Kaiser Chiefs: Employment

Für eine Nähmaschine sind die Kaiser Chiefs ganz schön musikalisch! Zackig, mit der Präzision und Geschwindigkeit der ratternden Nadel feuern sie ihre Akkorde und Silben ab, dass die einem nur so um die Ohren fliegen. Und obwohl ihre Songs sound-technische Gesamtkunstwerke sind – fett und funkelnd, mal geschmeidig, mal scharfkantig -, schaffen sie´s, so einfach und struppig wie der Straßenköter von der nächsten Ecke rüberzukommen.

Brit-Pop, aktuelles Kapitel: die Kaiser Chiefs aus Leeds. Ricky Wilson war mit seiner vorheriger Band schon als Plattenregal-Blei abgeschrieben. Die Kaiser Chiefs also vermutlich: neuer Selbstentwurf und letzte Chance.

Wer die fünf beim Live 8-Konzert gesehen hat, hatte Glück. Oder er ist am Radio vielleicht mal beim Hören von „Everyday I love you less and less“ vom Blitz getroffen worden. Das Lied ist furioser Auftakt – und, naja, in Wirklichkeit auch schon der Höhepunkt des Albums. Eine Dreieinhalb-Minuten-Tour de Force, ein adrenalingetränkter Ohrwurm mit fetten Stakkato-Gitarren, nervös zerrenden Synthies, die sich später in hymnische Moog-Linien und Honky-Tonk-Gehämmer verwandeln, und natürlich mit dem wunderbaren, so gebügelten wie frechen Chorgesang der Kaiser Chiefs.

Der gehört zu den Markenzeichen – und großen Pluspunkten der Band. Genauso wie die Schrammelgitarren und die Synthie-Klänge, die sie in homöopathischen Dosen einstreuen: schön spacig, ab und zu richtig plüschig und allermeistens ausgesprochen hymnisch. Womit ein weiteres Markenzeichen am Horizont erscheint: die klaren, knackigen Songs mit der ihnen innewohnenden, einfach nicht totzuschlagenden Euphorie. Starke Melodien sind nicht immer die Sache der Kaiser Chiefs, aber das gleichen sie aus, indem sie ihren Sound so aufrüsten, dass vermutlich auch der letzte Hörer ihrer Cool-Charme-Offensive erliegt.

Die Inszenierung der Brit-Pop-Harmonien – hier und da mit dezentem Hall, mitunter ausgesprochen spooky, immer saftig und kraftstrotzend – macht die Platte, ja, doch, unwiderstehlich. Lustige Referenz übrigens an die Beach Boys: das sogar schon fast elegische „Caroline, yes“. (Das „Vorbild“ hieß „Caroline, no“.) Denn selbst die Kaiser Chiefs nehmen ab und zu mal einen Gang raus. Dann haben doch noch kleine Melodien eine Chance, elegant und new wavig in Szene gesetzt. Das Extrem in dieser Kategorie ist „Team mate“ – angeblich das Lieblingslied von Sänger Ricky Wilson und angeblich auf der deutschen Ausgabe von „Employment“ nicht enthalten: ein melancholisches Zeitlupenlied, sparsam in Szene gesetzt und mit Hammondorgel-Klängen, so glitschig wie Schmierseife.

Glückwunsch also an den Produzenten: Sound und Arrangements sind zum Küssen. Und an die Band: soviel Power – ohne Kraftmeierei! – war lang nicht mehr. Ich oute mich hiermit als den Menschen, der von zehn Sekunden Kaiser Chiefs in einer Live 8-Collage angefixt und von den dreieinhalb Minuten im Radio dann endgültig hingestreckt war. Auch wenn „Everyday I love you less and less“ tonnenschwere Vorschusslorbeeren sind: das Album ist die Fortsetzung einer wunderbaren Freundschaft.

Kaiser Chiefs
Employment
Polydor/Universal
VÖ: 5.4.2005

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