Robert Ward: Four Kinds of Rain

Dr. Bob Wells ist Psychotherapeut und ein richtig guter Mensch: Für wenig Geld behandelt er die Psychopathen und Gestrandeten von Downtown Baltimore. Während Freunde und Bekannte aus Studententagen und aus der Zeit des politischern Aktivismus mittlerweile längst mit Frau und Kindern in die Vororte gezogen sind, bleibt er sich treu und lebt immer noch mitten drin in der Stadt.
Glücklich ist er aber längst nicht mehr. 52 Jahre alt, die Frau zu einem Kollegen abgehauen und seiner Praxis geht es schlecht: Das Leben, so scheint es, hat Wells nur noch wenig zu bieten.

Die einzige Freude, die ihm bleibt, ist die Rockband. Einmal pro Woche treten sie in der örtlichen Kneipe auf. Ein(e) gescheite(r) Sänger(in) fehlt, man sucht und findet … und er trifft sie: Eine Frau zum Verlieben, eine tolle Sängerin, die perfekt mit ihm musikalisch harmoniert. Wenn da nicht die Sache mit dem Geld wär’. So, meint er, hat er keine Chance … eine deutlich jüngere Frau und er ohne Geld. Also denkt er sich etwas aus. Nicht so ganz legal und nicht so ganz vereinbar mit seinen Prinzipien, aber was soll’s, jetzt ist er auch einmal dran.

Eine Geschichte entwickelt sich, die an Charlie Hustons → Hank Thomson-Trilogie
erinnert. Auch hier geht im Verlauf manches schief und entwickeln sich die Dinge anders als geplant. Immer wieder, wenn Wells denkt, nun hätte er alle Probleme bewältigt und sie begännen nun, die goldenen Zeiten, stolpert er überraschend über ein neues. Der Unterschied ist, dass sowohl Robert Ward als auch Bob Wells älter sind, es geht deshalb in „Four Kinds of Rain“ nicht ganz so überdreht und sinnfrei zu. Wells ist schließlich Psychotherapeut, ein gebildeter Mensch also, der über sich und seine Umwelt gedeihlich philosophieren kann.

Er ist ein Mensch mit Werten, sein Leben belegt es. „Four Kinds of Rain“ zeigt, wie er mit diesen Werten ringt, an ihnen festhalten und doch gegen sie handeln will. Das Buch lässt sich aber auch als Bestandsaufnahme der amerikanischen Gegenwartsgesellschaft lesen, denn Wells verzweifelt auch an der amerikanischen Gesellschaft, die den ehemaligen Kollegen, mit seiner oberflächlichen und sinnfreien „Psychoberatungssendung“ im Radio, mehr zu schätzen weiß als Wells und seine Streetworker-Qualitäten.

Es ist ein humorvolles und intelligentes Buch. Sein Humor resultiert nicht aus dem zwanghaften Bedürfnis nach Unterhaltung, sondern ist Folge von klugen Beobachtungen und liebevoll zusammen montierten Szenen; sprachlich knapp und souverän, geht es mit seiner Klugheit nicht demonstrativ hausieren.

Robert Ward: Four Kinds of Rain. 
St. Martin’s Minotaur 2007. 288 Seiten. 11,50€
(noch keine deutsche Übersetzung)

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