Phat World (3)

Diesmal mit einiger Verspätung, denn es bedurfte Zeit, sich in Glasgow einzuleben, den Pubs abzuschwören und zum Tagesgeschäft zurückzukehren. Dafür habe ich folgende Überraschungen anzubieten: Die Firma, DJ Thomilla, Dynamite Deluxe, Ferris MC, KC Da Rookee, Wortgewandt (Sampler), Arsonists, Control Machete, Handsome Boy Modeling School, Ice T, Method Man & Redman, Ol‘ Dirty Bastard, Rasco, Terror Squad, Chant Down Babylon (Sampler) und Contents Under Pressure (Sampler). Wer die Rezension von Screwballs „Y2K“ vermisst, dem sei gesagt, dass die Veröffentlichung des Albums auf Anfang nächsten Jahres verschoben wurde. Jetzt aber ran an den Berg Silberlinge…

Mit grossem Budget wird derzeit das zweite Album der Kölner Crew Die Firma in den Medien angepriesen. „Das 2. Kapitel“ (La Cosa Mia/V2/Zomba) soll richtig knallen. Es soll – tut es aber nicht. Die Raps und Beats sind von der alten Sorte; die Kompositionen sind schlicht, fast schon fade. Sie wirken müde und kalt. Da fällt es schwer, Feuer und Flamme zu sein. Wenn die Musik schon nicht spektakulär ist, erwarte ich das wenigstens von den Texten. Die sollten die musikalischen Mankos allemal wettmachen. Leider bleibt das in diesem Fall ebenfalls aus. Zwar können die Jungs besser singen als rappen, sind jedoch auf dem Stand von vor ein paar Jahren stehengeblieben und zumindest für mich nicht relevant respektive interessant. Schade, dabei hatte mich gerade das Marketings neugierig gemacht.

Der Produzent im Bereich des HipHop hat eine fast ebenso großen Stellenwert wie der MC, der die Musik mit seiner Stimme würzt. DJ Thomilla ist einer von ihnen, von den Produzenten. Damit auch seine Fähigkeiten einmal erwähnt und zusammengefasst beurteilt werden können, kam ihm die Idee „Genuine Draft“ (Benztown/edel/Connected) zu machen. Er hat schon bei vielen wichtigen deutschen HipHop-Produktionen im Hintergrund die Fäden gezogen (u.a. Hausmarke, Afrob, Fischmob, Massive Töne), jetzt darf er selbst die Wärme des Scheinwerferlichts spüren und geniessen. Jeder, der sich mit „Genuine Draft“ befasst, wird ihm dies gönnen. Ohne ihn wäre die Szene um einen wichtigen Ideengeber ärmer. Momentan gibt es keinen, der seine Lücke füllen könnte. Warum? Sein „soulig warmer R’n’B/HipHop-Sound“, wie er selbst seinen Stil nicht besser hätte beschreiben können, ist effektvoll, derzeit ohne Konkurrenz und immer mit einem Ohrwurm zur Stelle. Egal ob Wasi, der sich just von den Massiven Tönen getrennt hat, Dendemann (Eins, Zwo), Max (Freundeskreis), Afrob, Hausmarke, Fanta 4, Fischmob, MC Rene, DaNaCeE oder Gentleman über Thomillas Songs rappen, Musik, Produktion und Stimme bilden immer eine natürliche Einheit. Was will man mehr… Eine letzte Anmerkung: Es gibt das Album limitiert als Doppel-CD mit einigen Bonus Tracks.

Hamburg schläft nicht und will weiterhin beim Zubereiten köstlicher HipHop-Tunes an vorderster Front mitköcheln. „The Classic Vinyl Files“ (Eimsbush Entertainment/Groove Attack) ist die erste CD-Veröffentlichung aus dem Hause `Eimsbush Entertainment´, dem Label von Eissfeldt (Abolute Beginner), das bislang als Underground-Freestyle-Tape-Label bekannt war, und ist das Debüt der Hamburger Insider-Grössen MC Samy Deluxe und DJ Dynamite alias Dynamite Deluxe. Beide gaben in der Vergangenheit zahlreiche Gastspiele auf Alben bekannter deutscher HipHop-Crews (u.a. Freundeskreis, Beginner, 5 Sterne Deluxe, Eins, Zwo) oder traten als Remixer für Massive Töne, Beginner und 5 Sterne in Erscheinung. Es war demnach an der Zeit, einen eigenen Output vom Stapel zu lassen. Die Höhepunkte der lässigen 5 Track-CD, die die phatten Beats mit einer ungeheuren Lockerheit aus dem Ärmel zückt, sind „Pures Gift“ und „Style Liga Session“ (mit Gastrapper Denyo von den Beginnern). Auch der Rest rockt das Haus.

In den Staaten ist Ol‘ Dirty Bastard der böse Bube unter den Rappern. Da wird mir niemand widersprechen können. In Deutschland ist es meiner Meinung nach nur bedingt der Stuttgarter MC Afrob, eher jedoch Ferris MC. Nicht, dass er jeden Monat ein neues Gerichtsverfahren am Hals hat oder mal wieder wegen Waffen- oder Drogenbesitzes verhaftet wurde. Nein, Ferris MC ist der böse, wütende, gemeine MC unter all den vielen, hoch talentierten deutschen Rappern. Seine rauhe Stimme klingt so, als würde er vor dem Frühstück eine halbe Schachtel Zigaretten inhalieren. Abgesehen von seiner unverkennbaren Stimme ist Ferris MC, der auf seiner Debüt-EP „Asimetrie“ (Yo Mama/Zomba) von DJ Stylewarz mit Cuts und Beats versorgt wird, das Reimemonster. Dieser Begriff fasst seine Fähigkeiten und all die Attribute, die man mit ihm als Künstler in Verbindung bringen kann, am besten zusammen. Dort wo andere Mittelklasse-MCs mit vorgetäuschter harter Jugend zu prahlen wissen, nimmt man Ferris MC all seine in den Texten artikulierten Harte-Kindheit-gefolgt-von-Drogeneskapaden-Erfahrungen ohne wenn und aber ab – egal ob von ihm erlebt oder erfunden. Das wiederum beweist, dass Ferris ernst genommen werden muss und bei weitem kein künstliches Produkt einer Hitfabrik ist. Er hat es im Blut und das brodelt gewaltig.

Er stammt aus Notting Hil in England, lebte in Berlin und residiert jetzt in Hamburg. Dort hat er auch sein Debüt aufgenommen. Nach Support-Rollen für Busta Rhymes, die Fugees und Ice-T, als er noch der britischen Formation Broken English Crew angehörte, zog es KC Da Rookee anlässlich eines Basketballmatches nach Deutschland. Hier gefiel es ihm prompt, und er lernte bald den Ragga-MC Mystic Dan kennen, mit dem er seitdem zusammenarbeitet. Nach drei 12-Inches, eine in Eigenregie, zwei unter Mithilfe von ‘Showown’, verschanzte sich der MC im Studio und spielte seinen erstes Album „Rookeestizza“ (Showdown/Groove Attack) ein. Natürlich waren Gäste geladen. Afrob, Black Kappa, Sirrlar Hussein, Ilecon, Dean Dawson, Boogieknight (Harleckinz) und P.G.M. kamen, glänzten und gingen wieder. KC Da Rookee klingt trotz seiner englischen Herkunft und seiner vielen europäischen Einflüsse verdammt US-lastig – was kein Vorwurf sein soll, sondern ein grosses Lob. Seine Beats und Lyrics sind nicht platt und albern, phatt sind sie – wie man das im HipHop-Jargon ja so schön sagt – und die Musik ist in ihrer gesamten Erscheinung unwahrscheinlich lässig, smooth und überzeugend. „Rookeestizza“ ist ein kleiner Leckerbissen, der gerade wegen den englischen Texten internationalen Erfolg haben könnte, nein, ich verbessere mich: haben sollte.

Der Düsseldorfer DJ und Produzent DJ Jenz hatte die Ehre, diese Compilation zu erstellen, die sich der Entwicklung des deutschen HipHop gewidmet hat. Auf „Wortgewandt“ (SPV) finden sich neben bekannten Acts wie Doppelkopf, Dike, Main Concept, Der Tobi & Das Bo, Future Rock (Produzent/DJ von Creme de la Creme), Stieber Twins und Die Firma auch unbekanntere wie La Familia, MC Kiru, Torch, Jesen von Nimzwai, Micromania, Koll Savas, Äi-Tiem und DJ Cabite. Für all die, die glauben, Fanta 4 wären das beste oder vielleicht gar einzige, was bis dato in diesem Lande an HipHop hervorgebracht wurde, sollte „Wortgewandt“ mal anchecken und staunen.

„Auflegen, hören und verstehen“, empfiehlt das Info der Plattenfirma dem Rezensenten. Kein Problem, mache ich gern. Die geweckte Neugier ist vollends berechtigt und das Lob, das im Vorfeld der Veröffentlichung diversen Magazinen zu entnehmen war, ist alles andere als blosser Hype des Hypes Willen. Oh nein, hier sind Profis am Start, und Profis wissen durch ihre Fähigkeiten und individuellen Ideen zu überzeugen, nicht durch Marketing und Product Placement. Bevor ich mich aber verzettele, will ich lieber auf das Wesentliche dieser Rezension zurückkommen und mich den Arsonists zuwenden. Seit 1993 treiben die vier Puertorikaner in Brooklyn/New York ihr Unwesen. Viel zu lange wie ich finde. Sie hätten schon vor Jahren von der Industrie entdeckt und gefördert werden sollen. Doch es bedurfte einiger Singles bis ihnen die Möglichkeit offeriert wurde, „As The World Burns“ (Matador/Zomba) einer größeren Zielgruppe vorzustellen. Was lange währt wird gut, könnte man in diesem Zusammenhang sagen. Ich kann euch nur sagen, daß ‘Matador’ diese Band sicherlich nicht (nur) aus kommerziellen Gründen gesignt hat. Arsonists haben es schlichtweg verdient, von jeden HipHopper gehört zu werden. Hört euch die Scheibe an und ihr werdet sie in Sekunden verstehen. Sie ist eingängig, hat viel Flow und Witz (zu finden in den Texten und Samples). Sie versprüht sogar den Geist des Pharcyde-Debüts und zitiert ein paar Wu-Tang-Anleihen – das will was heißen. Wer mir nicht glauben will, soll sich „Venom“ oder „Frienemies“ anhören.

Zur Abwechslung habe ich keine Latinos oder Mexican-Americans geschickt bekommen, sondern waschechte Mexikaner, die zu ihren Roots stehen, d.h. ihrer eigenen Sprache treu geblieben sind und sich nicht dem Angelsächsischen anvertraut haben. Control Machete heissen die mexikanischen Gangbanger, die in ihrem eigenen Studio in Monterrey „Artilleria Pesada, Presenta“ (Motor/Universal) aufgenommen haben. Lediglich für einen Track flogen sie extra nach Cuba, um Mitglieder des Buena Vista Spocial Clubs zu treffen und sie zu einem Ständchen zu überreden. Eine wahrlich ungewöhnliche Idee, für die sich Rubén Gonzales, Cachaíto und Juan de Marcos Gonzáles keineswegs zu schade waren. Der Pluspunkt von Control Machetes Album ist, dass die Musik nach der Hinzugabe spanischer Texte viel wärmer und flüssiger klingt und einen ganz eigenen Groove entwickelt. Vielleicht ist es auch gut, dass niemand so gut Spanisch wie Englisch kann. Trotz der Wärme der Tracks, wirkt der Gesang meist aggressiv und handelt bestimmt nicht von Kuchenbacken unmd Kinder hüten.

Dan „The Automator“ Nakamura, alias Nathaniel Merriweather, und Prince Paul, alias Chest Rockwell, sind die Chefs in der Handsome Boy Modeling School. Muß ich noch mehr sagen? Okay, Dan Nakamura war 1997 der „hottest producer“, eine Auszeichnung, die ihm der „Rolling Stone“ verlieh. Er hat Aufträge von den Beastie Boys, DJ Shadow, Stereolab und Jon Spencer Blues Explosion mit Bravour gemeistert und sich als „der etwas andere Produzent“ einen guten Namen gemacht. Der Junge hat es drauf und hat die Kreativität anscheinend mit Löffeln gefressen. Da wird gar im Wasser geplanscht, um einen coolen Soundeffekt zu erzielen („Waterworld“). Prince Paul wiederum tauchte zum ersten Mal 1986 mit Stetasonic auf und wurde vor allem als Produzent von De La Soul bekannt und begehrt. Auch solo konnte er mit zwei Alben seinem guten Ruf alle Ehren erweisen. Warum also nicht zwei kreative Köpfe an einen Tisch bringen und verschiedene MCs einladen, um ihren Beitrag zu den vertrackten, komplexen und kompakten Sounds zu leisten? Eben, daher entstand die Handsome Boy Modeling School, deren erste Unterrichtsstunde „So … How’s Your Girl?“ (Tommy Boy/EastWest) lautet. Selten hat Lernen so viel Spaß bereitet. Selten war ein Vortrag so interessant, packend und fesselnd. Selten waren die Gastlektoren so gut ausgewählt: Miho Hatori (Cibo Matto), Mike D. (Beastie Boys), Grand Puba, Sadat X (beide Brand Nubian), Roisin (Moloko), DJ Shadow, DJ Quest, Dave (De La Soul), Alec Empire (Atari Teenage Riot), El-P (Company Flow)… Ihr solltet euch schnellstmöglich für diese lehrreiche Unterrichtsstunde anmelden bevor alle Plätze belegt sind.

Er ist wieder da. Nach Filmauftritten und ein wenig Nichtstun, nahm Ice T wieder das Mikrofon in seine Hand, um der HipHop-Welt „The 7th Deadly Sin“ (Roadrunner/Connected) zu vermachen. Ob besagtes Produkt gut oder schlecht ist, muß im Endeffekt jeder für sich selbst entscheiden. Ich kann euch nur vage Anhaltspunkte geben, die wie immer subjektiv sind und von meinem Geschmack abhängen. Ice T ist eine Ikone, das will ich nicht abstreiten, allerdings als Person an sich, nicht unbedingt als Rapper. Er repräsentiert zwar die HipHop-Kultur, doch mittlerweile ist er, um wichtige Impulse zu geben, der falsche Mann. Sein neues Werk fällt zurück in die Old School-Phase und hätte auch in den Achtziger und frühen Neunzigern das Licht der Welt erblicken können. Ob das genügt, um die ständig wachsende HipHop-Gemeinde bei der Stange zu halten? Ich denke nicht. Hinzukommt, daß er mir einfach zu sexistisch ist. It’s not all about bitches and money. I guess it’s about time to retire.

Bereits 1995 kam dem Duo Method Man & Redman die Idee, ein gemeinsames Album zu machen. Seinerzeit werkelten sie an der später erfolgreichen Single „How High“, einem Beitrag zu dem Soundtrack „The Show“. „Unsere Chemie ist mit der von Run DMC zu vergleichen. Red und ich spielen uns gegenseitig die Bälle zu. Wenn die Leute zu einer Redman/Method Man-Show kommen, dann kriegen sie was für ihr Geld“, verspricht Method Man, bekannt als Soloartist und Mitglied des Wu Tang-Clan. Laut seinem Duettpartner Redman, solo ebenso bekannt wie als Mitglied von Def Squad (mit Erick Sermon), ist diese Kooperation die „Fusion zweier Crews, die über Jahre den HipHop-Underground definiert haben“. „Blackout!“ (Def Jam/Mercury/Universal), so der Titel des Albums, wurde von Erick Sermon (EPMD) und RZA (wem auch sonst?) produziert und es featured die Sahnestückchen „Blackout“, „Mi Casa“, „Mic Checka“ (ein Remake des bekannten Das EFX-Klassikers), „Tear It Off“ und „Serial Killer“. Wahre HipHop-Fans sollten an diesem Teil nicht ungehört vorbeischlurfen und es vor allem nicht in die Wu-Tang-Kiste stecken. Damit hat „Blackout!“ gar nichts am Hut. Das Album ist wesentlich eingängiger und unterhaltsamer. Die Samples sind allererste Sahne und von noch nie gehörter Qualität und Originalität. Wem das noch nicht genug ist, kann das Duo im Frühjahr im Kino bewundern, wenn es via Danny Devitos Firma Jersey Films in dem Streifen „How High“ über die Leinwand flimmern wird.

Er hat es tatsächlich geschafft, zwischen wichtigen Terminen wie Entziehungskur, Gerichtsverhandlungen und Gefängnisaufenthalten die Kurve zu bekommen, um mit seinem Wu Tang-Kollegen RZA in den 36 Chambers Studios 13 neue Stücke zu kreieren, die ihren Weg auf das im direkten Vergleich zu seinem Solodebüt sehr eingängigen Album „N***a Please“ („Nigga Please“) gefunden haben. Ol‘ Dirty Bastard ist seinem Namen treu geblieben, nicht aber seinem bisher kryptisch und chaotisch erscheinendem Verständnis von HipHop. Anstatt die Hörer ein weiteres Mal herauszufordern und vor den Kopf zu stossen, will er sie nunmehr verzaubern. Zumindest ich fühle mich betört und kann schon an dieser Stelle frohlockend verraten: „N***a Please“ ist der mit Abstand beste Output aus dem Wu Tang-Umfeld seit mindestens zwei Jahren – wenn nicht sogar überhaupt. Zwar werden einige dem durchgedrehten Rapper Ausverkauf vorwerfen, aber nur weil er, wie auch Busta Rhymes mit seinem letzten Album, eingängigere Songs kreierte, heisst das noch lange nicht, dass sich Ol‘ Dirty Bastard dem Popmarkt geöffnet hat. Beide trennen weiterhin unnahbare Welten. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass ODB dank solcher Tracks wie „Cold Blooded“, „Got Your Money“ (trotz seines sexistischen Inhalts), „You Don’t Wanna Fuck With Me“, „I Want Pussy“ (siehe Anmerkung zu „Got Your Money“), „Good Morning Heartache“ … ach was, Erbsenzählerei ist das, für das Album als Ganzes sollte ihm einer ein Denkmal setzen. Er hat es mehr als verdient. Wie heisst es so schön: Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander, hier machen sie Sex miteinander.

Leider ist es nur eine EP, die uns Rasco mit „The Birth“ (Copasetik/Groove Attack) zum Gernhaben gibt. Aber der MC, der aus der Stones Throw-Ecke kommt, will uns in Kürze weitere leckere Happen zum Fraß vorwerfen. Wenn die nur annähernd so gut munden wie „The Birth“, dann sollte Rasco bald jedem MC und Pseudo-Breaker dieser Welt ein Begriff sein. Nach seinem Debüt „Time Waits For No Man“ ist diese EP ein Erste Liga-Erfrischungsgetränk, das wie ein über lange Jahre gereifter Bordeaux oder ein frisch gezapftes Bier die Kehle runtergeht und die Geschmacksnerven zum Freudentanz einlädt. Smooth, easy, lässig und chillend. Yummie!

Sechs Herrschaften haben sich unter dem Namen Terror Squad zusammengefunden, um der HipHop-Gemeinde die erste Latino-Rap-Familie vorzustellen. Angeführt von Fat Joe, der seinem Namen alle Ehre macht, und dem ebenfalls schwergewichtigen Big Punisher, beide immer für Edelmetall gut, sind Triple Seis, Prospect, Cuban Link und Armageddon mit von der Partie auf dem ersten Gemeinschaftsprodukt, das schlicht „The Album“ (Atlantic/EastWest) heißt. Herausgekommen ist viel motherfucka-nigga-bitches-gangbanging-shit, der in textlicher Hinsicht für keinerlei Überraschungen gut ist. Was die Songs und die Gesangsmelodien (darf man bei einer HipHop-Rezension von so etwas sprechen?) betrifft, so sind diese wesentlich besser als die dazugehörigen Texte. Die Beats sind straight, die Raps fliessen, die Drums landen im Magen oder bohren sich in dein Ohr. Alles in allem kein Knaller und auch keine Nullnummer, aber hörenswert.

Bis vor ein paar Wochen war ich kein grosser Fan von Bob Marley. Ich respektierte ihn bis dahin als einflußreichen und revolutionären Künstler, konnte aber mit seinen Songs wenig anfangen. Das hat sich mittlerweile geändert. Dafür verantwortlich ist der Sampler „Chant Down Babylon“ (Island/Universal), auf dem sich HipHop-Künstler vor dem Lebenswerk des Reggae-Idols verbeugen. MC Lyte, die Lost Boys, Rakim, Busta Rhymes, The Roots, Chuck D (Er ist defintiv einer der besten Rapper dieses Jahrhunderts.), Guru, Krayzie Bone (Bone Thugs ’n‘ Harmony), Lauryn Hill (Sie ist wohl die beste und schönste Rapperin dieses Jahrhunderts.) und Erykah Badu gehören u.a. zu dem erlesenen Kreis derer, die zusammen mit Bob Marleys konservierter und mit Hilfe seines Sohns Stephen bearbeiteten Stimme zwölf Stücke einspielen durften. Auch hier kann von Ausverkauf nicht die Rede sein, schließlich waren sich HipHop und Reggae schon immer sehr nahe und teilten sich ihre Wurzeln. Manchmal beherrscht der Reggae, manchmal aber der HipHop die Songs. Über allem thront zu jedem Zeitpunkt Bob Marleys friedfertige und hypnotisierende Stimme, die das Leben so vieler Menschen verändert bzw. geprägt hat. Er steht schliesslich im Mittelpunkt dieses Albums; die HipHop-Musiker sind nur zusätzliches Beiwerk, die den Songs ein ungewohntes Make-up verpassen oder eine für den Reggae eher exotische Würze geben. Mit Steven Tyler und Joe Perry, beide Areosmith, haben sich sogar zwei Rocker auf dieses Werk verschlagen und selbst deren Annäherungsversuch von Rock und Reggae ging nicht in die Hose. Das will was heissen. Tip: Ich empfehle die Songs mit Lauryn Hill, Guru, Chuck D, Lost Boys und Krayzie Bone.

Die HipHop-Szene in San Francisco brodelt derzeit ein heisses Süppchen. Nicht nur tauchen verstärkt MCs und DJs der Westküstenmetropole in der internationalen Szene auf, auch dort ansässige Labels versuchen nunmehr ihr Glück, Fuss zu fassen. ‘Bomb Hip Hop Records’ wagen einen ersten Schritt mit ihrem Sampler „Contents Under Pressure“ (Bomb Hip Hop/Indigo/NTT), der dank ihren guten Verbindungen zu „DJs und Produzenten aus aller Welt“ (O-Ton Infoblatt) zustande gekommen ist. Wir können den Machern nur danken, dass sie den Mut bewiesen, diese Compilation auf den vollen und unüberschaubaren Markt zu werfen. Statt auf Nummer sicher zu gehen und platten US-Gangsta-Goldkettchen-Hohlbrot-HipHop zu verwerten, haben sie sich dem wahren Underground zugewandt und zum grösstenteilsl Easy Listening-Crews den Vorrang gegeben. Das war eine gute Idee. (Sorry, ich würde euch gerne die Namen der Crews nennen, doch ich habe keine Tracklist zur Hand.) Check it out!

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