Aufsetzen gekauft, ist allerdings vielleicht doch ein bißchen extravagant für Saarbrückens Flaniermeilen. Mein Bruder hat ihn auch mal aufprobiert, und ihm stand er viel besser als mir, also durfte er ihn behalten.
Auch allerhand Schnickschnack gibts in diesen „Halloween Megastores“, jede Menge Snacks in Kürbisform, Totenkopfrasseln, abgehackte Gummihände und eine lebensgroße Plastikratte, die inmitten einer glitzernden Blutlache in einer Mausefalle eingeklemmt liegt, zuckt und röchelt. Batteriebetrieben für $ 30.
Das mit dem Shoppen hat bei mir allerdings noch nicht so geklappt, was äußerst verwunderlich ist, denn schließlich kann ich auf reichlich Erfahrung zurückblicken, bin sozusagen seit über 20 Jahren „im Geschäft“! Aber ich hab weder schräge Deko-Stücke noch billige CDs gefunden (nein, ich hatte sogar zunächst Mühe, überhaupt Record-Stores zu finden), da muß ich mich auf meinem nächsten Besuch besser vorbereiten. Vielleicht kann mich vorher jemand abhören. Nichtsdestotrotz, mein Geld bin ich losgeworden. Hätt Euch auch gewundert, liebe Leser, wenn nicht, gell?!! Zu meinem Glück gab es in Manhattan nämlich zwei Disney- und ein Warner Brothers-Store: die haben jetzt ein paar Devisen mehr und dafür ein paar Puppen weniger (um genau zu sein: einen Donald, eine Daisy, eine Mickey Maus als Freiheitsstatue, eine Superman, einen Batman und ein Wonder Woman), außerdem noch ein paar Quietschfiguren, einige Fingerpüppchen und eine Mickey-Lichterkette. Man kann sich vorstellen, wie´s bei mir zuhause aussieht. Babe in Toyland… Ach ja, ich hab auch einen „Candy Hander“, bei dem mir ein kleiner Plastik-Bugs Bunny auf Knopfdruck einen Smartie aus einer Plastik-Möhre schaufelt. Dazu les ich dann mein neues Buch „Movie Screamers“, ein „Play-a-sound“-Wunderwerk presented by „Looney Tunes Productions“, einer Warner Bros-Unterfirma. Der Clou besteht in einer Plastiktafel mit 16 Feldern, die bei Berührung verschiedene Geräusche von sich geben. Eigentlich fast menschlich, oder? Und da bald Halloween ist, umfassen die Sounds neben Satzfetzen der üblichen Warner-Stars (Bugs Bunny, Duffy Duck, Tweety, Roadrunner etc.) auch noch unheimliches Türenquietschen, irres Gelächter, angsterfülltes Herzklopfen, grelles Psycho-Zirpen (wittwittwittwitt…) und die akustische Simulation eines Gangs auf Zehenspitzen. Das Buch selbst bietet Stories wie „Friday the 14th“, „Daffy the Vampire Slayer“, „Speedbumps“ oder „Night of the looney dead“. In den Texte sind jeweils die entsprechenden Täfelchen angegeben, so daß man sich seinen Soundtrack selbst zusteuern kann. Es ist aber auch völlig legitim, sich ohne besonderen Anlaß an den Sounds zu erfreuen. Bis die Batterien leer sind…
Die New Yorker habens da besser, die brauchen nur in die entsprechenden Stores zu gehen, denn da wird man ohnehin permanent beschallt: bei Warner mit den schrillen Toons-auf-LSD-Stimmen und den albernen Indikativ-Melodien, und bei Disney mit den süßlich-pappigen Songs und den bekannten Zeichentrick-Vocals. Im Disney-Store stand ich einmal ungewöhnlich lange (in New York ist alles, was über 1 min Wartezeit hinausgeht, ungewöhnlich lange – es sei denn, im Empire State Building sonntagabends) an der Kasse und vor mir eine etwa 20jährige, unschwer als solche zu erkennende Amerikanerin, die munter und vergnügt ein etwa zehnstrophiges, uns Europäern unbekanntes Disney-Lied, das von der großen Leinwand über uns herabschallte, mitsang, und zwar bis auf das letzte I-Pünktchen!!! Mit CDs hatte ich, wie bereits erwähnt, so meine Schwiereigkeiten, dafür mußte ich im Virgin-Megastore laut lachen, als ich unter den Singles den Schweine-Song der Ärzte erblickte, mit einem fetten „Import“-Aufkleber drauf!
Natürlich hab ich auch ein sauteures Empire State Building aus Zinn oder so und selbiges auch als 3-D-Puzzle zum Zusammenbasteln. Sowas kriegt man im Museum-Store des MoMa (Museum of Modern Art), denn selbstverständlich hab ich alle großen New Yorker Museen besucht: den MoMa-Store, den MoMa-Bookshop, den Guggenheim-Store und den Store des Metropolitan Museum of Art… Kunstgenuß mal anders! Aber ehrlich gesagt: sooo originell wie die Reiseführer immer schreiben, ist das Angebot in diesen Museum-Shops auch nicht. Ich möchte nicht wissen, wie es bei Reiseführerschreibern daheim aussieht. Sicher so mit der Teakholz-Anrichte „Empire“, handgewebten Teppichen und vielen Sachen aus dem Dritte-Welt-Laden. Klar, daß man dann Designer-Büroklammern aus New Yorker Museum-Stores abgefahren finden muß! Ballaststoffe sind in Manhattan allerdings nicht so gänzlich ausgemerzt, wie ich befürchtet hatte. Hot Pretzels (Heiße Brezeln) und Bagels (von der Form her wie Donuts, aber aus ultrafestem Brötchenteig, alles ursprünglich jiddischer Tradition und sehr zu empfehlen; Bagels gibts pikant und süß, meine Lieblingssorte ist „Zimt/Rosinen“) unterscheiden sich doch merklich von Mac-Papp-Brötchen, ansonsten gibts an jeder Ecke asiatische Imbißstände, Hot Dogs, gebrannte Mandeln und und und. Womit wir bei den Gerüchen wären: in New York riechts alle zwei Meter anders, mal nach Parfüm, mal nach Kaugummi oder eben nach irgendwelchen Spezialitäten. Und nach Industrie. Wahrscheinlich haben die da einfach nur andere Autoabgase als hier, und weil ich die nicht täglich riechen muß, kann ichs genießen. Die Autos sehen da auch anders aus als bei uns, eckiger und klobiger, so wie der Fluchtwagen von O. J. Simpson. A propos: von den Simpsons hab ich gar nichts gefunden, nur T-Shirts. Sind die da schon wieder out oder nur nicht salonfähig? Ach ja, ich hab auch am Broadway vor dem Ed-Sullivan-Theater gestanden, in dem David Letterman allabendlich zu seiner Late Night Show einlädt. Und filmmäßig sind zumindest die jüngeren New Yorkeens zur Zeit im Insektenfieber. Eines der gigantischen Werbetransparente kündigte „ANTZ“ an, und demnächst startet „A bug´s life“, ein Wanzenleben.
Ich hab auch ein Reklame-Transparent für den neuen Bruce Willis-Film gesehen, das so groß wie die gesamte Front meines eigenen Wohnhauses war, das selbst doch immerhin circa sechsstöckig ist und von der normalen Breite eines Saarbrücker Mehrfamilien-Mietklotzes aus den 50er oder 60er Jahren. Mal gemutmaßt. Jedenfalls aus einer Zeit, als es Badezimmerfliesen in braun und nikotingelb ganz billig gegeben haben muß. Jedenfalls: so groß war dieses Plakat, ich schwörs und hab zum Beweis auch ein Photo gemacht. Das Haus, an dem das dranhing, war natürlich noch viel, viel größer als „mein“ Haus, und das Plakat hing an einer fensterlosen Fassade. Überhaupt ist in New York alles viel größer, bunter und schneller. Ein Teenager, der im Frankfurter Flughafen hinter mir lief und offenbar nach absolviertem Austauschjahr von seinen Eltern in Empfang genommen wurde, wußte noch ein bißchen mehr, denn er erzählte, die Leute seinen in Amerika auch alle viiiiieeel reicher und viiiiieeel schöner als hier. Nur die Lehrer seien genauso doof.
Zurück nach Manhattan: an der oberen 5th Avenue, wo nicht nur die großen Museen sind, sondern auch die wirklich, wirklich Superreichen wohnen (aus einem dieser Appartmenthäuser mit den grünen Markisen über dem Eingang wurde vor gut vier Jahren Jackie Kennedy Onassis getragen, mit den Füßen voran. Ist mal jemandem aufgefallen, daß sie mit Marge Simpson den gleichen Mädchennamen, nämlich Bouvier, teilt? Ist mal jemandem aufgefallen, daß Marges Mutter auf den Vornamen Jacqueline hört?!! Und noch ein letztes in Sachen „amerikanisches Kulturgut“: fällt jemandem vielleicht außer diversen „Nightmare“-Filmen noch was zur Elm Street ein? In einer Elm Street, nämlich der von Dallas, fielen einst die tödlichen Schüsse auf John F. Kennendy.), äh, wo war ich stehengeblieben? Ah ja, das ist am Computer gottseidank ganz praktisch: ich muß nur eine halbe Seite höher schauen, und dann weiß ich wieder daß ich von den tollen Backwaren-Shops an der upper 5th sprechen wollte, wo es alle möglichen europäischen Brötchen-Sorten gibt, ziemlich edel und eigentlich noch besser als hier!
Vom Downtown-Industrie-Geruch sprach ich ja schon. Der erinnerte mich an meine Geburtsstadt Mannheim, und die lieb ich ja über alles, auch wenn manch anderer sie einfach nur krank und dreckig finden mag. Ist sie ja auch. Aber so als Leitlinie kann man formulieren: wer Mannheim mag, der mag auch Manhattan, und das nicht nur wegen der Quadrateaufteilung, die beide gemeinsam haben, sondern eben vom ganzen Gestus her: viel Industrie-Look mit nackten, dreckigen Gebäuden und daneben richtig schöne, kunstvolle Schmuckbauten. So ungefähr ist auch Downtown Manhattan.
Ein Wort noch zu Manhattans Brücken: wer sie überquert, sollte ruhig ein Stündchen einplanen, denn abgesehen von der immensen Flußbreite muß man auch noch eine gewaltige Aufstiegsdistanz dazurechen: New Yorker Brücken fangen nicht einfach an einem Ufer an und hören am andern auf, sondern sie beginnen irgendwo mitten in der Stadt, ungefähr 1 km vom Fluß entfernt, und reichen nochmal ebensoweit in den gegenüberliegenden Bezirk rein! Aber es lohnt sich!!! Die schönst New Yorker Brücke ist natürlich die Brooklyn Bridge über dem East River, über hundert Jahre alt, mit gotischen Pfeilern und einer Seilkonstruktion, die von Poeten gern mit einer Harfe verglichen wird: so ziemlich die größte architektonische Unternehmung des 19. Jahrhunderts und eine der ersten Stahlbrücken. Allein der Bau hat circa 20 Menschen das Leben gekostet, der deutsche Konstrukteur hat die Fertigstellung auch nicht mehr miterlebt, und einige Leichen sollen sogar im Pfeilerfundament eingemauert sein. Das ist aber eine Legende, die ich dem Travolta-Streifen „Staying alive“ entnommen habe. In „Saturday Night Fever“ stürzt gar ein lebensmüder Kumpan von Tony Manero von der Brooklyn Bridge. Außerdem hab ich noch eine Kassette mit Material aus der Steinzeit der Video-Clip-Ära, und da ist eine Disco-Version von „Bridge over troubled water“ drauf, so Ende der 70er Jahre, wo eine schwarze Sängerin im Flimmerfummel über die Brooklyn Bridge stöckelt. Ja, diese Brooklyn Bridge ist schon zurecht ein Wahrzeichen Manhattans, denn sie ist wunderwunderschön, nur leider kann man nicht direkt aufs Wasser runtergucken, weil untendrunter die Autospuren viel breiter sind als der Fußgängerweg. Aber einen tollen Blick auf die Skyline hat man! Und auf die Manhattan Bridge.
Ansonsten kann ich noch die Queensboro Bridge empfehlen (laut Reiseführer ein „Artefakt des Industrie-Zeitalters“), geht auch über den East River, aber weiter oben, da wo der Central Park anfängt, und führt über „Roosevelt Island“, eine schmale, langgestreckte Insel im East River. Muß man sich mal vorstellen: eine Insel im East River! Und was aussieht wie ein Industrie-Maschinenpark, ist in Wirklichkeit Heimstatt für 20 000 Menschen, die leben nämlich auf Roosevelt Island. Krass, oder?!! Von der Queensboro Bridge, einer gedrungenen Konstruktion aus Hunderten von Stahlstreben, zu zahlreichen Bögen angeordnet, hat man zumindest einen direkten Blick runter aufs Wasser. Die Fußgängerspur ist allerdings nach Norden hin, nur an einem Rand der Brücke, deshalb kann man Downtown Manhattan nur durch die Pfeiler sehen, macht aber nix, die Ecke da oben und was man sieht, ist eh strange genug. Über Roosevelt Island fährt auch eine Seilbahn mit öffentlicher Gondel. Ist direkt an mir vorbeigerauscht, muß ich beim nächsten Mal auch ausprobieren!
Übrigens: das mit den qualmenden Gullideckeln ist kein Klischee, die rauchen in New York wirklich, auch bei strahlendem Sonnenschein, muß was mit der Kanalisation zu tun haben. An jeder Ecke gibts Wasserspender, aber so mit Strahl und zum Drüberbeugen. Und das mit den Polizeisirenen stimmt auch, die gehören zum normalen Geräuschpegel einfach dazu, und ich vermisse sie zur Zeit insbesondere nachts. Und an vielen Straßenrändern stehen Schwarze und rappen. Was meine Mutter, die mit mir reiste, zu der Aussage hinriß: „Oh, überall Techno-Musik.“ Für meine Mutter ist alles jenseits von Elvis und Beatles = Techno. Überhaupt entspannen sich zwischen meiner Mutter und mir einige Dialoge, die Außenstehende unter die Rubrik „Absurdes Theater“ einordnen würden. In Wahrheit resultierten sie einfach aus den haarsträubenden Englisch-Kenntnissen meiner Mutter und ihrer grandiosen Verwechslungsgabe. „Oh, hier ist die Carnegie Hall. Ich dachte, die steht in London. Nein? Aber da gibts doch auch die Carnegie Street, wo damals die ganzen Hippies waren.“ Was meine Mutter meinte, war die Carnaby Street! („Was so alles geschieht, auf der Carnaby Street, didum didum…“)
Mein absoluter Lieblingsdialog aber war der folgende, geführt in einem McDonalds in der 8th Avenue bei einem Gespräch über New Yorker Essen im allgemeinen:
Ich: Dieses Kringel-Brötchen heißt Bagel.
Meine Mutter: Oh, das kommt sicher von Igel.
(Einschub: „Beagle“ hätt ich ja noch verstanden, das klingt wirklich fast genauso und bezeichnet im übrigen eine Hundrasse, deren berühmtester Vertreter auf den Namen „Snoopy“ hört.)
Ich: Wieso Igel?
Meine Mutter: Weil sich das so ähnlich schreibt: E-A-G-L-E.
Ich: Ja gut, aber das hat doch von der Form her Null Ähnlichkeit.
Meine Mutter: Och wieso, ist doch beides rund.
Ich: Äh, Eagle heißt aber nicht Igel: Eagle ist der Adler.
Meine Mutter: Ach so.