Sister Sox – zwischen Himmel und Hölle

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(Die Wahrheit spricht in vielen Zungen, auch bei der kritischen Betrachtung von Kriminalromanen. Dass ein gutes Buch ein gutes Buch und ein schlechtes ein schlechtes sei, dass Literaturkritik fast schon zu den exakten Wissenschaften gehören könnte – wer dies glaubt, sei fortan, in unregelmäßigen Abständen, eines Besseren belehrt. Beginnen wir mit Max Bronskis Krimi „Sister Sox“ (Kunstmann 2006))

„Sister Sox“ gehörte zu den im Großen und Ganzen wohlwollend besprochenen neuen Krimis des Frühjahrs. Ein Debüt – oder auch nicht, denn Max Bronski ist offenkundig ein Pseudonym. Für →Frank Becker ist es jedenfalls ein Erstlingswerk und was für eins: „Sprachlich hervorragend und im Plot überzeugend ist „Sister Sox“ ein wirklich feines Krimi-Debüt.“ Also lesen?

Moment, donnert →Helmut Schürmann: „(…) was macht man, wenn man harter Hund sein will, indes in München aufgewachsen ist, wo Straßenköter allenfalls Dackel sind und keine nahkampferprobten Streetfighter? Und was macht man, wenn man zudem keine Fantasie hat? Dann schreibt man „Sister Sox“. Also die Finger davon lassen?

Nun ja. In der Folgezeit werden die Besprechungen freundlicher, wobei fast immer das Lokalatmosphärische Pluspunkte sammeln kann, etwa bei → Maggie Thieme: „Jenseits von bayrischen Schmankerln und Klischees sind es die liebevoll hingetupften Orginale, wie beispielsweise der in den Wirtschaften tingelnde Bluesbarde onkel Tom, die dem Krimi eine glaubwürdige lokale Dimension geben.“ Und, natürlich, der Humor, findet u.a. →Joachim Feldmann: „Dieser schnoddrig und selbstironisch erzählte Reißer steht haushoch über dem deutschen Krimidurchschnitt.“ Schnoddrig? Da kommen wir noch einmal zum letzten Ritter des Verrisses, zu Helmut Schürmann: „Das alles wird im bemüht schnoddrigen Tonfall erzählt, „ein Anblick, der einem wie ein doppelter Caffe corretto in den Magen fuhr“. Was nur ein Beispiel ist für die unzähligen schiefen Bilder.“

Humor, ob nun selbstironisch schnoddrig oder bemüht schnoddrig, das wiederum gibt →Franz Schuh Anlass zu Grundsätzlichem: „Ein Problem, das sich darin schon andeutet und das wiederum an die These vom Kriminalroman als einer variantenreichen, aber ausgeschriebenen Gattung erinnert, ist das Übergewicht der parodistischen Effekte.“ Und außerdem: „Bronskis lakonisches Imitat hat einen Nachteil: Was der Klappentext «temporeich» nennt, ist mir zu schnell.“ Joachim Feldmann offenbar nicht: „Sister Sox ist ein schneller kleiner Roman, dem ein grelles Kartoncover besser zu Gesicht stehen würde als der hübsche Schutzumschlag, mit dem ihn das Haus Kunstmann versehen hat. Das ist als Kompliment zu verstehen.“ Ein Kompliment, das Schuh Bronskis „ironischen Einschüben“ („literarische Hochkomik“) nicht verweigert.

Und das Fazit? Es geht um Argumente, Geschmacklichkeiten, Gewichtungen. Erkenne ich die als solche, kann ich mir aussuchen, welcher Rezensentenmeinung ich zu folgen gewillt bin. Spätere Irrtümer inklusive.

dpr

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