M. A. Numminen & Sanna Pietiäinen und Das Neorustikale Tango-Orchester: Finnischer Tango

Suomi/Finland: Der exotische Norden Europas, Land der Seltsamkeiten (wie den Leningrad Cowboys), in dessen Resteuropäern vollkommen fremden Sprache laut Max Goldt alle Interrail-Reisenden ein paar Zahlen aufzählen konnten, wenn mal wieder der Gesprächsstoff ausging.
Das Münchner Label Trikont verbreitet hierzulande Tango-Kultur aus der nordischen Fremde, zu Recht auf den Kultus der Seltsamkeit setzend. Hauptzugpferd: Der Jazz-, Tango- und Trash-Künstler M.A. Numminen. Neuestes Produkt: Eine randvolle CD mit Live- und Studioaufnahmen, größtenteils finnische Tangoklassiker, teilweise auch selbstgeschriebenes.

Trikont wirbt wie folgt: »M.A.Numminen und seine wunderschönen, tieftraurig-komischen Finn-Deutsch-Tangos. Lieder über geschiedene Frauen, traurige Pferde, den berüchtigten Django-Tango und schweigende Telefone.« Das trifft nur ein Fünftel dieses Albums: Den meisten Tangos, die das Orchester schwungvoll UND melancholoisch inszeniert, leiht die Solistin Sanna Pietiäninen ihre Stimme. »Täysikuu« oder »Onko onni unta vain?« sagt dem hiesigen Publikum nicht viel, aber die Botschaften »Du, Vollmond« oder »Ist das Glück nur ein Traum?« sprechen wunderbar schnulzig und doch rhytmisch durch die Lieder hindurch. Naja, ein bißchen, jedenfalls.

In Finnland ist Numminen ein seit über 30 Jahren aktiver Star, der immer wieder Skandale ausgelöst hat, wenn er quäkend und in gebrochenem deutsch z.B. den öffentlichen Rotweingenuß im Parlamentspark vor der Nase der Volksvertreter besang. Auf diesem Album spielt »Ich will diese geschiedene Frau« diese Skandalrolle.

Im finnischen Tango, einer populären Alltagskultur, sollen sich russische Romanze und deutscher Marsch in den Tango gemischt haben. Denn alle Finnen mögen die Melancholie, nur die Männer sind etwas plump und brauchen einen kräftigen Rhythmus, sonst wird das mit dem Tanz nichts. Behauptet jedenfalls das ausführliche Booklet, das neben der Geschichte des finnischen Tangos auch noch Anmerkungen zu den einzelnen Stücken anbietet.

Finnischer Tango ist keine musikalische Revolution, aber Unterhaltung voller Sehnsucht und – soweit es Herrn Numminen betrifft – einem Schuß Anarchie.

M. A. Numminen & Sanna Pietiäinen und Das Neorustikale Tango-Orchester
Finnischer Tango
Trikont/Indigo

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