Was ist denn nun eigentlich Krimi, hä? Alles was zum Genre gehört. Aber dazu gehört eben nicht alles. Den Schund klauben wir mit spitzen Fingern heraus, das „Schwerliterarische“ kippen wir nur unter Protest hinein. Sollten wir nicht tun. Denn ein Genre ist immer ein vertikales Gebilde, es reicht vom literarischen Himmel bis in die literarische Hölle – und nicht selten paaren sich Teufel und Engel in schier zauberhafter Weise…
Was ist Krimi? Ein Sammelbegriff. Ein aus diversen Kriterien gebasteltes Behältnis, in dem alles Platz findet, was mit Verbrechen, Ermittlung und Spannung zu tun hat. Qualität darf keines dieser Kriterien sein; theoretisch. In praxi jedoch stopfen wir ins Genre-Gefäß mit Vorliebe das Arrivierte, nicht selten Mittelmäßige, Konfektionierte, während wir das Extreme misstrauisch beäugen und eigentlich so gar nicht in der Heimeligkeit der Genresicherheit sehen möchten: Groschenhefte? Sind uns zu schundig. „Richtige“ Literatur? Soll bleiben wo sie hingehört, diese Mogelpackung.
Noch hat man →die jüngste Diskussion im Ohr, als die vorgebliche Literarisierung des Krimis (Schenkel, Hochgatterer und andere) von den einen freudig als Genreauffrischung und –aufwertung begrüßt, von den anderen hingegen als Genreverwässerung und –missbrauch verurteilt wurde. Jean Amilas „Mond über Omaha“ war vor Jahresfrist ein ähnlicher Fall von „Pseudokrimi“. Ganz aktuell im Gerede: Pablo De Santis „Die sechste Laterne“, von der Kritik ohne Widerspruch als „Krimi“ angenommen und sehr zu Recht gepriesen, von der Normallesern wohl eher als Mogelpackung geächtet. Sollen wir ihn dennoch ins Genre werfen? Und was ist mit Dieter Kühns aktuellem Roman „Geheimagent Marlowe“? Das Gros der Krimileser wird dieses Buch nicht als „Krimi“ lesen oder, falls doch, als enttäuschenden Krimi, weil er dessen Charakteristika nicht oder nur rudimentär oder verfremdet enthält.
Was zu einem Genre gehört, ist, so lautet eine Definition, Ergebnis einer Übereinkommens von, im weitesten Sinne: Lesern. Das ist richtig und doch falsch. Abgestimmt, was Krimi sei, wird in den Buchhandlungen und den einschlägigen Rezensionsorganen, es ist stets eine Sache von Vorliebe und Qualität, also eine horizontale Auslese. In den meisten Fällen ist Krimi dann die literarische Mittellage, Unterhaltung mit Schuss, Wohlfühlnervenkitzelware jenseits des Trivialdiscounts, aber auch jenseits der literarischen Delikatessenläden. Doch damit wird ja nicht wirklich das Genre definiert (und auch nicht, dies der Vollständigkeit halber, durch das Herauspicken der Delikatessen) – es wird lediglich hierarchisch („horizontal“) bewertet.
Das Problem: Krimi ist nie. Krimi wird immer. Und zwar vertikal, in einem beständigen Austausch von unteren („das Triviale“) und oberen („das Literarische“) Schichten. Das Paradoxe daran: Ausgerechnet dieses Mittel zur Eingrenzung ermöglicht die Entgrenzung.
Das ursprüngliche „Genre“ ist zudem zeitlos, was es kreiert, sind lediglich Moden. Wenn wir also sagen, das Krimigenre habe sich entwickelt, dann meinen wir: Es sind neue Mischungen entstanden, die wir favorisieren, die vielleicht zum Gemeingut wurden (wer weiß, für wie lange…), die tatsächlich das Spektrum Krimi erweitert, nuanciert haben. Wir haben sie aus dem ständig sich quasi selbst umrührenden Genretopf gefischt und rühmen sie als Paradigmen für „gute Krimis“. Auch das natürlich ein Qualitätsurteil.
Über den legitimen Aufenthalt des Heftchenkrimis im großen Genretopf sollte unter vernünftigen Menschen eigentlich keine Uneinigkeit herrschen. Schließlich hat der Trivialkrimi dieses Genre entscheidend geprägt und, dies lehrt uns ein Blick in die Geschichte, aus sich selbst heraus Neuerungen zustande gebracht, die im Laufe der Jahre „qualitativ nach oben“ gewandert sind.
Als kleines Beispiel sei Paul Rosenhayns „Der Fall Valenti“ aus dem Jahre 1929 genannt. Es ist eigentlich ein Fall für Rosenhayns Detektiv Joe Jenkins, einen für die Zeit typischen Serienhelden. Das Besondere hier: Der kleine Roman besteht ausschließlich aus Dokumenten. Verhörprotokolle, Fahndungsplakate, Telegramme, Zeitungsausschnitte etc. Eine reizvolle Angelegenheit, das ganz bestimmt, aber eben noch mehr. Im „Fall Valenti“ erweitert Rosenhayn, der beständig über Heftchenniveau schrieb, nicht nur das Spektrum des Trivialromans, er nimmt auch Bezug auf neuere allgemeinliterarische Strömungen, die Auflösung des Erzählkontinuums etwa, den raschen Szenen- und Perspektivwechsel, und ist zudem von den Stilmitteln des noch relativ neuen Mediums Film beeinflusst – was für viele seiner Mitautoren der Zwanziger Jahre gilt, die nicht selten auch als Drehbuchschreiber, Regisseure oder Schauspieler ihr Brot verdienten.
Betrachten wir dies unter dem Genre-Aspekt, dann wird klar, wie innig sich hier das Untere und das Obere verschwistern, durcheinandergewirbelt werden. Mit Qualität hat das zunächst überhaupt nichts zu tun – und das ist gut so.
Dokumentarisch-visuell: eine Seite aus Rosenheyns „Der Fall Valenti“ (1929)
Der Fall des Hard Boiled sei nur am Rande erwähnt, er ist bekannt genug. Was uns heute kriminalistische Hochliteratur ist, begann als Pulp, der in den Augen der meisten gebildeteren Zeitgenossen nichts weiter war als Schund. Und es wäre eine ausführliche Untersuchung wert, welche Widerstände der „Agatha-Christie-Krimi“-Fraktion zu überwinden waren, Hard Boiled als wichtigen und überhaupt nicht minderwertigen Teil des Genres zu akzeptieren.
Spaßeshalber erwähnen wir noch ein Abenteuer des „Weltdetektivs Sherlock Holmes“, der seit 1905 als Heftchenheld global für Recht und Ordnung sorgte – Genrebodensatz also. Die Geschichte heißt „Der Mädchenmörder von Boston“ (demnächst in der „Criminalbibliothek“) und schildert, wie ein – sagen wir heute nicht : Serienkeller? – seine Opfer, sämtlich Frauen, an Fleischerhaken hängt und hernach mit dem Hackebeilchen portioniert. Aber es sind besondere Frauen, denen dieses Schicksal widerfährt:
„Das Gräßlichste aber war, daß an den Wänden an großen, eisernen Haken die Leichen von etwa fünf oder sechs Frauen hingen. Sherlock Holmes überlief bei ihrem Anblick ein eisiger Schauer. Der rote Bill bemerkte wohl den furchtbaren Eindruck, den diese Leichen auf seinen Gefangenen machten. Er schleppte ihn dicht an dieselben heran.
„Da, mein Junge“, rief er, „sieh’ sie dir nur genau an. Nicht wahr, hübsche Weiber? Der rote Bill hat einen guten Geschmack? Alles Frauenzimmer, die nichts anderes wert sind, als zu Hackefleisch verarbeitet zu werden. Da sind sie doch wenigstens zu etwas nütze. Haha, die liebten alle die Männer nicht, die waren es wert, vom Erdboden vertilgt zu werden.“
Bei diesen Worten brach der Unhold in ein wahnsinniges Gelächter aus.
Der rote Bill tötet also Lesben. Und man muss kein großer Kenner der Kriminalliteratur sein, um „das Moderne“ an dieser Geschichte zu erkennen. All die Serienmörder-, Psychopathenthriller, die Killer mit Kindheitstraumata, Impotenzängsten oder faschistoider Grundierung, mithin die Könige und Königinnen des heutigen Genrebegriffs – hier liegen sie bereit, mitten im allergrößten Igitt, dem oft verachteten, gerne ignorierten Bodensatz des Krimis.
Von Lesben traumatisiert oder: Mankell war später (Ausschnitt Titelbild „Der Mädchenmörder von Boston“)
Kommen wir jetzt aus den Niederungen hoch an die Spitze des Genres, zu Friedrich Dürrenmatt etwa. Dürrenmatt ist ein Phänomen. Ein Hochliterat, der ein paar Krimis geschrieben hat, weil er Geld verdienen wollte, also durchaus dem Credo von Heftchenschreibern folgend. Dass man ihn nicht sogleich als „zu literarisch, zu pseudokrimiesk“ aussortierte – was man heute tun würde, seien wir ehrlich -, lag wohl vor allem daran, dass man zu wenig zum Einsortieren hatte, jene Krimi-Mittellage, die heute das Genre definiert, also fehlte oder als solche nicht erkannt wurde. Dürrenmatt bewies immerhin, dass Krimi etwas anderes sein konnte als „Schund“, beinahe sogar gute und richtige Literatur. Womit wir sein größtes Verdienst um den Krimi auch schon genannt hätten.
Aber sonst? Wir tun jetzt etwas, das man nur innerhalb eines Genres, einer Vertikalen tun kann, wir fragen uns nämlich, welche kriminellen Zutaten Dürrenmatt seinen Texten beimengte und was aus diesen Texten geworden wäre, hätte sie Dürrenmatt nicht als Krimis geschrieben. Dort wo es keine Genres gibt, sondern nur E- und U-Literatur, wäre dies blasphemisch. Versuchen Sie einmal, Thomas Manns „Lotte in Weimar“ mit einem „Lore-Heftroman“ zu korrelieren! Spannend wärs, aber der Scheiterhaufen noch schneller errichtet, auf dem man Sie verbrennen würde. Zurück zu Dürrenmatt.
„Der Richter und sein Henker“ ist für viele DER deutschsprachige Krimi. Das Kernthema des Buches lässt sich in einem Satz fixieren: Darf man Recht mit Mitteln des Unrechts durchsetzen? Ein durchaus geläufiges Sujet in der deutschsprachigen Literatur der frühen 50er Jahre, Stichwort „Tyrannenmord“. Dürrenmatt selbst hat das Thema später mindestens noch einmal behandelt, im „Besuch der alten Dame“ nämlich, wo es durchaus auch um Verbrechen geht, doch käme kein Mensch auf den Gedanken, von einem „Krimitheaterstück“ zu sprechen.
Bei „Der Richter und sein Henker“ ist es anders, den hier greift er mitten hinein ins plakativste Genre. Dürrenmatts Protagonist ist ein Kriminalbeamter. Sein Gegenspieler offenkundig ein Verbrecher, er hat einen Mord begangen, nur um zu beweisen, dass man einen Mord begehen kann, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, das perfekte Verbrechen also. Es kommt, Jahrzehnte später, zur Konfrontation, als ein Polizist ermordet wird und der Kriminalbeamte versucht, den Verbrecher dieses Mordes zu überführen. Am Ende erkennen wir den „roten Hering“ in der Geschichte, die falsche Spur, die uns Dürrenmatt folgen lässt. Alles nämlich ist von der langen Hand des Kriminalbeamten geplant, das Ganze eine Inszenierung zum Zwecke des Kernthemas. Für das eine Verbrechen krieg ich dich nicht dran, also büßt du für etwas, das du gar nicht begangen hast. Recht durch Unrecht also.
Dürrenmatt nutzt die Genremöglichkeiten, ein sehr philosophisches und komplexes Thema zu popularisieren. Auch auf die Gefahr hin, dass unter all diesem beinahe whodunnithaften Spektakel das eigentliche Thema nicht mehr wahrgenommen wird. Immerhin: Es ist ein Krimi geworden, eine Mischung aus Trivialelementen und „tieferem Sinn“. Und man kann ihn nur innerhalb der Grenzen eines Genres wirklich analysieren, nicht in den Gefilden von „Hochliteratur“, die den Trivialelementen und Versatzstücken nichts weiter zu entlocken hat als ihre üblichen Banalitäten, sobald man dort auf das Banale zu sprechen kommt. Als Teil des Genres Krimi begreift man diese Romane nicht; sie sind Hochliteratur, Krimis, die besser als Krimis zu sein haben.
Dürrenmatts Einfluss auf die deutschsprachige Kriminalliteratur war und ist enorm, das mal souverän, viel zu häufig jedoch holprig ans Genregerüst gehängte „Philosophisch-Psychologisch-Gesellschaftlich-Wertvolle und Kritische“ heutiger Kriminalromane wäre ohne ihn, der zum Vorbild wurde, gar nicht denkbar.
Überhaupt keine Beachtung fand hingegen →„Duell im Dunkel“ von Egon Eis, das 1957, also kurz nach Dürrenmatts Krimi-Drillingen, erschien. Keine Frage: Dürrenmatt ist dramaturgisch eleganter, sprachlich cleverer. Das Thema von „Der Richter und sein Henker“ und „Duell im Dunkel“ ist jedoch dasselbe. Dem Recht wird durch Unrecht Genüge getan.
Dass Dürrenmatt indes bis heute glänzt, Eis hingegen ganz romantitelgerecht im Dunkel verblieben ist, verdanken wir der Missachtung der obersten Genreregel: SIE IST VON NATUR AUS VERTIKAL, sie umfasst schlichtweg alle Qualitäten. Eis’ Krimi hätte es verdient gehabt, genauso ernsthaft analysiert zu werden wie Dürrenmatts „Richter“, er ist ein Zeitdokument und erzählt uns sogar vielleicht mehr über die 50er Jahre und ihre Geisteshaltung als Dürrenmatts eher allgemeinphilosophischer Entwurf.
Die Quintessenz dieses kleinen Ausflugs in die Welt des Genres ist folgende: Genres sind Gebilde des Begrenzung, in denen eine entgrenzte Analyse von Literatur über ihre sogenannte „Qualität“ hinaus möglich wird. Sie sind ein Abbild von Literatur, ihrer Entstehung, Entwicklung und Rezeption schlechthin. Sie zeigen, aus welch unterschiedlichen Schichten sie gebildet wird, wie sich divergente Einflüsse verbünden, wie sehr dabei auch die äußere Form eines Genres, von Literatur überhaupt verändern kann. Voraussetzung: Toleranz. Weitere Voraussetzung: Verzicht auf Wertung bei der Aufnahme von literarischen Werken ins Genre. Wunsch: Dass alle Literatur vertikal geordnet werde, mit Querverbindungen von oben nach unten, unten nach oben. Dann käme man vielleicht auch auf die Idee, Hermann Hesse nicht nur mit Goethe zu vergleichen – sondern mit der Kitschliteratur seiner Zeit. Das Ergebnis wäre erschütternd. Also erhellend.
Auch diese zweite Folge der neuen Crime School wird, in erweiterter und mit vertiefenden Beispielen angereicherter Form Teil des Buches „Crime School – Alles was Sie über Krimis wissen sollten, um endlich aufzuhören, sie zu verstehen“ (Arbeitstitel) sein. Es erscheint irgendwann 2008, kann aber sofort und hier zum ermäßigten Subskriptionspreis vorbestellt werden. Und wird wahrscheinlich nicht mehr als 20 Euro kosten, für Vorbesteller garantiert weniger.
dpr
Zu Hesse hat Deschner in „Kitsch, Konvention und Kunst“ alles gesagt. Und selbst Goethe ist ja voller Kitsch, für uns heutige Leser. Schon die Romantiker haben ihn vehement angegriffen, aus einem anderen Blickwinkel zwar. Aber das wollen Hesse-Forscher schon gleich gar nicht wissen.
Fleißkärtchen, Georg! Deschner, ja. Was er über Jünger dort schreibt, wollen wir gar nicht erst erwähnen.
bye
dpr
Prima! Schon zwei!
*möchte auch ein fleißkärtchen
**weiß nicht, für was
***stiehlt georgs, während er kaffee holt
* schenkt dir auch sein anderes – allerdings steht sein Name darin.
Es heißt übrigens: wofür. Nicht: für was.
* noch ein Streberkärtchen?
nein, die streberkärtchen überlasse ich dir.
*löscht georgs namen mit ihrem tintenkiller
**wird von dpr verwarnt
***frägt sich, wie wohl so eine genrediskussion in der science-fiction und fantasy zu bewerten wäre
****hat sie nur verpasst? – erinnert sich an bierce und lem
*****las früher auch die heftchen von courths-maler, die ihre oma im regal gestapelt hatte
******sollte besser den mund halten in genrediskussionen
*******liest heute einfach gute bücher
Ich denke nicht, daß eine Genrediskussion für SF und Fantasy sehr anders aussehen würde. In den Genren ist halt der Dekor einfach sehr wichtig : mittelalterlich oder Maschinenpark. Das lenkt ab. Aber im Grunde geht es auch in diesen Romanen um was anderes.
LG
barb
*schleppt sich an den Schreibtisch, muß bei 32° arbeiten
wenn man, lieber dpr, die historische Dimension der ‚Vertikalisierung‘, die Sie beschreiben, in’s Auge faßt, dann kann man ‚Genre‘ auch als Ressourcenspeicher begreifen (für Erzählverfahren, Konflikte, Figuren, Plotkonstruktionen usw.), aus dem sich Produzenten und Rezipienten höchst freizügig bedienen können, um die je ’neuen‘ Krimirealisierungen zu ‚machen‘ und/oder zu ‚begreifen‘. Man könnte dann das ganze Speichervokabular verwenden (metaphorisch), um Genrewandel zu beschreiben. Denken Sie nur daran, wie der ‚Lustmörder‘, der im frühen 20. Jh. die ganze Vertikale besetzt hielt (von Wedekind bis …), gleichsam aus der Mode kam (zum ‚Ladenhüter‘ wurde), um in den 1980ern (im Hollywood-Film schon früher) als Serienkiller (in veränderten Konstellationen und Konstruktionen) zurückzukehren.
Aber das nur am Rande und grüßend!
Kann man, lieber JL, nicht nur mit Lustmördern. Auch der deutsche Sozio-Krimi hatte seine Vorläufer im 19. Jahrhundert, die bereits vielfach erwähnte Frau Heinrichs mit ihren „Leibrenten“ etwa, da hätte sich Herr -ky aber anstrengen müssen. Es sind halt Moden, und Moden haben die Angewohnheit, in unregelmäßigen Abständen wiederzukehren (denken Sie nur an Diethelm von Buchenberg et al / Tannöd…). Die Moden werden aus dem Genre heraus definiert, aber sie definieren nicht ihrerseits das Genre.
bye
dpr
nicht wegen Ihrer Zustimmung, lieber dpr, wird mir ganz pfingstlich, sondern wegen Tannöd und Diethelm (möchten Sie seinethalben nicht einmal mit Herrn Lull sprechen: Faksimile von einer frühen Ausgabe, ich hab‘ hier einen allzu lahmen Scanner …).
Grüße!
„liest heute einfach gute Bücher“
In der Tat, liebe Anobella ? Und wonach definierst Du was ein gutes Buch ist ? Vollkommen Kontextfrei ?
Ohne Hintergrundswissen (also Kontext) dürfte die angemessene Interpretation von Alban Berg, Jackson Pollock oder Thomas Pynchon unmöglich sein.
dpr hat natürlich (bewusst) eine wesentliche Funktion von Genre in seinen Betrachtungen außen vor gelassen. Genretheorie hat sich u.A. aus der Semiotik abgeleitet und so wird sie dann auch nicht müde zu betonen, dass Genres die Kategorien sind, die wir brauchen, um die den Genrewerken innewohnenden Zeichen zu verstehen (also in der Tat „Ressourcenspeicher für Rezipienten“, wie ich gerade sehe).
Beste Grüße
bernd
Außen vor gelassen? Hm, das sehe ich so nicht, lieber Bernd. Ich definiere Genres als vertikale Phänomene, weil sie genau dadurch die Zeichenhaftigkeit literarischer Texte offenbaren. Zeichen haben ja den unschätzbaren Vorteil (was immer auch ein Nachteil sein kann), auf etwas zu verweisen. Was sie aber nur in einem System können. Notfalls mache ich mir dieses System selber, üblicherweise ist es aber da, siehe: Genre. Das betrifft, da Zeichen Platzhalter für „irgendetwas“ sind, was erst noch Sinn ergeben soll, aber nicht die Qualität eines literarischen Werkes. Die ist ja Teil der Sinngebung. Welche Interpretation mit Hilfe der Zeichen nun „angemessen“ ist, will ich hier nicht näher untersuchen, kann es auch nicht. Um angemessen zu sein, muss die Interpretation aber auf möglichst breitem Fundament ruhen. Deshalb plädiere ich für Genretoleranzen und den Mut, die Zeichen auch in der Vertikalen zu lesen.
Was nun „literarische Krimis“ anbetrifft: da wollen wir Pandoras Büchslein hier nicht schon wieder öffnen. Nur: Bei meiner persönlichen Qualitätsbestimmung kann ich natürlich sagen, okay, das ist für mich literarisch und das eher nicht. Das hat aber mit dem GENRE selbst überhaupt nichts zu tun. In das werfen wir Collins wie Keller wie Dürrenmatt wie… und messen sie an dem, was da noch so kreucht und fleucht im Genre. Also genau das, was TW getan hat und der Rezensent von Kellers „Aussortiert“ eben nicht. Letzteres mit lesbar gruseligen Folgen.
bye
dpr
@bernd: „Genretheorie hat sich u.A. aus der Semiotik abgeleitet“ — ganz kurz nur: der (veränderliche) ‚Vorrat an Zeichen‘ (Signifikant+Signifikat), die (historisch) variabel kombiniert werden. Das ist im Grunde Lotmans „Struktur literarischer Texte“, Paradigma und Syntagma. Und weil das Krimi-Genre relativ robuste, langfristig beobachtbare Strukturen hat, eignet es sich besonders gut als Studienobjekt. (Ich finde das klasse, was wir hier treiben.)
Beste Grüße!
ach, wie definiere ich ein gutes buch – gute figuren, ein gescheiter plot, packende sprache, witz oder ein gutes thema … wie man das eben so macht.
was ich manchmal nicht kapiere, dass ihr oft bücher lest nur aus genregründen. und zwar von anfang bis ende. dpr hält mit zusammengebissenen zähnen 600seitenweise bücher durch, die er furchtbar findet. und das nur, weil krimi draufsteht.
Das siehst du völlig falsch, mein Augenstern: Ich lese misslungene Bücher immer sehr gerne, weil sie mir manchmal mehr über „dat Schongre“ verraten als gelungene. Da opfert man sich halt im Dienste der Forschung, JL versteht das. Große Bücher dagegen feiere ich innerlich ab, da bin ich tagelang gar nicht imstande, etwas dazu zu sagen, das muss sich erst herausbilden.
bye
dpr
trotzdem. du liest nur krimis. weil krimi draufsteht.
ihr seid genreleser. und das genrelesen verhindert, dass ihr was anderes lest.
*findet genrelesen merkwürdig
Das hat aber mit dem GENRE selbst überhaupt nichts zu tun.
Hier verstehe ich nicht, wie Du das meinst. Das (virtuelle) Bild eines Genres kann doch durch jedes neue Werk geringfügig beeinflusst werden. Man könnte doch, zu beliebigen Zeitpunkten eine Standortbestimmung machen, in dem man die Bücher des Genres nach gewissen Kriterien auswertet, dann würde womöglich doch eine deutliche Veränderung sehen. Und wenn denn Genre ein Ressourcenspeicher auch für Schreibende ist, dann könnte man doch von einem positiven Feedback sprechen.
Beste Grüße
bernd
„Große Bücher dagegen feiere ich innerlich ab, da bin ich tagelang gar nicht imstande, etwas dazu zu sagen“ Ja !
ach, wie definiere ich ein gutes buch – gute figuren, ein gescheiter plot, packende sprache, witz oder ein gutes thema … wie man das eben so macht.
Das glaube ich Dir einfach nicht, liebe Anobella. Beziehungsweise: mir fehlt da etwas. Wie kommst Du dazu, all diese Parameter aus einem Buch „herauszulesen“ ? Dieses ist doch (abstrakt gesprochen) eine Decodierleistung. Und diese Decodierleistung vollbringst Du mit Hilfe des Vorwissens.
Vorwissen ist nun individuell aber auch (in Form von Genreregeln) kollektiv.
Du wirst doch sicher nicht die gleiche Musik hören, die gleichen Bilder anschauen und die gleichen Bücher lesen wie vor zwanzig Jahren ? Also ich habe mich da schon verändert und „halte“ da mittlerweile Musik aus und weiß‘ Bilder zu schätzen, mit denen ich früher nichts hätte anfangen können. Und das auch deshalb weil ich (bei der Bildern) ein wenig die Erschaffungsbedingungen verstanden habe (klassische Genreleistung).
Beste Grüße
bernd
Der Knackpunkt an dieser Diskussion um „literarische Krimis“, lieber Bernd, ist doch, dass „literarisch“ dann immer als Qualitätssiegel gebraucht wird. Wenn ich dich richtig verstehe, kennst du zwei Sorten von „guten Krimis“: „literarische“, die hinsichtlich Sprache oder Komposition quasi über den Genreanforderungen stehen und solche, die im Rahmen von Genreanforderungen als gelungen bezeichnet werden können. Aber genau das halte ich für falsch. Ich müsste dann etwa Dieter Kühns „Geheimagent Marlowe“ als „literarischen Krimi“ von, sagen wir: Robert Littells „Legends“ separieren. Was ich aber nicht einsehe. Oder, noch schlimmer: Ich nenne Dürrenmatts „Richter“ einen literarischen Krimi, Chandlers „Long good bye“ aber nicht. Mit welcher Begründung? Ja, mit welchem Recht eigentlich? Ich könnte sie dann auch nicht mehr vergleichen, sie gehörten ja offensichtlich in unterschiedliche Bezugssysteme. Für mich aber nicht. Für mich sind das Krimis, Genre also, und deshalb kann ich sie nach Genrekriterien messen, zu denen auch all das gehört, was man so „literarische Kriterien“ nennt. Nur deshalb kann ich übrigens auch den Titus Keller in den Orkus jagen, ohne mich davon blenden zu lassen, dass da lt. Verlagswerbung eben ein „Literat“ einen Krimi geschrieben hat, also natürlich „mehr als einen Krimi“, dem ich gleich mit Luhmann zu Leibe rücken muss. Ach was.
bye
dpr
@Mauseöhrchen: Wer sagt dir eigentlich, dass „wir“ nur Genre lesen? Bei mir jedenfalls läuft parallel noch eine ziemlich umfangreiche und schwer zu lesende Südpolexpedition. Ganz zu schweigen davon, dass ich mich bei gelegentlichen Aufräumarbeiten im Steinbruch meiner Bibliothek regelmäßig irgendwo festlese, 18., 19., 20 Jahrhundert. Ab und an noch ein Musikbuch so zwischendurch. Usw. Ich hab auch schon Wolf Haas gelesen, und das ist ja nun anerkanntermaßen kein Kriminalschriftsteller.
bye
dpr
ich stimme dir zu: bei guten büchern behindert das genre natürlich. man möchte den lem ebensowenig bei science fiction verschwinden sehen wie fruttero und lucentini bei krimis.
*bezieht sich auf literarischen mehrwert
**findet genrelesen heikel
***meint, bei den meisten leuten überproportional genreleser verschiedener genres vor sich zu haben
***befasst sich zur zeit mit dem drama
****decodiert schlecht
*****liest die gleichen guten bücher immer wieder, freut sich über neuzugänge
literarische Krimis: wenn wir das heute noch diskutieren (und es gibt gelegentlich Dichterphilologien, die dazu anreizen), dann tappen wir in eine Falle der Literaturwissenschaft der 1970er Jahre: Krimi ‚ist‘ Schemaliteratur (sensu Zimmermann) und verfehlt damit konstitutiv die Originalitätserwartungen, die an den literarischen Höhenkamm gerichtet werden. Das ist kurz gesagt Quatsch — aus verschiedenen Gründen: (a) könnte man ohne ‚Schema‘ die ‚Originalität‘ überhaupt nicht unterscheiden — man kann sie nur zusammen haben. (b) dpr’s Vertikalisierung sagt es ja: ständig läuft Austausch zwischen den vertikalen Segmenten und staendig wird auf allen Ebenen Schema variiert. Unter Wertungsgesichtspunkten ist die Unterscheidung Schema/nicht-Schema schlicht unfruchtbar. (Sie dient allenfalls dazu, bestimmte literaturwissenschaftlich Gärtchen abzuzäunen: das mögen sie tun, ohne daß man das zu diskutieren bräuchte). Der Mehrwert der Krimi-Diskussion besteht doch darin, daß man ihn immer als ‚Literatur im allgemeinen Sinne‘ und als Genreauseinandersetzung/-realisierung lesen kann/muß — und Wertungsgesichtspunkte für beide Dimensionen angeben kann.
Introite spiritus sanctus (stimmt das?)
So ist es wohl, lieber JL. Was man dabei natürlich trennen muss, sind Forscherdrang und Leseluscht. Hätte ich ersteren nicht, bestünde meine Lektüre ja auch nur aus den Higlights. Spannend ist aber genau dieses Forschen, dieses Rumschnüffeln im Genrebergwerk. Hat natürlich lesebiografische Ursachen: Der erste Vertikalist, mit dem ich das Vergnügen hatte, war ein gewisser Herr Schmidt, der einem dann solche Obskuritäten wie Dya Na Sore beschert hat. Oder Karl May eben.
bye
dpr
Ich finde ca. 5-10 gute Bücher im Jahr, genre-unabhängig.
So sehr, lieber dpr, lieber JL,
liegen wir gar nicht auseinander.
Nein dpr, ich unterscheide Krimis nicht dichotom. Ich stelle mir vor, dass man Krimis durch eine Abbildung im mehrdimensionalen Vektorraum darstellen könnte [deshalb habe ich auch zuerst die „vertikale“ Gliederung missverstanden: Das Bild ist mir zu zweidimensional]. Die Zahl der Dimensionen richtet sich nach den Kategorien, die man unterschieden haben möchte (Spannung, Verbrechen, Rätsel, Psychologie, Humor, sprachliche Originalität, Komplexität, Realitätsbezug, philosophische Qualität, usw). Zu jeder dieser Kategorien kann man den Grad der Ausprägung angeben und bekommt so einen eindeutigen Vektor (der aber für jeden Leser anders ist) der den Krimi charakterisiert. [Man könnte, wenn man wollte, jetzt auch noch die Länge des Vektor als Kriterium nehmen, dass es sich um eine Genrewerk handelt, man könnte auch fordern, dass gewisse Teilvektoren (wie z.B. die für Spannung, Verbrechen, Rätsel) einen gewissen Wert übersteigen, damit ein Genrewerk vorliegt.]
Man kann also Krimis unter verschiedenen Dichotomien, wie Humor, Rätsel, Spannung betrachten, und jetzt haben wir es halt unter dem „literarischen Aspekt“ getan. Aber eins, sollte man nicht tun: Den Ausprägungsgrad mit Qualität oder literarischen Höhenlinien gleichsetzen – etwas das ich ja auch nie getan habe, lieber JL.
Jetzt wird vermutlich JL wieder die Hände über den Kopf zusammenschlagen: Aber wer sagt denn überhaupt, dass der Krimi überhaupt nur einen Ausgangspunkt hat ? Lassen wir mal die welthistorisch nicht so entscheidende deutsche Seitenlinie weg. Aber neben der von Poe ausgehenden Linie mit ihrer Trivialisierungstendenz (nach dpr) gibt es doch noch die letztlich von der Dickensschule ausgehende Linie mit z.B. Collins, Conrad, Ambler, oder Le Carre. Und diese Linie kann man, im Vergleich als literarisch beschreiben.
Beste Grüße
bernd
Lieber Bernd,
keinesfalls schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen, wo wir doch, Sie haben recht, nicht weit auseinander sind: Mich irritiert’s einfach, wenn man einerseits von ‚Krimi‘ spricht, andererseits von ‚Literatur‘. Aber im Prinzip kann ich das akzeptieren — würde allerings bei der ‚Dickenslinie‘ ebenfalls ‚Trivialisierungstendenzen‘ sehen, ‚ab ovo‘ sozusagen, je nachdem, welchen Betrachterstandpunkt man einnimmt. (Poe, wenn ich es recht sehe, wurde in Frankreich (Baudelaire) erst enttrivialisiert: für die amerikanischen Zeitgenossen war er ein Zeitungsliterat wie viele andere auch. Aber dann: E. T. A. Hoffmann war für seine deutschen Zeitgenossen der ‚Gespensterhoffmann‘, der erst um 1900 enttrivialisiert wurde.)
Aber worauf ich hinaus will, das ist die ‚Offenheit‘ des Krimis, der sich, ohne bei Autoren und Lesern seine ‚Identität‘ zu verlieren, andere Schemata ‚anverwandeln‘ kann. Bei Texten von Horst Eckert ist mir das aufgefallen: die, die ich gelesen habe, könnte man als ‚Familienromane‘ bezeichnen (Merkmale u. a.: mehr als eine Generation, Sukzession), obwohl sie auch das Detektionsschema (Ermittlungsgeschichte+Verbrechensgeschichte) realisieren. (Eckert als Thomas Mann der mean streets: das hätte was …)
Beste Grüße!
Ich glaube ich habe mich hierzu möglicherweise etwas unklar ausgedrückt, deshalb noch eine Anmerkung.
Bei den allermeisten Büchern ist es ja nun einmal so, dass sie nicht in allen Kategorien gleich gut sind. Atmosphärische Bücher sind meist nicht besonders spannend, humorvolle Bücher übertreiben mit den Splatterelementen, Aktionthriller lassen Hintergrund vermissen usw und so fort. Solange sie eine gewisse Krimiqualität haben, werden sie eher positiv bewertet.
Gute, wahrlich gute Krimis brauchen so ein Attribut wie „literarisch“ nicht [es ist ja wohl eine Einschränkung !]. Ich käme nie auf die Idee die Jack Taylor Serie oder die London Serie von Ken Bruen als Humorkrimi zu bezeichnen, obwohl er auch hier punktet. Bei seinem Gemeinschaftswerk „Bust“ muss man gerade dieses Attribut herausheben, da das Buch ansonsten zu viele Schwächen aufweist. Ich wäre auch nie versucht „California Girl“ von Jefferson Parker als literarisch zu bezeichnen, denn es ist ein viel zu brillanter Whodunit.
Aber was willst Du denn bei Lethems „motherless brooklyn“ machen ? Ein wunderbares Buch, ohne Zweifel, aber Spannung und Rätsel sind ja nun nicht besonders prominent. Was ist es das ins Auge sticht [wenn Du es denn als Krimi bezeichnen magst] ? Die literarische Qualität des Schriftstellers !
Beste Grüße
bernd
Alles hängt am Begriff des „Literarischen“. Was du, lieber Bernd, die literarische Qualität eines Schriftstellers nennst, ist für mich schlicht die handwerkliche. So könnte man einen „literarischen Krimi“ auch einfach einen handwerklich gut gemachten nennen. Was ihn denn auch in wohltuender Weise von diesem höheren Geraune abgrenzen würde, das hierzulande gerne als „literarisch“ durchgeht.
bye
dpr
Ich glaube, jetzt kommen wir auf den Punkt.
Für mich ist das dieselbe Kategorie. Nur ist „literarisch“ eine Stufe mehr als „handwerklich gut“. Handwerklich gut heißt, dass man nix bemängeln kann, einfach sauber gemacht, ein gutes Stück Kunsthandwerk.
„Literarisch“ heißt, dass noch etwas mehr dran ist, dass es Sätze gibt, die mich aus der Bahn werfen; oder Sätze, die ich genießen kann, durch Rhythmus, Klang oder inhaltliche Verbindungen, die mir eine Erkenntnis schenken; Sätze, die etwas in mir öffnen (das kann ich jetzt kaum ohne Pathos sagen: kann mir das mal jemand einfacher präsentieren?).
Und das ist gerade das Gegenteil von dem (ichsagsmalso) bottinischen Geraune, wo die Sätze eben vorne und hinten nicht stimmen, voller Kitsch und Pathos sind, voller Erklärungen und, ja eben, geheimnistuerischem Geraune.
Das ist schwierig, als Theorie zu formulieren, im Einzelfall kann ich nachweisen (und hab’s auch schon getan), wenn was nicht stimmt, oder ich kann nachweisen, wo es stimmt (z.B. Nicolas Freeling oder manchmal Josephine Tey, die TW auch mal endlich in seiner Krimireihe publizieren sollte).
Ansonsten verweise ich auf Böll: „Jenes höhere Geraune, das wir verehren…“
Lieber Georg,
„dass es Sätze gibt, die mich aus der Bahn werfen; oder Sätze, die ich genießen kann, durch Rhythmus, Klang oder inhaltliche Verbindungen, die mir eine Erkenntnis schenken; Sätze, die etwas in mir öffnen“: dann müßten Sie im Prinzip von literaischer vs. nicht-literarischer Literatur sprechen, wobei die Adjektiv-Vergabe zu Ihrer Privatsache würde, die intersubjektiv nicht mehr vermittelbar ist. Da möchten sich die Literatursoziologen (gar Bielefelder Provenienz) aber freuen.
Beste Grüße!
Soziologen, gar Literatursoziologen interessieren mich sowieso nur am Rande.
Natürlich spreche ich von gelungener bzw. nicht gelungener Literatur, es sei denn, ich schriebe wissenschaftlich über sie, dann ist das Subjektive eh außen vor.
Und doch ist die Adjektivvergabe intersubjektiv vermittelbar: ich kann sie doch begründen und belegen.
wenn Sie sagen, der Text A ‚öffnet etwas in mir‘, dann unterstelle ich Wahrhaftigkeit, obwohl ich gleichzeitig sagen kann, daß A nix in mir öffnet — und Sie mir Wahrhaftigkeit unterstellen. Dann ist Text A für Sie Literatur (oder literarische Literatur), für mich nicht. Exit Literaturwissenschaft, aber auch Rezensionswesen. Kein Problem.
Beste Grüße!
Was über dem Handwerklichen steht, ist eine Sache zwischen dem Text und dem Leser, der Leserin. Das kann auch keine Wissenschaft, keine Rezension ergründen oder vermitteln. Somit wirklich exit. Aber wenn es wissenschaftlich ergründbar wäre, wärs kein Zauber mehr. Und dennoch heißt die Brücke, über die ich als Leser gehe: Handwerk.
bye
dpr
Also manchmal.
Werdet ihr irgendwie redundant.
Und führt seitenweise Scheindebatten.
Echt jetzt.
*klappt ihr Heft zu
**schreibt n i c h t mehr mit
***Wartet aufs nächste Thema
Einspruch.
Natürlich kann ich sagen, was etwas in mir öffnet. Das ist doch geradezu die Aufgabe des Rezensionswesens als Teil einer Kommunikationslandschaft: dass ich mitteile, was ein Text in mir und mit mir macht. Und ich mit dem Text.
* versteht euch beide nicht
** Anobella auch nicht
*** steht hier ganz alleine
**** geht nächste Woche auf ein Seminar nach Südfrankreich
Einspruch stattgegeben. Es ist eine Frage der Grenze. Bis wohin kann ich etwas beschreiben und ab wo beginnt die Schnittmenge Buch / Leser, das Ineinanderfließen von Text und Leserbiografie. Du hast z.B. das Bottini-Trauma, weil der dir beim Schattenboxen mal in die Weichteile gekloppt hat. Verständlich, dass du den jetzt nicht mehr so magst. Aber das ist eben „privat“.
bye
dpr
Höchstens in den Schatten der Weichteile. Ist doch Schattenboxen, Mensch!
wäre da die nicht die Intervention der Diskusssionspolizei, so würde ich jetzt der Versuchung nachgeben, dies (Schattenboxen und alles) an den abundant (keineswegs aber redundant) vorliegenden Rezensionen Georgs zu überprüfen. So aber grüße ich bestens!
Machen Sie nur, lieber JL, die Diskussionsbullin habe ich anderweitig beschäftigt!
bye
dpr