Was immer sie sich auch erhofft hatten, an diesen Abend konnten sie es vergessen. Schon von Anfang an stand das erste „Tete-à-tete“ zwischen Louis Kincaid, Privatdetektiv, und Susan Outlaw, Anwältin und alleinerziehende Mutter, unter einem schlechten Stern. Während er sich mühte, den Premiumtisch in einem netten Restaurant zu ergattern, bereitete sie ein gemütliches Essen daheim vor. Und während sie es noch aussortieren, steht plötzlich Austin, ihr früherer Ehemann vor der Tür und will einen auf treusorgenden Vater machen.
Und auch in den nächsten Tage wird Austin nicht mehr von der Seite Susans weichen und sie – vergeblich – mit den Gefühlen des gemeinsamen Sohnes zu erpressen versuchen, der sich natürlich nach seinem Vater sehnt.
Dann sind Vater und Sohn verschwunden und Susan befürchtet, dass Austin den gemeinsamen Sohn außer Landes gebracht haben könnte. Während der Suche nach den beiden, entdeckt Louis, dass der Geschäftspartner Austins umgebracht und deren gemeinsames Büro in ein Schachtfeld verwandelt worden ist. Als Austin wieder auftaucht, bringt er schreckliche Nachrichten mit: Der Sohn wurde entführt.
Den beiden älteren Schwestern, die unter dem Pseudonym eines älteren Herren mit dem Namen P.J. Parrish auftreten, gelingt es im Weiteren, das x-te Klischee eines Entführungsthrillers zu vermeiden. Nicht nur weil die Entführer eine eigene Agenda verfolgen, die so gar nichts mit Geld zu tun hat und nicht nur, weil sie, trotz der Blutspur die sie legen, nett zu Kindern sein wollen, sondern auch weil „A Killing Rain“ zwar ein Buch ist, welches Spannungsmomente immer wieder dramatisch verdichtet, dem aber Pseudodramatik fern liegt.
Dabei thematisiert das Buch auch die Ausbeutung und Einschleusung illegalen Immigranten durch skrupellose Geschäftemacher und beschäftigt sich, ähnlich wie Tess Gerritsens „Vanish“ ganz bewusst nicht mit den Einwanderern mexikanischer Herkunft.
Die beiden schreiben in einem Stil, der so gar nicht altdämlich ist: Nüchtern, fast lakonisch, dabei mit einer ungeheuren Intensität und die Handlungen ihrer Personen verständlich machend, ohne dass sie uns geschwätzig all das erläutern wollten, was sie sich da ausgedacht und zu Papier gebracht haben.
Im Zentrum der Darstellung steht die meiste Zeit über Louis Kincaid, gelegentlich wechselt die Darstellung aber auch zu den anderen Figuren. Bis dann auch in einzelnen Episoden die Entführer in den Blickpunkt geraten und die anfängliche Detektivgeschichte sich zu einem Wettlauf zwischen Ihnen und Louis entwickelt.
Dabei erinnert der dunkelhäutige Louis Kincaid ein wenig an Walter Mosleys Easy Rawlings, ohne jedoch, dass er dessen rassischen Konflikte durchzumachen hätte – wie auch, es wäre wohl den beiden weißen Autorinnen nicht schlüssig aus der Feder geflossen. Louis ist nicht pathetisch, nicht von überbordendem Selbstbewusstsein, sondern einfach ein Mann, der das tut, was er als seine Pflicht ansieht und so versucht er alles, um den Jungen zu retten, der offensichtlich von seinem Vater verlassen wurde.
„A Killing Rain“, das auch ein wenig vom landschaftlichen Reiz Floridas lebt, über dessen Gefährdung schon John D. MacDonald schrieb, ist ein stimmiges Buch, von kühlem Charme und großer Klasse.
P.J. Parrish: A Killing Rain.
Little Brown and Company 2005, 384 Seiten. 5,99 €
(noch keine deutsche Übersetzung)