John Connolly liefert Bestsellerqualität und wenn man sich „The Unquiet“ anschaut, versteht man auch, was die Leser in Scharen zu seinen Büchern treibt. Die Bücher haben immer auch eine übersinnliche, aus dem Horrorgenre stammende Ader. In diesem Buch sind es die Hollow Men, die Ruhelosen aus T.S. Eliots gleichnamigen Gedicht.
Doch schon mit seinem eigentlichen Thema hat das Buch eine unruhestiftende (sic!) Qualität. Um Kinder geht es, um deren Missbrauch genauer gesagt, Charlie Parker, der von Geistern getriebene Privatdetektiv von Connollys Gnaden, wird von Rebecca Clay gebeten, ihr den Stalker vom Hals zu schaffen, der sie seit einer Woche „begleitet“. Der Stalker ist bald identifiziert. Merrick heißt er, als Revenger bezeichnet er sich und eigentlich ist er ein eiskalter Killer, der jahrzehntelang erfolgreich gearbeitet hat und lediglich einmal (und das noch nicht ‚mal wegen Mordes) einsaß.
Welch Ironie des Schicksals, während er im Gefängnis war, verschwindet seine uneheliche Tochter und die einzige Spur die er hat, ist die zu einem Therapeuten, der sich auf missbrauchte Kinder spezialisiert hatte und nicht nur die Tochter betreute, sondern seinerseits etwa zur gleichen Zeit verschwand; es handelt sich um Rebecca Clays Vater.
Merricks Suche schlägt Parker in den Bann, und so wird sie auch zu seiner Aufgabe, und was mehr oder weniger unscheinbar anfängt, wächst sich zu einer Monströsität gewaltigen Maßstabs aus.
Connolly spielt sehr schön mit den Bedingungen des Genres, Parker selber ist nicht nur von den Geistern seiner ersten Familie getrieben, sondern diese vertrieben (im übertragenen Sinne) auch noch seine zweite aus dem Haus – Parker vermisst sie. Bei der Polizei ist er schlecht angesehen und gerät dort wieder einmal in Schwierigkeiten, dabei arbeitet er mit den üblichen wortkargen, muskelbepackten und waffenstarrenden Helfershelfern zusammen.
Darüber hinaus hat das ganze Buch aber auch einen Touch von „otherworldliness“ und das nicht nur durch Parker selber und Merrick mit seiner starken Präsenz, sondern auch durch den Collector, der aus einem früheren Buch wieder auftaucht und durch die Hollow Men, die immer wieder durchs Bild huschen. Das vermittelt insgesamt so eine Stimmung von Gedrängtheit und Getriebenheit und zerstört doch nicht die Realitätstüchtigkeit des Buches.
Dabei hat das Buch einen ausgeprägten Humor, denn bei all dem psychischen Druck, den das Buch aufbaut, hat es immer wieder witzige Dialoge und Szenen. All das erzählt Connolly in der lyrischen Sprache, die ihn als großen Stilisten kennzeichnet.
Also: Rund 550 kurzweilige Seiten, gut gemacht und eigenständig im Stil, das ist in der Erfolgsliga, in der Connolly spielt, nicht unbedingt selbstverständlich.
John Connolly: The Unquiet.
Hodder & Stoughton 2008. 576 Seiten. 7.95 €
(noch keine deutsche Übersetzung)