Jemand den Film „Julie & Julia“ gesehen? Wo eine junge Frau nach der Milleniumswende ein Kochbuch aus den 50ern nachkocht, darüber bloggt und fast ihre Ehe ruiniert? Sehr sehenswert! Ich hab was Ähnliches vor. Aber um meine Ehe zu schonen, lass ich´s ein paar Klassen tiefer angehen.
Meine Vorlage heißt „Kinder feiern kleine Feste“. 12 Rezeptkarten von Doktor Ö. Sie dürften noch aus den 70ern stammen. Und wundersamerweise hat die Sammlung meine Kindheit lückenlos überstanden.
Wurstfalter, Gurkenschiffchen, Fliegenpilztomaten – herrlich. Zwischen mir und den Karten war´s Liebe auf den ersten Blick. Von wegen, mit Essen spielt man nicht! Die einen essen Bärchenwurst. Die anderen stopfen gebratenen Schweinchen einen Apfel ins Maul und Petersiliensträußchen in die Ohren.
Als Vegetarierin hab ich vor der Cervelatwurst in den Wurstfaltern etwas Angst. Aber der Chefredakteur hat gesagt, er hilft mir und erklärt zum Beispiel, wo man dieses „Hühnerfleisch“ kauft. Der Rest der Familie ist ja unvegetarisch. Ich werd meine Wurstfalter also auf jeden Fall los. Erfreulicherweise erstrecken sich unsere Geburtsjahre hier im Haus von der Weimarer Republik bis zu Angie. Ich hab also auf jeden Fall einen Gutachter zur Hand, der beurteilen kann, ob das Tuttifrutti auch wild genug angerichtet ist. Und ob ich den Party-Igel artgerecht halte.
Es geht los. Napfkuchen mit Schokoladenstückchen und Trinkschokolade. Ich musste erstmal abtauchen ins Dr. Ö-Universum und recherchieren, was Gustin ist. ICH bin NICHT der aus der Weimarer Republik! Ich bin Jahrgang „Willy“ und muss sowas nicht wissen. Speisestärke also. Der Rest war universalverständlich. Ein Kuchenteig, der schön schwer vom Löffel reißen muss, mit handgehackten Schokostückchen. Von der Menge her so wenig, dass der Mitbewohner Baujahr Angie mit der Kuchenform aus seiner Puppenküche aushelfen muss. Erhöht den Niedlichkeitsfaktor natürlich. Aber zum Fest darf nur, sagen wir, ein halbes Nachbarskind eingeladen werden. Oder eins mit Laktose-Unverträglichkeit, das nicht mitessen kann.
Die Trinkschokolade hab ich unter Umgehung der Nesquickdose kredenzt: schön brav Schokolade gebröselt und in Milch aufgelöst. Lecker. Da weiß man abends auch, was man geschafft hat. Der Kuchen ist ein Klassiker und schon deshalb retro, weil er nicht in einer Burgform gebacken oder mit regenbogenfarbiger Creme verziert ist. Nein, das hier ist gediegener Tante Ilse-Kaffeetafel-Standard ohne Schnickschnack. Sehr okay. Das Geschirr Marke „Psychedelic-flowerpower-super-sexy-pop-op birds“ auf der Rezeptkarte kann ich leider nicht bieten. Aber die Vergangenheits-Zwerge tun es ebenfalls. 70er-Ausflug Nummer 1 beendet. The eagle has landed.
Danke für die Film-Empfehlung. Und noch mehr Danke für die schönen, bunten und wilden Bilder und die feinen Rezepte. Teil 2 ist auch super geworden. Viele Grüße vom Jahrgang „Schmidt“.
Hey, you´re welcome. Ihr Laktose-Unverträglichkeits-Freien und Beladenen. Danke für den Namensvorschlag! Mittlerweile weiß ich auch, dass das Geschirr von V&B ist und Acapulco heißt. Und, Dany: die Kuh kann sogar mit dem Kopf wackeln – so wie diese berühmten Dackel. Ich hab sie aus seligen Zeiten, als neben dem „Kurzen Eck“ noch ein Trödelladen namen „Kitsch und Kunst“ war.
AHHHHH, Trinkschokolade und Napfkuchen in liebevoller Handarbeit. Doch für mich ist der wundervoll schmückende Wiederkäuer das Glanzstück der Kaffeetafel. Oder ist es doch das Geschirr? Ich komme dann mit Pit (das wäre dann ein ganzer Nachbarsjunge, der mit Laktose KEINE Probleme hätte) und picke mit der feuchten Fingerkuppe die Krümel auf!
S E N S A T I O N E L L !!!
Julie & Julia fand ich sehr klasse. Und Ihre Idee, liebes Fräulein Katja, steht dem in nichts nach. Als alter Marketingrecke weiß ich natürlich, dass ein guter Titel schon die halbe Miete ist. Ich empfehle „Fräulein Doktor“.
Ich könnte übrigens was beisteuern: Sehr gerne eine halben Nachbarsjungen! Ob er an Laktose-Unverträglichkeit leidet, weiß ich zwar nicht, aber es wäre es mir wert, das herauszufinden.