So ´ne Chartskolumne ist was Feines, denn sie macht das Leben aufregender. Die ganze Woche bin ich schon gespannt, was sich tut. Es ist fast wie ran-Gucken. Und ich werde furchtbar böse, wenn der Chefredakteur aus den Top Ten zitiert, bevor ich sie geguckt hab. Denn ich spar mich ja bis sonntags auf. Dann sitz ich mit Schwitzehändchen vorm Fernseher und hoffe, dass Jeanette endlich Nummer 1 wird. Oder dass Christina Aguilera von Sechs auf Hundert fällt. Und dass mal kein Lied mit Techno-Bass und hochgepitchten Stimmen zu hören ist.
Hat nicht ganz geklappt. Natürlich wieder jede Menge Scheiße dabei. Die Killer Barbies mit Bela B. und einer Version von „Candy“, die wie eingeschlafene Füße klingt. Oder Right Said Fred, die klingen, als wär das ganze Jahr Karneval („I love you (But I don´t like you)“). „Wie DJ Ötzi, nur mit mehr Stil“, meint der Chefredakteur. Und Catterfeld, so´ne Blonde aus GZSZ, die Kleinmädchen-Soul macht und sich dabei vorstellt, sie wär Joy Denalane: „Niemand sonst“. Oha.
Dafür mal wieder Nettes von der deutschen HipHop-Fraktion: D-Flame feat. Töne mit „Mehr als Musik“. Interessanter Sound und ganz nettes Video (Platz 73). Und Massive Töne feat. Tairo: „Geld oder Liebe“, Platz 45. Ist ziemlich Latin-angehaucht und ein bisschen chaotisch, erinnert an Manu Chao. Dieses ganze Ge-Feature nervt mich übrigens. Es gibt kaum einen Titel, wo nicht irgendjemand von jemand anderem gefeatured wird. Und ich soll mir das dann immer merken, wenn ich mitschreibe und der Name nur drei Sekunden eingeblendet wird…
Ach, noch was hat mich genervt: Shakira! Ich mag das Lied schon nicht besonders (Objection (Tango))… Aber vor allem kann ich dieses motzige Gesicht nicht mehr sehen. Dieses ich-bin-zwar-nur-eins-zwanzig-groß-aber-kommt-mir-bloß-nicht-zu-nah-Gehabe. Himmel! Sind hier nur noch mies gelaunte, blonde Männerspielzeuge in den Charts? Nein, natürlich nicht. Gibt ja noch Jeanette…
Und dann war da noch was von ´ner Band namens Paffendorf. Dachte schon: cool! Wer so heisst, macht bestimmt interessante Musik. Aber nix war´s. (Hat ja schon bei Catterfeld nicht geklappt.) Trash-Techno mit Holzhammer-Beat, aber wenigstens ohne hochgepitchte Stimmten. Heisst „Crazy sexy marvellous“. Platz 33.
Shania Twain ist übrigens auf Platz 15 eingestiegen!!! „I´m gonna getcha good!“ Ist nicht soo schlecht. Coole Stimme und einigermaßen stylisher Song. Muß ich mich aber erst dran gewöhnen. So wie an Platz 12: die No Angels in bed with Mousse T. (Geht doch! Muss nicht immer gefeatured werden!!): „Let´s go to bed“. Muss gestehen, dass ich die No Angels ziemlich gern mag. Mehr, als politisch korrekt ist. Ja okay, ist ´ne Retortenband. Aber klingen nie billig, ist immer vom Allerfeinsten. Musste mal raus.
Will mich aber nicht verabschieden, ohne noch eine große Lobeshymne anzustimmen. Das Super-Duper-Geschenk dieser Top 100 wartet auf Platz 68. Es ist „Der Fernsehturm“ von Lexy & K-Paul! Ein Geschenk des Himmels. Sehr minimalistisch und sehr elektronisch. So Kraftwerk-mäßig mit monotoner Computer-Stimme und ein bisschen Modem-Gefrickel. Erst später kommen noch rockige Gitarren dazu. Und das Video ist vielleicht cool!!! So 60er-Jahre-DDR-Ästhetik, mit Papp-Modellen vom Berliner Fernsehturm und dem Forum-Hotel. Und dann noch ein paar Models. Super, super, super. Der Chefredakteur fühlte sich übrigens an eine Mischung aus Der Plan und Andreas Dorau erinnert. Aber wahrscheinlich fahr ich allein schon wegen dieses tanzenden Plüschbären drauf ab. Ich glaub, das ist der ganz große Video-Trend 2002: Bären. Hat man bei Grönemeyer auch schon gesehen. Und find ich gut.
Also dann: „Der Fernsehturm hat Ohren. Kein Ton geht ihm verloren.“ In diesem Sinne – bis zum nächsten Mal. Und kauft weiter fleißig Jeanette.
Die Top Ten:
- Nelly feat. Kelly Rowland
Dilemma - Ozzy Osbourne
Dreamer - Jeanette
Rock My Life - Christina Aguilera
Dirrty - Las Ketchup
The Ketchup Song (Asereje) - Sarah Connor
Skin on skin - DJ Tomekk feat. Li’l Kim
Kimnotyze - Madonna
Die Another Day - Bro’Sis
Hot Temptation - Bomfunk MC’s feat. Folcke
(Crack It) Something Going On
==> zur Einzelkritik <==