Das Objekt der Begierde ist eine Sammelbildkarte Joe DiMaggios, Baseballstar der 30er und 40er Jahre, versehen mit den Unterschriften des Sportlers, Marilyn Monroes, mit der DiMaggio verheiratet war, sowie der von Billy Wilder, einem der Regisseure Monroes. Die Karte gerät ins Gesichtsfeld Ahira Kurisakas, eines japanischen Multimilliardärs, der meint sie besitzen zu müssen, um einen Sammlerkonkurrenten auszustechen. Koste es was es wolle. Eine ganze Meute von Personen macht sich auf die Suche nach der Karte, als dieses Interessen bekannt wird, denn die Karte ist verschwunden und soll Raub der Flammen geworden sein.
Von all dem ahnt Conner Samson nichts, der als repo-man (1) sein Auskommen hat. [Er verdankt also ähnlich wie Jack Keller aus → J.D Rhoades „The Devils Right Hand“, seine Existenz den Eigenheiten der („innertextuellen“) amerikanischen Rechtspraxis.] Eigentlich ist dieser nie recht erwachsen gewordene ein ausgesprochener Loser: Die Frau seines Herzens ist mit einem erfolgreichen Professor der lokalen Universität verheiratet, seine Karriere als Baseballstar kam über zarteste Anfänge nie hinaus und etwaige flüssige Geldmittel hat er schneller verspielt als er sich ein Bier kaufen kann.
Da trifft es sich gut, dass er ein Segelschiff eintreiben soll. 2000 € gibt es im Erfolgsfall. Dumm nur, dass er, als er das Haus des Besitzers beobachtet, sieht wie dieser gefoltert wird; wenig beruhigend auch, dass er, als er die 2000 € kassieren will, den Auftraggeber ermordet vorfindet und eigentümlich auch die Personen die ihn, mit Wörtern oder Fäusten, bedrängen.
So langsam dämmert ihm, dass da Geld, richtig viel Geld sogar, zu machen ist. Denn der Besitzer des Boots hatte auch eine Sammelbildkarte besessen, die plötzlich viel Wert ist. Und plötzlich ist Conner Samson in mehr Trubel als ihm lieb ist.
Mit vielen Verwicklungen und komischen Begebenheiten, ironisch erzählt, hätte „Suicide Squeeze“ von Victor Gischler eine nette Klamaukgeschichte werden können. Die vom Genre vorgegebene Aufgabe, die Leben der Protagonisten so zu verschränken, dass ein undurchsichtiges Etwas herauskommt, welches die auflösende Hand des Autors braucht, beherrscht Gischler sehr gut. Mehr noch: Der komplexen Geschichte wohnt eine ausgesprochene Leichtigkeit inne.
Dass das Buch dann doch keine Klamaukgeschichte geworden ist, liegt daran, dass der Autor seinem Humor nicht mit der Brechstange Zutritt auf die Seiten des Buches verschafft, sondern diesen häufig leicht unter der Oberfläche schimmern lässt und sich als geübter Beobachter menschlichen Verhaltens und als feiner Schreiber erweist. Seine Personen sind knapp aber liebevoll gezeichnet, wie zum Beispiel der Kunststudent, der Comic-Autor werden möchte und sich als das erweist, was als „nerd“ bezeichnet wird und der Conner Samson vor dem Gespräch mit einem Kollegen davor warnt, dass jener ein echter „nerd“ sei.
Gelungene, trotz Humor sogar spannende Unterhaltung, gekonnt erzählt, reich an Anspielungen, demonstriert uns das Buch aber auch, warum der Erstling des Autors 2002 erfolglos für den Edgar nominiert war. Nominiert, weil der Autor weit oberhalb des Durchschnitts seiner Kollegen schreibt, erfolglos, weil Humor sich für die Darstellung der ganz großen Dramen nicht eignet.
(1) Gewissermaßen ein privater Gerichtsvollzieher. Der Begriff bezieht sich auf einen bekannten Film, dessen Hauptfigur ähnlich wie Conner Samson Autos „zurückklaut“.
Victor Ginschler: Suicide Squeeze.
Dell Publishing 2005. 334 Seiten, 6,49 €
(noch keine deutsche Übersetzung)