Thomas D.: Lektionen in Demut

Die Rolle des Predigers steht Thomas D. gut. Endlose Beschwörungsformeln murmelnd, reist er auf düsteren Sphärenklängen durch sein persönliches Universum. Durch eine Welt aus monsterhaften Elektronik-Riffs, TripHop-Flair, pathetischen Parolen, apokalytischen Drohungen und viel Schwermut. „Lektionen in Demut“ ist kein Album, sondern ein geschlossenes System.

Statt Melodien gibt´s Hymnen aus so einfachen wie genialen Harmonie-Folgen. Ihre Grundeinheit ist der Akkord. Jede Zählzeit: ein Akzent. Noch das kleinste Detail: bedeutungsschwanger. Keiner Silbe wird auch nur ein Hauch von Beiläufigkeit oder Understatement gestattet. Das getragene Tempo komplettiert den sakralen Anschein. „Lektionen in Demut“ präsentiert sich so bombastisch und monumental wie eine Kathedrale.

Das Grundprinzip der Songs ist durchgängig: im Prinzip sind alle folgenden Takes eine Variation des ersten. Und: „Lektionen in Demut“ erinnert in vielem an den Soundtrack zu „Lola rennt“. Die Einfachheit der Harmonien, die konsequente Nutzung der Elektronik und aktueller Club-Trends, der unablässig strömende Sprechgesang, die seltsame, magische-irreale und aquarienhaft in sich abgeschottete Atmosphäre. „Lektionen in Demut“ entfaltet einen fast rauschhaften Sog, wie man ihn von vielen Science Fiction-Soundtracks kennt. Aber: im Gegensatz zu „Lola rennt“ ist das Werk des Schwaben kein Techno, sondern bleibt in jeder Sekunde Pop.

Dass „Lektionen in Demut“ trotz aller Mystik und Schwere leicht genießbare Kost geblieben ist, ist vermutlich auch ein Verdienst von Produzent Ralf Goldkind (Ex-Lucilectric, saß schon beim Fanta-Hit „MfG“ an den Reglern). Die Sorge, dass HipHop-Fans dem Schwaben nicht auf seinen grüblerischen Reflektorfalken-Trips folgen könnten, ist unbegründet. Im schlimmsten Fall werden die strengen Predigten als Masche hingenommen, tanzbar sind sie allemal.

Dabei gibt sich Thomas D. jede Mühe, intellektuelle und atmosphärische Tiefe in die „Lektionen“ hineinzulegen: bezeichnenderweise klingt an manchen Stellen ein Digeridoo durch. Das heilige, religiösen Riten vorbehaltene Instrument der Aborigines.

Fazit: Thomas D. bleibt bei seinen Leisten. Verfolgt weiter den Kurs der Fantastischen Vier, dem Sprechgesang neue Sounds zu erschließen, ihn in musikalisch ungewöhnlichen Kombinationen zu präsentieren. Und wie gewohnt, ist das Resultat eingängig und groovy. Als Konzeptalbum muß man den erhobenen Zeigefinger der „Lektionen in Demut“ nicht mögen, aber als Pop-Album ist es eine rundum gelungene, packende Sache.

Thomas D.
…präsentiert Reflektorfalke: Lektionen in Demut
(Four Music)

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