Wenn man das Wort ‚Stagnation‘ vermeiden möchte, spricht man auch gern von einer ‚Seitwärtsbewegung‘. Wenn sich nichts so richtig nach oben und unten bewegt und am Ende die berühmte schwarze Null rauskommt. Ein bisschen trifft das leider auch auf „Over En By“ zu: Das 14. Album von Kari Bremnes ist im wesentlichen eine Bestandsverwaltung auf hohem Niveau.
Obwohl sie erneut fast alle Songs allein geschrieben hat, strahlt das Album nicht die tiefe Persönlichkeit aus wie der Vorgänger „You’d Have To Be Here“. Fast wirkt es so, als hätten sich Kari Bremnes und ihre Musiker damit begnügt, den perfekten Klang, die durchdachten Arrangements und die Emotionen auf hohem Niveau zu reproduzieren. Da mutet es schon etwas komisch an, wenn in „En Stemme I Athen“ und „Stjernelause Døgn“ gleich zweimal eine staubige Trompete auftaucht, die vor zwei Jahren bei „Zarepta“ noch Einzigartigkeit versprüht hat.
Dabei ist „Over En By“ alles andere als seelenlos. Das neue Album hat viele großartige Momente und klingt wie die bisherige Essenz aus Kari Bremnes‘ Schaffen. Aber während sich „You’d Have To Be Here“ in die Seele gebohrt hat, ist es hier mehr der Verstand, der am Ende feststellt, dass „Over En By“ ein großartiges Album ist.
Kari Bremnes: Over En By
Strange Ways/Indigo
VÖ: 3.3.2006