Wir waren in Russland, wir waren auf Island. Jetzt lassen wir die Sau raus. Mit Modesty Blaise in den Pazifik, viel Sonne, viel Sex, viel Zynismus, viel Spaß.
Hotel „Zum hemmungslosen lustvollen Lesen“, die Peter-O’Donnell-Luxussuite. Comictapete an den Wänden, aber alles sehr geschmackvoll. Eine Frau mit Signalmund und Traumkörper, böse Action: Haie werden per Nasenstüber zurechtgewiesen, revolverschwingende Pfarrer mitten in die Stirn genagelt, Nymphomaninnen greifen wahllos in die männliche Statisterie, ein größenwahnsinniger Millionär bekommt seinen Minderwertigkeitskomplex präsentiert. Latenter Sex, latenter Zynismus. Modesty Blaise.
Die kleine Schwester von James Bond? Ach was. Ach ja, doch. Irgendwie. Edel-Pulp. Aber O’Donnell und Ian Flemming, das ist wie frische Schildkrötensuppe und Fünf-Minuten-Terrine. You know what I mean? Eben. Der Mann hat Geschmack, der Mann hat Stil, der Mann kann Dinge und Personen, Ereignisse und Zustände beschreiben, wie es nur jemand kann, der das Handwerk ernst nimmt, der durch die harte Schule des täglichen Comicstrips gegangen ist, gelernt hat, sparsam mit Wörtern umzugehen und jedes an seinen rechten Ort zu setzen, so unfehlbar wie Modestys Schüsse.
James Bond der kleine Bruder von Modesty Blaise. Jep, da wird’n Schuh draus. Akteurin einer Parallelwelt zu unserer ach so logisch-tristen. Wirklichkeitsbezüge? Doch, auch. Woran erinnert mich etwa dieser mordende Priester, dem man nur sagen muss: Der da, die da ist sündig, und schon ist das Todesurteil gesprochen? Einzig Willie Garvin, Modestys platonischer Freund ist etwas zu… wie soll ich sagen… wellpappig. Aber sonst: Schild an die Tür, „Do not disturb“, Zimmerservice. An die Wände starren, bis die Comics lebendig werden und über einen herfallen, während man liest. Das ist Urlaub.
Peter O'Donnell: Modesty Blaise und die Klaue des Drachen. Unionsverlag 2005, 320 Seiten, 9,90 €