In der Weihnachtsbäckerei
ausnahmsweis´ mitten im Mai!
Das ist schon lustig, flankiert von ein paar Wärmegewittern Baseler Herzen zu backen und Äpfelchen einen Pelzmantel anzuziehen. Die Baseler Herzen waren ganz einfach zu machen und schmecken himmlisch! Selbst an Tagen, wo einem die ganze Wohnung schon vorgeheizt vorkommt, bevor man den Ofen überhaupt angerührt hat. A propos „angerührt“: Ich sollte zerlassenes Fett in den Teig manschen einarbeiten und hatte schon den Topf zum Zerlassen auf den Herd gestellt – da sah ich, dass es um einen einzigen Esslöffel Butter ging. Verzweifeltes Haare-Raufen! Das waren die seligen 70er, als der liebe Gott nebenwirkungsfreien (und praktisch kostenlosen) Strom aus der Steckdose fließen ließ. Aber wir haben doch 2011!
Der Chefredakteur murmelte was von Öl, das ja praktisch auch nur zerlassenes Fett sei. Aber. Aber!! Ich wandel doch auf Retro-Pfaden. Das ist sowas wie die historische Aufführungspraxis in der Küche. Ich bin der Nikolaus Harnoncourt der Siebziger Jahre-Häppchen. Und während ich mich darob grämte, wurde die Butter vor mir rücksichtsvollerweise so weich, dass man sie fast schon „zerlassen“ nennen konnte. Gerettet.
Nun, das mit der Herzform hat, wenn überhaupt, nur zufälligerweise geklappt. Obwohl eine Ausstech-Fachkraft mit einer waschechten Herzchenform am Werk war. Egal. Die Fachkraft ist herzerwärmend genug, wer braucht da noch Baseler Herzen? Wir haben also genau genommen Baseler Klumpen, Fladen oder Dingsbumse gebacken. Von der Fachkraft beherzt mit Zuckerguss bestrichen.
Nicht im Bild übrigens: meine lädierten Finger, mit denen ich versucht habe, ganze Nelken auf der Reibe kleinzukriegen. Wie war das früher? Gab´s Nelken irgendwann mal gemahlen zu kaufen? Kann mich nicht erinnern, dass wir in den 70ern einen Nelkenmörser in der Küche stehen hatten.
Nein, den wunderschönen Filz-Stiefel von der Original-Rezeptkarte hab ich nicht nachgenäht. Auch kein Reisig vergüldet und mit Retro-Kamellen von der letzten Fastnacht gespickt. Ich hab allerdings im Keller in der Weihnachtskiste gekramt und ein waschechtes Seventies-Utensil mitgebracht. Den Filz-Nikolaus hat meine alte Tante Lisbeth damals garantiert in Serie für die komplette Großfamilie manufaktiert. Er ist so simpel wie schnuckelig! Und ich hab ihn neulich tatsächlich auf einem Weihnachtsfoto aus den prallen Mittsiebzigern entdeckt. Er wird von mir gehegt und gepflegt, und Kleidermotten sollten wissen, dass ich eine flinke Rechte und immer eine Rolle Kleenex in der Nähe hab!
Das Apfelmännchen hat mich total überrascht. Ich dachte nämlich, das ist irgendein doofer Firlefanz, den doch kein Mensch in echt toll finden kann. Tatsächlich ist er in natura noch viel hübscher als auf dem Foto. Apfelmännchen sind wohl eher abbildungsresistent (bescheidene Kerlchen…) und – OH GOTT, ich hab den TANNENZWEIG vergessen!!!!!!!! Dabei hat little Fachkraft extra noch drauf hingewiesen, dass da einer hin muss. Oh Gott. OH GOTT. Das wäre dem echten Nikolaus Harnoncourt nie passiert! Aber was soll ich sagen? Ich bin viel zu faul (und verschwitzt), um jetzt in den Garten zu gehen und unsere Tanne anzusäbeln. Was sollen denn die Nachbarn denken? Am besten, ich sing noch ein Weihnachtslied dazu, dann kommt gleich der Wagen mit den weißen Männern, und ich krieg so ´ne lustige Jacke… Nee. Neeee. Es muss auch SO gehen. Immerhin hab ich das Männlein mit echtem Seidenpapier ausgestattet. Hinternet Jr. hat ihn mit Wattepelz versorgt.
Und – liebes Dr. Ö-Team: der Satz „Stecke in die stumpe Seite der Walnuß als Hals ein Stück Zahnstocher“ war nicht sehr hilfreich! Das wär ´ne prima Beschäftigung für die Gummizelle: ich, den ganzen Tag lang versuchend, Zahnstoher in Walnüsse zu stecken. Ich bin mit einem Handbohrer dran: bringt aber nix. Am Ende hab ich an einer SPITZEN Seite der Nuss ein Loch gefunden, in das tatsächlich ein Zahnstocher reinpasst. So. Und wer sich fragt, ob sich Apfelmännchen bei winterlichen Kinderparties als Mitgebsel eignen: ich finde JA!
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Behauptet mein Sohn auch immer wenn er aufräumen soll.
Kinderarbeit ist verboten! 😉