Stuart MacBride: Die dunklen Wasser von Aberdeen

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(Weihnachten naht. Und mit ihm die Frage: Welche Krimis schenke ich meinen Liebsten? Jeder weiß: Das kann ins Auge gehen und langjährige Freundschaften abrupt beenden. Doch keine Angst: Hinternet hilft. Die Krimiredaktion hat einige aktuelle Spitzenprodukte der Spannungsindustrie unter die Lupe genommen und ihnen den jeweiligen Idealtypus Leser (hier „Geschenkempfänger“ genannt) zugeordnet. Jetzt kann nichts mehr schiefgehen.)

Das Buch

Aberdeen in der Vorweihnachtszeit. Die Überreste eines seit längerem vermissten kleinen Jungen werden gefunden und weisen auf die Tat eines bestialischen Mörders. Detective Sergeant Logan McRae, gerade erst von einer im Dienst erlittenen Verletzung genesen, wird der Sonderkommission zugeteilt und macht sich auf die Suche nach den Hintergründen des grausamen Verbrechens. Doch der schreckliche Fund ist nur Auftakt einer ganzen Serie von Morden an Kindern beiderlei Geschlechts. Zudem gibt es eine undichte Stelle bei der Polizei, die Presse ist ungewöhnlich gut informiert und behindert die Ermittlungen. Der Prozess gegen einen Kinderschänder erregt die Gemüter der Öffentlichkeit, die Stimmung wird angespannt, steht kurz vor der Hysterie. Als man schließlich einen ganzen Bauernhof mit verwesten Tierkadavern entdeckt, scheint man den Täter dingfest gemacht zu haben – eine Täuschung. Das Morden geht weiter, die Zeit wird knapp, das Ende naht mit Schrecken…

Der ideale Geschenkempfänger

… ist der auf „Geiz ist geil“ und sonstiges Schnäppchenjagen konditionierte Leser, der seinen Sparzwang auch in den hehren Hallen von Buchhandlungen nicht kontrollieren kann. Serienkiller für 8,95 €? Ein fürwahr wohlfeiles Angebot. McBride jedoch bietet mehr fürs Geld: einige Nebenmorde, stinkige und schmierige Leichenteile im Vorratspack, als Bonus gibt’s reinlich Kritik am Rechtssystem und der Presse obendrauf, und wenn wir schon einmal dabei sind, auch noch wohltemparierte Liebeshändel (McRaes Ex – eine Pathologin! – will nicht mehr, die anvisierte Neue – eine Polizistin! – ist noch nicht bereit). Wurde schon erwähnt, dass als weiteres Plus organisiertes Verbrechen geboten wird? Und Kinderprostitution? Wer hier nicht zugreift, ist selber schuld. Ein Krimi-Vorteilsband, dieser Erstling von Stuart McBride, dem man erstaunlich dreistes Kalkül und professionelle Umsetzung desselben bescheinigen muss, einen souveränen Umgang mit dem Sortiment des Grauens und die zielstrebige Realisierung der bewährten Krimiweisheit, dass aus Opfern eben Täter werden und nirgendwo anders als in kranken Gehirnen das Diabolische so unbegrenzt haust. Macht also unterm Weihnachtsbaum einiges her. Was fehlt ist der Aufkleber: „Enthält alle vom Krimidoktor verordneten Vitamine und Versatzstücke“.

Geeignet auch

… für Liebhaber schlechten Wetters. Was hier alles weggeregnet wird, passt in kein öffentliches Freibad. In Strömen gießt es, kalt ist es, noch kälter wird es und aus Regen wird Glatteis, aus Glatteis wird Schnee. Der Himmel weint metaphorisch und das am Stück. Derweil wir unterm Tannenbaum im warmen Zimmer sitzen und einen Krimi lesen, der eigentlich zwei, drei, vier Krimis ist.

Stuart MacBride: Die dunklen Wasser von Aberdeen. 
Goldmann 2006
(Original: „Cold Granite“, deutsch von Andreas Jäger).
542 Seiten. 8,95 €

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