Begeben wir uns zum Abschluss der Woche des Authentischen an die Teetafel eines ländlichen Gutes und lauschen den Herrschaften, wie sie sich über den Krimi unterhalten, bevor er es ihn überhaupt als Krimi gibt. Handlungszeit: Erstes Viertel des 19. Jahrhunderts. Ort: Schwarzwaldau zwischen Berlin und Dresden. Gelauscht hat: Carl von Holtei.
„Meines Erachtens“, äußerte er, „wäre im Gebiete der Romanen=Litteratur durch Criminal=Geschichten noch viel zu leisten. Freilich giebt es zwei verschiedene Gattungen derselben. Man kann, wie es häufig geschieht, wirklich verübte, zur öffentlichen Kenntniß gekommene Unthaten zum Gegenstande der Darstellung machen und sich bestreben, aus vorliegenden, vom Gericht beurtheilten und bestraften Facten, das Wesen der Uebelthäter psychologisch zu entwickeln. Diese Versuche werden gewiß den schauerlichen Reiz der Realität für sich haben und schon deßhalb viele Leser finden. Aber, künstlerisch betrachtet, müssen sie viel zu wünschen übrig lassen; der Schriftsteller wird, nach mehr denn einer Richtung hin, gebunden, wird gezwungen sein, zu ergänzen, auszuschmücken, vorauszusetzen, unterzuschieben — ohne doch eigentlich erfinden, schaffen zu dürfen. Diesen Vorzug jedoch kann er gewinnen, wenn er Charactere producirt, aus denen er, naturgetreu und dichterischwahr, Thaten herleitet, deren innerstem Wesen entsprechend. Menschen und Begebenheiten gehören dann ihm und darum ist er durch nichts eingeengt als poetischer Schöpfer.“
„Dennoch aber,“ warf Caroline ein, „wird es ihm niemals gelingen, ein Kunstwerk zu schaffen, wofür er Dank erntet. Unbefriedigt durch den unvermeidlichen Ausgang solches Romanes, verletzt durch die davon unzertrennlichen Enthüllungen innerster menschlicher Schlechtigkeit, wird der Leser das Buch aus der Hand legen; wird gerechte Klage führen, daß der Autor ihn mit schlechtem Volke, mit gemeinen Lastern zu unterhalten strebt; und die Kritik wird es verwerfen.“
„Und doch,“ entgegnete Emil, „wird es immer wieder Leser finden; ja, viele! Während kein gebildeter Mensch an Geisterspuk, noch Gespenster glauben mag, hört jeder Mensch von Phantasie für sein Leben gern Gespenster=Geschichten erzählen. Während Kritik und feiner Geschmack Criminal=Tragödien verabscheuen, Criminal=Romane achselzuckend verdammen, greifen wir Alle verstohlen nach jedem Bericht, auch nach dem trockensten Auszug von gerichtlichen Verhandlungen über große Verbrechen; — der Recensent nicht minder als wir. Kein Mensch mit zarten Nerven wird die Schauer der Mitternacht gänzlich besiegen, wenn er allein über einen Kirchhof geht. Kein Mensch von warmem Blute darf die Sympathie verläugnen, die der Verbrecher, (vorausgesetzt, daß dieser nicht in seiner Rohheit ein halbes Thier sei), bei ihm hervorruft.“ —
Zum Thema „authentisch“ passt sehr gut, was ich in dutzenden Auseinandersetzungen mit Amateuren beim „Duisburger Autorentreff“, den ich eine zeitlang moderiert habe, immer wieder klarstellen mußte: entgegen der allgemeinen Auffassung schreibt das Leben nicht die besten Geschichten (Ausnahmen gibt es, aber ganz selten!). Im Gegenteil: wann immer jemand, der eine völlig unglaubwürdige Story mit völlig unglaubwürdigen Figuren hingelegt hatte, sich gegen die Kritik mit den Worten verteidigte (und dabei glaubte, jegliche Kritik damit abweisen zu können): „Das stand aber so in der Zeitung“ oder „Das habe ich aber so erlebt“, wurde klar, daß die Wirklichkeit gebeugt werden muß, um eine gute Story zu werden.
Und immer dann empfahl ich, Kästners „Pünktchen und Anton“ zu lesen. Dort gibt es nach jedem Kapitel eine kleine „Nachdenkerei“, in der Kästner einen Aspekt seiner Geschichte reflektiert. Und die, die genau das Thema trifft, ist die „Über Wirklichkeit und Wahrheit“. Auf dieser Basis müßte dann „Authentizität“ auch erst mal wieder neu definiert werden.
Ich selbst habe mich häufiger mit dem Statement herumschlagen müssen „sehr spannend, aber unrealistisch“, wahrscheinlich, weil in meinem Kopf viele amerikanische Filme herumspuken, die ich aber leider nicht aufschreiben kann, weil man als Deutsche ja in einem deutschen Setting schreibt (was auch besser ist). Bei „Messerscharf“ habe ich es – wie auch immer – geschafft, die Atmossphäre meiner Ur-Idee in das deutsche Umfeld zu retten. Und was bemäkelten die Kritiker? Den fehlenden Realismus. Und gehen dann hin und lesen und loben den nächsten Amerikaner oder Schweden, weil die deutschen Krimis immer so doof sind.
Ich jedenfalls versuche zwar größeren sachlichen Kollisionen mit der deutschen Polizeiwirklichkeit zu entgehen, aber wenn es der Geschichte dient, dann nutze ich z.B. auch den altbekannten FBI-Ortspolizei-Konflikt (den es bei uns praktisch nicht gibt) und erfinde eine Profiler-Einheit beim BKA. Wenn bei Deaver ein komplett gelähmter Mann Spurensicherer durch die Gegend jagt, sagt keiner, das sei „unrealistisch“. Jeder findet es spannend (ich übrigens auch). Wenn Lincoln Rhyme aber Herbert Kramer geheißen hätte und statt in New York in Berlin ermittelt, dann wäre ein Aufschrei durch die Kritikerlandschaft gegangen, egal wie spannend das Buch gewesen wäre.
Und genau dieses Messen mit zweierlei Maß ist für mich der Grund, die Kritiker weitestgehend zu ignorieren – abgesehen von der Tatsache, daß je nach Medium eine Erwähnung, egal ob Lob oder Verriss, aus Marketing-Überlegungen ganz nützlich sein kann.
Und damit – wenn es auch zu einem anderen Thread gehört – noch zu „Glennkill“. Ich habe es (noch) nicht gelesen, halte die Idee aber für sehr witzig. Und natürlich für das vollkommene Gegenteil von authentisch. Aber was ist so schlimm daran? Richard Adams hat mit „Watership Down“ die klassische Auswanderer/Siedler-Saga geschrieben. Seine Protagonisten waren Kaninchen, was das Buch sehr viel interessanter machte. Ein schönes, vielgeliebtes Buch. Vielleicht können Schafe einem Whodunit noch neue Seiten abgewinnen. Wäre doch schön. Und wenn eine deutsche Autorin International punkten kann und zwar auf dem Unterhaltungssektor, dann finde ich das großartig. Sie wird dann wie vor ihr Frank Schätzing für alle deutschen Autoren eine Bresche schlagen. Es wird Zeit.
Guten Morgen, Sylvia,
ich stehe, wie du gemerkt haben dürftest, dem Argument „authentisch!“ mindestens genauso misstrauisch gegenüber wie du. Literatur hat ihre eigene Authentizität, und wenn Schafe einen Kriminalfall aufklären, sollen sie es tun.
Aber darum geht es garnicht in der Diskussion, die die beiden Blogger seit einiger Zeit führen. Ludger hat das Buch gelesen und für schlecht befunden, was sein gutes Recht ist. Die Art und Weise, wie sich einige Leute darüber aufregten – was übrigens auch ihr gutes Recht ist – hat mich zum einen amüsiert, zum anderen ziemlich gefrustet. Ich selbst habe das Buch nicht gelesen und auch nie behauptet, es getan zu haben. Ich habe, als da jemand behauptete, das sei „beste angelsächsische Erzähltradition“, mal quergelesen, genug um zu wissen, dass es eben nicht „beste angelsächsische Erzähltradition“ ist. So. Dass Frau Swann international mit diesem Buch punktet, sei ihr gegönnt. Es interessiert mich aber nicht im Geringsten, und ich glaube auch nicht, dass es irgend einen anderen, eine andere deutsche KrimiautorIn zu interessieren braucht. Ich versuche, Krimis nach ihrem Inhalt zu beurteilen, nicht nach der Nationalität des Verfassers, der Verfasserin. Gerade dieses Jahr, denke ich, war ein gutes Jahr für deutsche Krimis. Nicht „flächendeckend“, klar, aber flächendeckend ist es nie ein gutes Jahr für Bücher allgemein, weil das Misslungene, der untere Durchschnitt doch immer und überall überwiegt.
„Messen mit zweierlei Maß“? Glaube ich nicht. Hat man Astrid Paprotta etwa niedergemacht, weil sie Deutsche ist? Man hat sie überhaupt nicht niedergemacht, man hat sie gelobt, und das sehr zu Recht. Andere Namen könnten sich dem anschließen, aber es wäre immer das Gleiche. Dieses „Messen mit zweierlei Maß“ erlebe ich allerhöchstens und witzigerweise dort, wo von „Kritik“ nicht die Rede sein kann, in den Foren nämlich, wo sich die Leute austauschen, wo das Angelsächsische tatsächlich dominiert und deutsche Krimis des öfteren pauschal als langweilig gehandelt werden. Was man kaum der Kritik anlasten kann, denn die wenigsten dieser Forumsbesucher dürften die Arbeiten der Rezensenten zur Kenntnis nehmen.
Aber noch ein Wort zu diesem Zitat oben: Es stammt aus einem wunderbaren deutschen Kriminalroman, der 1856 letztmals aufgelegt wurde und dann in Vergessenheit geriet. Er wird im Frühjahr (hoffentlich) wieder verfügbar sein. Nicht weil die deutsche Verlagslandschaft das so will, sondern weil ein Kritiker das so will, ich nämlich. Und ohne überheblich zu werden: Das könnte für die deutschen Krimiautoren wichtiger sein als Frau Swann in sämtlichen Charts dieser Welt. Wenn sie es denn merken.
bye
dpr
Hallo Silvia
„Wenn bei Deaver ein komplett gelähmter Mann Spurensicherer durch die Gegend jagt, sagt keiner, das sei „unrealistisch“. Jeder findet es spannend (ich übrigens auch).“
Es wird dem Kritiker wohl eher als Humorlosigkeit ausgelegt, wenn er daraufhin wiese, dass ein C4-Querschnitt üblicherweise nicht mit dem Leben vereinbar ist und dass Deavers “ wissenschaftliche Methodik“ nur eine sehr grobe Anlehnung an die Methodik der Realität darstellt. Aber der Punkt ist natürlich, dass die Geschichten nicht wegen L. Rhymes Querschnitt sondern wegen der handwerklichen Kunst Deavers als spannend empfunden werden.
„Glennkill“. Ich habe es (noch) nicht gelesen, halte die Idee aber für sehr witzig.
Die Interessen von Schriftstellern und Lesern sind ja nicht unbedingt deckungsgleich. Autoren sind – legitimerweise – an Öffentlichkeit und gerechter Anerkennung interessiert, Leser wollen moderne und mitunter auch innovative Bücher (wobei es natürlich unterschiedlichste Deutungen darüber gibt, was das ist). Jetzt kann ich natürlich nicht für Ludger sprechen, aber ich glaube zu verstehen, dass sein Ärger sich gegen diese Wallander-Donna-Leon-zurück-in-die-Steinzeit-bomben-Dominanz richtet. Er schlägt ein Buch und meint eine gewisse Einstellung. In der Tat, wirkt es etwas ernüchternd, wenn man die Rezeption des Schafbuches sieht… anglosächsische Erzähltradition und so – Wahnsinn. Gemessen an dem was Krimi sein kann, was seine innovative Kraft darstellt, nun ja, scheint in diesem Buch vielleicht nicht alles ausgereizt. Leider hat Thomas Wörtche wohl nur zu recht. Vom heutigen Standpunkt aus, scheint der Krimi sich von seinem Zenit wegbewegt zu haben, und die Kritik (? und die Autorenschaft ?) scheint ihre Maßstäbe eher bei Donna Leon als bei den innovativen Spitzen zu suchen.
Ich persönlich glaube ich nicht, dass die deutsche Kriminalautoren einen Gewinn davon hätten, wenn Leonie Swann international mit ihrem Buch Erfolg beschieden wäre – ihr persönlich sei er gegönnt.
Und genau dieses Messen mit zweierlei Maß
Ich habe nicht den Eindruck, dass da mit zweierlei Maß gemessen wird. Aber – jetzt wird’s gefährlich für mich – mitunter habe ich den Eindruck, dass auch (? gerade ?) gute deutsche Autoren einer gewissen „amerikanischen Ästhetik“ folgen.
Was uns in Deutschland sicherlich fehlt, ist eine offene Kommunikation zwischen Lesern (Kritikern) und Autoren. Wenn ich mir da ansehe, was in den USA passiert, da solltet Ihr neidisch werden.
Mit besten Grüßen
bernd
Nun, Bernd, mit Deiner letzten Bemerkung sind wir eigentlich am Punkt. Denn ich als Autorin unterscheide sehr deutlich zwischen Lesern und Kritikern. Das ganze ist – und jetzt wird es sehr böse, was ja wohl auch dpr in seiner vorherigen Erwiderung so auf die Palme gebracht hat – einfach in einem völlig anderen Kontext zu sehen, als es Kritiker im allgemeinen sehen wollen. Kritiker – auch wenn sich diese hier mit dem Krimi auf ein Terrain begeben, das noch nicht sehr lange zur „Kultur“ gezählt wird, wollen immer die Kultur des Abendlandes retten. Ein hehres Ziel, wenn man nett ist, kann man über sie sagen, daß sie die letzten Träumer sind…
Aber wir sprechen hier von einem Markt. Ich bin die Produzentin, die Leser sind die Kunden und der Kritiker ist der Multiplikator, eine durchaus wichtige Person im Marketingmix. Und ich bin überzeugt, daß z.B. auf dem amerikanischen Markt ohne Buchpreisbindung etc. genau dies weitaus besser verstanden wird als hier – weshalb die Publikumsbindung dort sicher auch anders gesehen wird als hier.
Versteht mich nicht falsch, ich als sehr kleines Licht auf dem Markt sehne mich nicht danach, daß der deutsche Buchmarkt nur noch als reiner Markt funktioniert, dann gäbe es mich als Autorin wahrscheinlich gar nicht. Aber ich schreibe meine Bücher schon, um sie zu v e r k a u f e n, um – bezahlte – Lesungen machen zu können, um vielleicht nochmal Geld für Filmrechte kassieren zu können.
Ich ärgere mich natürlich auch, wenn ein derart schlecht geschriebenes Buch wie „Illuminati“ ein Weltbestseller wird, aber ich habe nicht im geringsten vor, d e n kulturell innovativsten Roman des 21. Jahrhunderts abzuliefern. Das aber scheint hauptsächlich die Kritiker zu beseelen.
Ich dagegen will eine gute, handwerklich sauber gearbeitete Geschichte abliefern und freue mich, wenn ein paar ganz normale Leser – meine Kunden eben – mir sagen, daß sie das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnten. Wenn ich die Erwartungen der Kritiker erfüllen sollte, würde das Werk wahrscheinlich gar nicht verlegt und wenn doch, nicht verkauft.
Liebe Grüße
Silvia Kaffke
Hallo Sylvia,
„auf die Palme gebracht“? Also wenn ich mir mein Posting oben so durchlese, kann das höchstens eine Bonsaipalme gewesen sein.
Auf der Suche nach „dem kulturell innovativsten Roman des 21. Jahrhunderts“? Also erstens weiß ich nicht, was „kulturell innovativ“ ist; zweitens würde ich einen solchen Roman niemals unter Krimis suchen, weil der „neueste“ Roman meiner Überzeugung nach nichts mehr mit Handlung zu tun hat, ein Krimi aber immer; drittens suche ich ihn gar nicht; viertens kenne ich keinen einzigen Kritiker, der ihn sucht. Ich weiß nicht, woher dieser Mythos kommt, vielleicht daher, dass man gelegentlich gewissen Autoren vorwirft, dass sie ihr Handwerk nicht beherrschen, allzu banal mit den Versatzstücken umgehen, weder Phantasie noch Ehrgeiz entwickeln etc. Das heißt doch aber nicht, dass ich irgendeine Kultur des Abendlands rette möchte. Es heißt eigentlich nur, dass ich gerne handwerklich gute, originelle und mit einem gewissen „Berufsernst“ geschriebene Krimis mag. Mehr nicht. Und das Publikum mag das eigentlich auch, von gelegentlichen Ausreißern mal abgesehen.
Dass du dich auf dem Markt behaupten willst und musst – selbstverständlich. Weiß ich doch. Wo leb ich denn? Den Kritiker dabei allerdings nur als „Multiplikator“ zu schätzen, ist schon arg, liebe Sylvia. Was multiplizieren wir denn da? Die Ansicht von AutorIn und/oder Verlag, das Buch X sei auf jeden Fall ganz toll und bitte schleunigst zu erwerben? Okay. Unter gewissen Umständen würde ich auch Werbetexte schreiben, aber dann nur gegen Vorkasse.
Und ohne Buchpreisbindung? Die ersten, die diese „Liberalisierung des Marktes“ zu spüren bekämen, wären die AutorInnen. Und zwar negativ.
bye
dpr
Liebe Frau Kaffke,
der Kritiker als Produktberater. Kann man so sehen. Kaufempfehlung oder Abrat. Danach ermisst sich dann die Qualität des Kritikers according to the author. Bei Missfallen des Produkts dann eine Klage wg. Produktschädigung. Für Kritiker nimmt die Arbeitsbelastung ab – sie unterzeichnen die vorgefertigten Texte der Marketing-Abteilungen und streichen dafür je nach Medien, Einschaltquote und Prestigefaktor ihre Kohle ein. Noch besser: Die Verlage verkaufen die selbstgefertigte „Kritik“ direkt an die Medien, die sie so 1:1 publizieren. Eine Qualitätskontrolle stört dann den Marketingmix nicht; Autor und Verlag geraten sich in die Wolle, wenn der Verlag zu wenig für dieses Manöver ausgibt. Autoren, die beim Verlag kein Budget herausholen können, schreiben für die Schublade. Der Markt wirds schon richten. Das pp Publikum gibt einmal Geld aus für so`n Produkt und vielleicht auch 2x und wenn es langmütig ist 3x. Dann aber nimmer mehr. Der Markt kollabiert, schrumpft sich gesund und zwei, drei Autoren bleiben übrig (naja, auch zehn oder zwölf). Ja, hat was ….
Beste Grüsse
TW
Hallo Silvia,
eine Replik dieses Inhaltes hatte ich erwartet – eine leichte Verbitterung nicht. Du hast natürlich recht, so innovativ Joyce war, sein Erfolg als Gelesener ist marginal. Du darfst meinen Einwurf abstrakter verstehen. Du weißt natürlich auch, dass „…eine gute, handwerklich sauber gearbeitete Geschichte abliefern“ relativ ist und sich an den aktuellen Moden und an der kreativen Eigenständigkeit eines Autors orientiert. Die Bücher vieler Megaseller früherer Zeiten, z.B E.S. Gardner, Carter Brown, R. Prather sind nicht nur viele Jahre alt, sondern sie sind auch stilistisch antiquiert. Liest kein Mensch mehr, so ´was.
Kritiker sind natürlich Leser, und keine homogene Schafherde. Und Leser wollen interessante Bücher und immer die gleich Masche langweilt. Kreative Eigenständigkeit, weniger als innovative Spitzenleistung darf also erwartet werden. [Was mich persönlich verwundert, ist, dass ich mir einbilde,dass in Bezug auf genrespezifischen Handwerk in den letzten 15 Jahren kein stilbildendes Werk mehr erschienen ist.]
Kritiker sind aber auch Mittler ! Polemisch würde ich sagen, dass man am Markt für Pop-Musik und an den Duddelsendern beobachten kann, was passiert, wenn diese Mittler wegfallen (ich sehe gerade, dass da die Vorstellungen von TW und mir konvergieren).
Bezüglich der Marktbetrachtungen und der Stellung der Autoren und der entsprechenden Diskussion in den USA, sei an Barry Eislers „thoughts on marketing“ erinnert.
Mit besten Grüßen
bernd
Hallo Bernd,
ich widerspriche dir ja höchst ungern…und tus ja auch eigentlich fast nie…aber hier doch mal leicht:
„Du hast natürlich recht, so innovativ Joyce war, sein Erfolg als Gelesener ist marginal.“
Hm. Joyce war ein authors‘ autor und sein Einfluss enorm. Ich sag nur „innerer Monolog“ (für den die Literaturgeschichte vielleicht ältere Beispiele bieten mag, aber sicher kein so einflussreiches). Autoren lassen sich von ihren Vorbildern inspirieren, und so wandert vieles aus vom Leser eher ignorierten Werken „unauffällig“ in irgendeiner Form in die Werke der Inspirierten. Vielleicht finde ich mal einen Krimi, an dem sich nachweisen lässt, dass dort originäre Joyce-Techniken zum Einsatz kommen (das berühmte Schlagzeilenkapitel im Ulysses etwa?). Böses Thema, da kann man kaum die Tinte halten. Also Schluß. Nur ein Hinweis. Kein Widerspruch. Gott sei Dank!
bye
dpr
Lieber dpr,
kein Widerspruch. Schuld ist vielleicht eine ungenaue Formulierung meinerseits. Mit „als Gelesener“ meinte ich, dass er im Vergleich zu vielen Anderen von der Masse der Leser nicht angenommen wird. Dass er einflußreich war und ist, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Ich hatte den Eindruck, Silvia Kaffke versucht „die Kultur des Abendlandes“ und „gute, handwerklich sauber gearbeitete Geschichte“ auseinander zu dividieren. Also wollte ich ihr insofern zustimmen, als dass reine schriftstellerische Innovation am Markt vorbeigehen kann [Nun ja, habe ich nicht das Gefühl, dass die gesamte innovative bildende Kunst der 2.Hälfte des 20.Jahrhunderts am Markt größtensteils vorbeigeht].
Das bedeutet nicht unbedingt, dass ich ihre Meinung so ganz teile.
Mit besten Grüße
bernd
Ja, meine Lieben,
so ist das: Nicht alles, was erfolgreich ist, ist schlecht. Nicht alles, was nicht erfolgreich ist, ist deswegen gut. Vieles, was gut ist, ist nicht erfolgreich. Und vieles, was erfolgreich ist, ist schlecht. Leider nix Neues unter der Sonne – völlig egal, was „der Markt“ und andere interessierte Kreise uns erzählen wolllen
meint alt & weise
TW
Ja, Bernd,
schon recht mit der Leserignoranz. Was Bildende Kunst betrifft, bin ich leider der falsche Ansprechpartner, obwohl mir gerade unangenehm einfällt, dass ich auch darüber schon mal geschrieben habe…für schnöden Mammon…hatte keine Ahnung…aber alle haben sies abgenickt…
Mensch, tw,
wirklich nichts Neues unter der Sonne? Sind wir beide SO alt geworden, um SO weise zu sein? Wahrscheinlich. Bestimmt.
bye
dpr