Kari Bremnes: You’d Have To Be Here

Als ich das erste Mal „You’d Have To Be Here“ gehört habe, saß ich ziemlich müde im abgedunkelten Wohnzimmer und musste mich von der CD losreißen wie von einem guten Buch. Gefangen von einer atemberaubenden Produktion und einer nicht minder spektakulären Stimme habe ich mich irgendwann doch ins Bett geschleppt und eine objektive Beurteilung auf den hellichten Tag verschoben.

Aber was dieses Album dir in der Dunkelheit in das müde Ohr flüstert, hat auch im Sonnenlicht Bestand. Warum kenne ich diese Frau nicht? Kari Bremnes veröffentlicht seit 1987 Alben in ihrem Heimatland Norwegen und „You’d Have To Be Here“ ist erst das zweite, das in englischer Sprache für einen Markt außerhalb Norwegens aufgenommen wurde. An manchen Stellen schlägt ihr harter Akzent durch, was aber der Tiefe des Albums keinen Abbruch tut.

Es reicht schon, wenn man Joni Mitchell und Natalie Merchant gut findet, um Kari Bremnes allumfassend ins Herz zu schließen. Begleitet wird sie von der klassischen Bandbesetzung, erweitert um eine Bratsche und Nils Petter Molvær an der Trompete. Wenn er seine Trompete an die Lippen setzt hat das nichts von diesem klassischen „Hey, wir spielen jetzt ein bisschen Jazz und kommen dann ins Feuilleton“-Getute, sondern er hält sich behutsam zurück und verschönert die Songs fast zaghaft. Die pudrigen Töne in „Zarepta“ perforieren dir deine Seele.

„You’d Have To Be Here“ ist eines dieser Alben, wo man zur Box gehen möchte, sie in den Arm nehmen und leise „Danke“ sagen. Von der präsenten Produktion, über diese unverwechselbare Stimme bis hin zur abgehangenen Weisheit der Songs ist Kari Bremnes für mich eine DER Entdeckungen dieses Jahres.

Kari Bremnes: You'd Have To Be Here
Strange Ways/Indigo
VÖ: 13.10.2003

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert