„Literarische Krimis“ und kein Ende. Markiert der Deutsche Krimipreis 2007 tatsächlich einen Wendepunkt, wie es → Tobias Gohlis in der ZEIT vermutet, einen Paradigmenwechsel gar? Oder werden hier lediglich alte Vorurteile bestätigt und neue Moden kreiert, wie die →Reaktion auf Gohlis nahelegt? – Man kann darüber trefflich spekulieren, sollte aber vielleicht auch die Literaturgeschichte nicht geringschätzen, die einen ganz ähnlichen – und überraschenden – Fall von „Emanzipation eines Genres“ kennt.
Vor 200 und ein paar Jahren war der Roman in Deutschland ein an sich übelbeleumundetes „Genre“, Futter für überreizte Frauennerven, Behälter flachster Liebes- und Räuberpistolen, verglichen mit Lyrik und Drama geradezu skandalös formlos und beliebig, ohne klassische Bauanweisungen, summa: peripher, unliterarisch – trivial.
Die Verfasser von erzählender Prosa indes entwickelten ihr „Genre“ weiter. Ihnen kamen, etwa ab den Siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts etliche allgemeine Tendenzen (Entwicklung einer bürgerlichen Lesekultur, der „Brief-Schreib-Wahn“ der Epoche, die den Briefroman etablierte, die Reisebeschreibungen (vgl. Georg Forsters „Reise um die Welt“)) zugute, natürlich auch die vom Ausland, wo die Prosaentwicklung schon weiter fortgeschritten war, gelieferten Mustervorlagen (hier nur erwähnt: Voltaires „Candide“ und, pars pro toto für die englische Romanliteratur, Sternes „Tristram Shandy“).
In diesen Siebzigern also wurde die erzählende Prosa über ihre bisherige Funktion als Stoff für empfindsame oder nach aufregender Lesekost gierende Seelen hinaus nutzbar gemacht. Sie diente der Aufklärung (vergl. Wielands „Die Abderiten“ (1774)), erwies sich als ideale Form der Autobiografie (Jung-Stillings „Heinrich Stillings Jugend“ von 1777) und effektivste Sonde durch alle Schichten der Gesellschaft (Hippels „Lebensläufe nach aufsteigender Linie“, 1778).
Entscheidend wurden indes zwei andere Gebiete, die den Roman geradezu forderten: der analytische Blick nach innen und der beschreibende nach außen, Romantik und Realismus. Sie hatten ihre großen Vorläufer in Karl Philipp Moritz, dessen „Anton Reiser“ Psyche und Gesellschaft gleichermaßen inspizierte, und Jean Paul, bedeutendster Prosaist deutscher Zunge und Feder bis heute, zeitlebens ein Mann des Erzählenden, keine Verse, keine Bühnenstücke: PROSA. Der erste Spezialist des „Genres“ und zugleich sein Meister.
Aber, und nun kehren wir an den Ausgang dieses kleinen Exkurses zurück, die Romanform entwickelte sich nicht nur intern, sie würde mehr und mehr auch zum Objekt von Lyrikern und Dramatikern. Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werthers“ von 1774 ist ein frühes und hinsichtlich seiner Aufnahme durch das Publikum sehr bemerkenswertes Beispiel, Schillers „Geisterseher“, „eine Art Krimi“, von 1787 nicht weniger, äugte der Klassiker doch hier ganz berechnend hin zum „größeren Publikum“.
Das also waren die Hochgatterers und Hettches der Emanzipation des Romans. Dichter der „Hochliteraturen“ Lyrik und Drama, die den Roman benutzten, ohne ihn wirklich voran zu bringen, ihm aber doch Reputation verschafften. Die wahren Pioniere des Genres waren andere: Ludwig Tieck etwa, vor allem in seinen späten Novellen, die ersten Realisten (immer wieder empfehlenswert: Immermanns „Münchhausen“), Büchner (kein Romancier, aber mit „Lenz“ unbedingt unter die Prosaneuerer zu zählen). Nicht immer reinrassige Prosaautoren, aber doch immer Autoren, die das „Genre“ ernst genug nahmen, gewissenhaft an seiner Gestalt zu arbeiten.
Der Roman zog die Mittel, die ihn voranbrachten, aus der Veränderung der Perspektive, aus der er die Welt im Menschen und die Menschen in der Welt betrachtete, und der diesen Zwecken angepassten Sprache. Genau dies nun scheint mir der Nutzwert unseres kleinen Exkurses zu sein. Das Genre „Kriminalliteratur“ befindet sich auf dem Weg einer Emanzipation, es verändert seine Herangehensweisen, seine Absichten, sucht sich neue Objekte und passt seine Sprache der jeweiligen Stufe seiner Entwickung an. „Einmischungen von außen“ beweisen nur, dass sich auch die „Hochliteratur“ dieser Entwickung nicht verschließt. Sie ist gut fürs Image – letztlich bedeutend wird sie wohl kaum sein.
Und noch ein wichtiger Punkt: Die Emanzipation des Romans in Deutschland brauchte ihre Zeit. Rechnen wir allein 60 Jahre, die der Roman benötigte, um sich sowohl „vom Image her“ als auch qualitativ zu etablieren, ohne indes bereits auf breiterer Front „Weltniveau“ erreicht zu haben. Auch die Emanzipation des Krimis ist ein Prozess. Er zieht sich beinahe durch das gesamte 20. Jahrhundert, hat seine Wurzeln im 19. und ist auch im 21. noch lange nicht abgeschlossen. Keine Spur von modischem Trend. Nichts Neues unter der Sonne.
Danke, lieber dpr, für Deinen Ritt durch die Jahrhunderte und vor allem für den letzten Satz Deines Exkurses. Du hast ganz recht damit. Schaut man sich nämlich mal die letzten Jahre und nicht nur ´07 des DKP an, wird doch sehr deutlich, dass es sich nicht um einen Wendepunkt handelt. Ani taucht da seit Jahren auf, Wolf Haas und Martin Suter gehen wahrscheinlich auch irgendwie in die literarische-Kriminalroman-Richtung, Pieke Biermann und Astrid Paprotta ebenfalls.
Aber ich weiß gar nicht mal so recht, ob ein Blick auf den DKP und die von Tobias Gohlis selbst initiierte, recht junge und doch schon einigen Veränderungen personeller Art unterworfene Bestenliste ausreicht, um einen Trend sehen zu können. Den Glauser müsste man auch irgendwie im Blick halten und das Feuilleton am besten mit dem Alligatoren gemeinsam nach diesem potentiellen Trend durchleuchten. Ein wichtiger Teil des Letzteren auf den Krimi bezogen hat aber selbst die These „Wendepunkt“ aufgestellt… Bestimmt ein schöne Thema für Euren Stammtisch im Jahrbuch ´08.
Der Krimi ist tot.
Lang lebe der Krimi.
Oder so.
Der gute Gohlis, lieber Lars, hat uns mit seiner These vom Tod des Krimis natürlich auch etwas provozieren wollen. Das tun diese Leute in diesen anachronistischen Printmedien manchmal, um überhaupt noch gelesen zu werden…
Knackpunkt ist natürlich wie immer dieses „literarisch“. Was soll das denn genau sein? Die Sprache, die Art, wie ich ein Thema bearbeite? Mal sehen, vielleicht am Montag mehr dazu. Provo-These vorab: Die Autoren von Heftromanen arbeiten im Allgemeinen literarischer als die meisten Vertreter der „Hochliteratur“. Na, das soll jetzt der Gohlis mal toppen!
bye
dpr
Tu uns doch am besten vorweg den Gefallen, lieber dpr, mal kurz die Begriffe „literarisch“ und „Hochliteratur“ Deiner Auffassung nach zu umreißen, ohne dabei „trivial“ zu erwähnen. So lange die schwammig sind, ist die Diskussion recht schwer, oder?
Den Begriff „Hochliteratur“ setze ich ja immer konsequent in Anführungszeichen (hoffe ich jedenfalls…). Das ist eine Krücke fürs Akademische, Feuilletonistische, um das gerade angesagte literarische Ranking zu fixieren. Viel schwieriger und interessanter ist „literarisch“. Ich habe den Verdacht, dass die Kombination aus Thomas-Mann-Schachtelsätzen und Sinngrübelei bei vielen als „literarisch“ durchgeht. „Literarische Sprache“ eben, die sich an einem höheren Gegenstand abarbeitet. Was kompletter Unfug ist. Es gibt überhaupt keine „literarische Sprache“. Aber dazu am Montag mehr (typischer Cliffhanger, gelt?)
bye
dpr
Hallo dpr,
Es stellt sich für mich eher die Frage, warum Gohlis gerade jetzt einen Trend verkündet, der (quantitativ betrachtet [meint: es gibt mehr solcher Bücher]) zwar real aber nicht neu ist.
Gohlis hat ja nicht unbedingt darauf abgehoben, dass Krimis literarischer [? Im Sinne der feuilletonistischen Gallerie ?] geworden sind; es geht ihm doch um das Aufbrechen des klassichen Whodunits „Tatsächlich, nur einer von sechs Titeln, Oliver Bottinis `Im Sommer der Mörder`, entspricht den landläufigen Vorstellungen von einem Kriminalroman: erst Rätsel/Mord, dann Verwicklung, zum Schluss Aufklärung.“ und der veränderten Rolle des Detektives „[…] und Schluss ist mit der falschen Versöhnung einer durch Detektion reparierten Ordnung.“
Wie gesagt, so originell ist das nicht. Aber ZEIT-Leser können hier vielleicht noch etwas ´rausziehen.
Wenn ich mir Bestsellerlisten und Internetdiskussionsforen so anschaue, habe ich das Gefühl, dass dieser Trend nicht überall rezipiert wird.
Beste Grüße
bernd
PS: Es wäre wirklich schön, wenn die „HTML tags“ nicht immer entfernt werden würden, sondern wenn diese – wie angegeben „you may use HTML tags for style“ – tatsächlich verwendet werden dürften.
Gohlis ist da tatsächlich nicht sehr eindeutig. „Detektivroman und Literatur tauschen die Plätze“, heißt es im Untertitel, im Text dann: „Das geschmähte Genre ist längst Literatur sui generis.“ Also was nun? Wenn etwas längst etwas an die Stelle von etwas anderem getreten ist, braucht es doch mit dem nicht mehr die Plätze zu tauschen. Das Entscheidende ist jedoch der Literaturbegriff, der dahintersteckt. Die Frage also, was „literarisch“ ist und was nicht. Wollen wir am Montag ausführlicher ventilieren.
HTML-Tags werden schon angezeigt (s.o.), es müssen nur die richtigen sein. Nicht i, sondern em, zum Beispiel. Und, Cliffhanger: Nächste Woche erfährt der Leser, wie man etwas fett druckt.
„Detektivroman und Literatur tauschen Plätze“ – ist das nicht ungefähr genauso sinnvoll wie „Handball und Sport tauschen die Plätze“?
Nicht, wenn man Handball gar nicht zu den Sportarten rechnet, lieber Lars. Oder eben Detektivromane nicht zur Literatur.
bye
dpr
Genau darauf wollte ich hinaus.
Lieber Lars,
das war vorherzusehen.
Gerade dpr betont gerne, dass das Triviale Elter des Krimis ist. Also folgt, wenn man Literatur nicht als Synonym für Texte in Büchern verwendet, dass nicht jeder Detektivroman Literatur ist.
Wollte man Literatur als Synonym sehen, dann können wir uns am Montag wohl das Lesen des dpr’schen Textes sparen.
Beste Grüße
bernd
Das ist geschäftsschädigend, Bernd, das wird arbeitsrechtliche Konsequenzen haben! Von wegen „können wir uns ersparen“! – Aber es geht ja auch gar nicht um die Frage, ob Krimis Literatur sind oder nicht, sondern: Welche Literatur ist hier gemeint? Warum schreibt Bottini Nur-Krimis, Littell aber Literatur? Das sollte man schon lesen! Einen Zwanziger in die Portokasse, mein Lieber!
bye
dpr
Selbst Trivialliteratur ist aber eine Form von Literatur. Die Trennung von Literatur und Irgendein-Roman ist genau so arg strapaziert wie längst überholt.
Nebenbei stört mich auch die Formulierung „tauschen die Plätze„. Wenn vorher also Detektivroman keine Literatur war und der jetzt den Platz mit letzterer tauscht – ist rein logisch alles, was vorher Literatur war, nun trivial. Sorry, aber die Unterzeile will mir in ihrer Plakativität nicht einleuchten.
One last for luck (und für die Spitzfindigkeit): Wenn wir „den Detektivroman“ als eine Transformation des englischen Terminus „detective novel“ und damit als Sub-Genre von Kriminalromanen auffassen, kann ein John le Carré oder Garry Disher mit seinen Wyatts nach Tobias Gohlis eigentlich nicht gemeint sein, wenn wir von „Literatur“ sprechen.
Genug für heute.
„Ihnen kamen, etwa ab den Siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts etliche allgemeine Tendenzen […] zugute“: nicht zu vergessen die Vorstellung, daß der Mensch der Urheber seiner Welt sei (und deshalb z. B. auch eines ‚Urheberrechts‘ bedürftig, das wichtige Bedingung für die Durchsetzung des Romans war). Und als ‚Urheber‘ kommt dann auch der ‚Verbrecher‘ in den Roman — in gewisser Hinsicht immer schon als Abbild/Reflexionsfigur des Autors. Da hat dann auch die Künstler-Verbrecher-Verwandtschaft ihren Ursprung (oder mindestens eine der vielen Quellen).
Erkältet grüßend!
…wobei das mit dem Urheberrecht, lieber JL, in all dieser hübschen Kleinstaaterei natürlich so eine Sache war. Ein „Bestsellerautor“ wie Jean Paul (mit „Hesperus“) brauchte „wg. Raubkopien“ am Ende denn doch noch die fürstliche Kleinrente, um über die Runden zu kommen. Aber das Gesetzlich/Ökonomische hat die Entwicklung des Romans mitbeeinflusst, da sind wir uns einig. Über die Künstler-Verbrecher-Verwandtschaft müsste ich noch einmal verschärft nachdenken. Die Künstler-Gott (Demiurg)-Verwandtschaft leuchtet mir da im Moment eher ein.
bye
dpr
Hallo Lars,
Nein, so spitzfindig, glaube ich, ist das nicht. Wir können bei T.Gohlis voraussetzen, dass er den Unterschied zwischen Krimi i.A. und Detektivroman im Besonderen kennt [behaupte ich ‚mal als langjähriger ZEIT-Leser].
Ich kann ja nicht für Gohlis sprechen, aber ich verstehe den Text so, dass Gohlis eben ganz bewusst die „triviale“ Linie von Hammett oder Christie im Sinne hatte und eben nicht die „literarische“, die von Conrad zu Le Carre führte.
Beste Grüße
bernd
Dass gerade Le Carre als Zeuge herhalten soll, finde ich in sofern lustig, als dass die weiteren Vertreter dieses Subgenres bei vielen „Internetkrimidienstleistern“ eher sparsam und – so scheint es – nur auf intensiven Zuruf der Leserschaft, kaum aber aus der eigenen Motivation der Redakteure heraus, vertreten sind.
keine Frage, lieber dpr, die Durchsetzung des Urheber’rechts‘ ist das eine (ich sage nur Altenburg). Aber es kommt mir auf die Konzeption an. Dabei gehört der Künstler-Gott durchaus ins Spiel: es kommt darauf an, ob sich durch mich ein Anderer (oder etwas Anderes) verwirklicht (dem dann auch die Ergebnisse zuzurechnen sind, sei’s Gott oder der Teufel), oder ob ich selbst etwas will und durchsetze — für mich und mir zurechenbar. Ich werde durch mein Tun und seine Ergebnisse unterscheidbar, bin nicht mehr Teil eines allgemeinen Mediums. (Theaterautoren 18. Jh. — von Goldoni zu Schiller bspw.). Meine ‚Schöpfungen‘ unterscheiden mich (s. o.): als Verbrecher-Urheber will ich das verheimlichen, als Künstler-Urheber bestehe ich auf meinen Namen. In die Richtung geht das (ich bin da keineswegs originell). Im 19. und frühen 20. Jh. wird daraus dann die Psychopathologie des Künstlerischen (und des Verbrechens: Abweichungen sind beide, s. Birnbaum, Wulffen etc.).
Nachtrag am (unteren) Rande: das Urheberrecht ist ja die Voraussetzung dafür, daß sich die Raubdrucker-Zentren etablieren konnten, die sich nicht selten mit der Freiheit des Wortes zu legitimieren suchten. Grüße (hatte ich auch vergessen)!
Wozu mir noch der im 18. Jahrhundert verbreitete „Trend“ einfällt, eigene Werke als die anderer auszugeben („Aus den Papieren des Grafen ***“ etc.), die Urheberschaft also zu unterdrücken. „Ich wars nicht!“, antwortete der Autor im Kreuzverhör der Literaturgeschichte. Meist vergebens.
@Bernd: Der „Internetkrimidienstleister“ wtd befördert dich hiermit zum Redakteur für das Ressort Spionageromane. Eine Gehaltserhöhung ist damit nicht verbunden, wie du jetzt zu früh frohlockt hast. Aber die Verpflichtung, diese Beförderung morgen zum zweiten Frühstück mit einem guten Tropfen aus deinem Weinkeller zu begießen! Und keine Tricks! Ich weiß eine 2005er LIDL-Spätlese von einem edlen 1912er Bordeaux zu unterscheiden!
bye
dpr
das gehört wohl genau so in den Zusammenhang, wie im 19. Jahrhundert die Möglichkeit, statt des Namens (oder wenigstens zusätzlich) frühere Werke einzusetzen. Temme z. B. figurierte in der Gartenlaube jahrelang als „vom Verfasser der Verbrecher“, ohne Namenszusatz. Oder schauen Sie das Titelblatt von Bäuerles Zahlheim an. Das war ein langer Prozeß, in dem die geistige Hervorbringung fest mit dem Namen verbunden wurde (und da kommt dann wieder das Verbrechen ins Spiel, das den Status einer geistigen Hervorbringung — Planung, zielgerichtete Durchführung etc. — auch erst im 18./19. Jh. erhielt. Q.e.d.).
… und setzt sich bis heute putzig in Gestalt von Aufklebern „Vom Autor des Bestsellers XY“ fort. Namen kann sich heutzutage eh keiner mehr merken…
bye
dpr
Lieber Bernd,
Hammett würde ich nicht unbedingt ins Triviale einordnen wollen, aber klar: Gohlis weiß es bestimmt besser, als es in der ZEIT abgedruckt war. Dafür ist er ja lange genug am Ball. Mich würde mal interessieren, an wen sich dieser Appell „Krimi ist Literatur!“ eigentlich richtet? Ich bin aus einer anderen Generation als Gohlis und wahrscheinlich auch aus einer anderen als der „typische“ ZEIT-Leser – aber ist diese Vorstellung, die Gohlis korrigieren will, tatsächlich noch dermaßen verbreitet?
Nebenbei: Ich würde es begrüßen, einfach mal Schluss damit zu machen, ständig zu betonen, dass Kriminalroman auch Literatur ist. Das ist selbstverständlich. Das dauernd hervorzuheben, ist nicht die Form von Emanzipation, die ich als erfolgsversprechend betrachte.
Da bin aber mal froh, mich mit der Couch nicht angesprochen fühlen zu müssen 😉
Herzliche Grüße,
Lars
Hallo Lars,
wenn es unterschiedliche Kategorien gibt (i.e. trivial, literarisch), dann werden sie vermutlich auch unterschiedliches bezeichnen.
Das Bedürfnis diese unterschiedlichen Kategorien zu verwendet (was nicht bedeutet, dass sie mit genau diesen Begriffen zu versehen sind) wird nicht nur durch die Zitatensammlung dpr’s deutlich, sondern auch durch die regelmäßige Lektüre von Krimikritiken. Ob dabei literarisch in der so verwendeten Bedeutung genau der Bedeutung entspricht, die der naiven Vorstellung von literarisch entspricht – nämlich Literatur betreffend -, darf bezweifelt werden, aber dass Termini kontextsensitiv sind und fachlich spezifischer genutzt werden, ist ja nichts neues.
Die Frage ob nun Krimis Literatur sind oder nicht dürfte weniger eine Generationenfrage als eine soziokulturelle – und hat mit der Frage ob ein Krimi literarisch ist, wenig zu tun. Nur: Die Leute, die dpr zitierte oder mich oder … brauchst Du nicht davon zu überzeugen.
Das dauernd hervorzuheben, ist nicht die Form von Emanzipation, die ich als erfolgsversprechend betrachte.
Also ich brauche keine „erfolgsversprechende Emanzipation“ und wenn man diese bräuchte, spräche ja wohl einiges dafür, dass das Gefühl besteht, dass eben Krimis/Detektivromane nicht als „vollwertige“ Literatur angesehen werden.
Beste Grüße
bernd