Naomi Hirahara: Snakeskin Shamisen

(Dieses ist die zweite Besprechung eines der Kandidaten für den Edgar des Jahres 2007, Kategorie „Bestes Taschenbuch“.)

Eine Gruppe Amerikaner japanischer Herkunft; man ist weitgehend unter sich. Der Gewinn von 500.000 $ in Las Vegas ist Grund genug, in einem hawaiianischen Restaurant zu feiern. Am Ende liegt der Gastgeber auf dem Parkplatz des Restaurants, aufgeschlitzt mit einem Bajonett, eine zerschlagene Shamisen [ein hier aus Okinawa stammendes lautenartiges Musikinstrument] daneben.
Mit dabei war auch Mas Arai. Als er versucht, sich vom Geschehen davonzustehlen, fordert ihn ein guter Freund auf, seiner Freundin, einer Privatdetektivin, bei der Aufklärung des Mordfalls zu helfen. Und da auch bei Mas Arai Chikusho , das Gefühl der Verpflichtung jemanden gegenüber, der einem einst half, ziemlich tief sitzt, lässt er sich darauf ein; obwohl er eigentlich mit solchen, nervenaufreibenden Dingen nichts mehr zu tun haben möchte.

„Snakeskin Shamisen“ von Naomi Hirahara ist deren drittes Buch der Serie um Mai Arai, dem mittlerweile über 70jährigen, japanischstämmigen Gärtner der immer wieder in Kriminalfälle verwickelt wird und der, mit seiner naiven Art des Fragens und Beobachtens, die immer wieder ins Schwarze trifft, so ein wenig an Miss Marple erinnert – obwohl deren Ehrgeiz in spannende Abenteuer verwickelt zu werden, ihm suspekt wäre.

Die Shamisen führt zurück nach Okinawa, der Insel, die so lange rechtlich und kulturell unabhängig von Japan gewesen und Schauplatz einer der blutigsten Schlachten des 2. Weltkrieges war. Von dort emigrierte der Vater des Opfers in den 30er Jahren, um selber dann in den 50er Jahren zu verschwinden. Und irgendwie, so dämmert es Mas Arai, scheinen diese beide Fälle zusammenzuhängen. Und als dann noch ein Agent der Heimatschutzbehörde auftaucht, Telefone abgehört, Autos mit Peilsendern ausgestattet werden und seine “junge“ Kollegin mit ihm in einer wilden Verfolgungsjagd einen Mann stellt, muss dieser ältere Herr deutlich mehr Aufregung erleben als ihm lieb ist.

Wieder einmal, so stellt sich heraus, führt uns ein Buch zurück in die frühen 50er Jahre und der Zeit, als die Kommunistenphobie die USA im Griff hatte. Für die Japanischstämmigen war es die Zeit, als sich Ihnen die Gelegenheit eröffnete, Amerikaner zu werden und einzutauchen in den großen Strom der amerikanischen Geschichte oder aber, als sie Risiko liefen für unamerikanische Umtriebe des Landes verwiesen zu werden.

Es ist ein atmosphärisch dichtes Buch, welches uns die Welt der Amerikaner japanischen Ursprungs, deren sprachliche „Eigenheiten“, die zwischen den Kulturen zerrissene Denk- und Lebensart und die latenten Konflikte mit anderen Minderheiten, näher bringt. Während die Immigranten der ersten Generation als Gärtner gesucht waren, sich jedoch ansonsten nur wenig integrierten und noch weniger die englische Sprache beherrschten, wurden diejenigen der zweiten und dritten Generation zunehmend ein Teil der US-amerikanischen Gesellschaft, so dass der deutsche Leser sich fragt, ob unsere Probleme mit Immigranten wirklich nur an diesen liegen.

„Snakeskin Shamisen“ kann als gelungene Weiterentwicklung von Big Bachi , dem Erstling der Autorin bezeichnet werden. Und eher noch als in „Big Bachi“ entwickelt sich eine Spannung, die das Buch zurecht zum Genre gehören lässt. Wenn auch gerade hier offenbar wird, dass das Gleichgewicht im Buch noch nicht ganz gewahrt ist; zu sehr saugt die gelungene Atmosphäre des Buches die Aufmerksamkeit des Lesers auf und zu wenig kann da die zugegebenermaßen komplexe, aber wenig raffinierte und „bedrohende“ Geschichte mithalten.

Naomi Hirahara: Snakeskin Shamisen. 
Delta 2006. 255 Seiten. 10,50 €
(noch keine deutsche Übersetzung)

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