Mit The James Deans heimste Reed Farrel Coleman nicht nur viel Lob bei Kritikern und Bloggern ein, sondern er gewann auch drei unterschiedliche Krimipreise. „Soul Patch“ ist der Nachfolger dieses Buches; es tritt also in große Fußstapfen. Obwohl beide Bücher Teil der Serie um Moe Prader sind, unterscheiden sie sich doch recht deutlich von einander.
Geblieben ist die Qualität, mit der Coleman hier einen Plot zusammenbastelt, der, auch wenn die Richtung in der das Ganze gehen wird, für routinierte Leser zu erahnen ist, durch seine Komplexität überzeugt. Neu aber ist der Ton. So dunkel und düster habe ich den Vorgänger nicht in Erinnerung. Sechs Jahre sind seit der Geschichte aus „The James Deans“ vergangen, sie haben Moe nicht unbedingt gut getan.
„The past is never dead. It isn’t even past.“ William Faulkner, zitiert von Moe Prager
Seine Ehe liegt danieder. Seine Frau hatte er kennengelernt, als er einst beauftragt wurde, ihren verschwundenen Bruder zu suchen, seitdem trägt er ein Geheimnis mit sich ‚rum, das den Umgang mit ihr für ihn schwierig macht. Den Polizeidienst musste er quittieren, weil er sich im Dienst das Knie schwer verletzte, aber dem Job hängt er immer noch nach. Die drei Weingeschäfte, die er mit seinem Bruder führt, sind da kein echter Ersatz.
Vor kurzem hat ein ehemaliger Kollege, ein Freund fast, als „Chief of Detektive“ durchaus nicht ohne Einfluss, ihm ein Tonband übergeben und ihn gebeten, als Privatdetektiv zu ermitteln, wie denn der Tod eines Drogendealers vor 17 Jahren und die aktuelle Festnahme eines kleinen Ganoven zusammenhängen. Moe roch Korruption, Chaos … dachte gar, dass sein Freund Grenzen übertreten hatte und lehnte ab. Als der gleiche Mann tatsächlich eine Grenze überschreitet und Selbstmord begeht, macht Moe sich auf, getrieben nun vom eigenen schlechten Gewissen und einem nagenden Zweifel, Antworten zu finden.
Es wird eine Geschichte von alten Freundschaften, Treu und Glauben. Moe tut alte Kameraden auf, aus scheinbar besseren Zeiten, als man Freundschaften pflegte, die später dann zerbrachen, Korrupte, Schläger, aus der Polizei Verstoßene; und versucht mit ihrer Hilfe die alte Zeit zu rekonstruieren.
„Soul Patch“ ist ohne Zweifel von Moe und seiner Gedankenwelt, die ihn lähmt und ihm den Schlaf raubt, dominiert. Dieses kennt man auch von anderen Autoren und Büchern (der diesjährige Mitbewerber um den Edgar, Ken Bruen, fiele einem aus guten Grund ein), selten aber schafft es ein derartiger Stil, einen stimmigen, auch nur halbwegs komplexen Plot ans Tageslicht zu befördern.
Coleman gelingt dieses und er wahrt dabei einen Stil, der ihn weit aus der Masse heraushebt. Trotz eines anders Tons, die klugen Gedanken, gelungenen knappen Sätze und intelligenten Beobachtungen, die „The James Deans“ auszeichneten, sie sind auch in „Soul Patch“ präsent.
Eigenartig jedoch (?): In „Soul Patch“ werden Aussagen anderer Personen gelegentlich mit kurzen Aufforderungen an den Leser/Erzählinstanz wie „Argue that.“ abgeschlossen. Diese Art Sätze in endlosen Variationen sind nicht untypisch für Ken Bruen, und da dieser mit Coleman gut befreundet ist, frage ich mich, ob man hier einen gewissen Einfluss Bruens sehen kann – vielleicht sehe ich aber auch Gespenster.
Reed Farrel Coleman: Soul Patch.
Bleak House 2007. 300 Seiten. 10,99 €
(noch keine deutsche Übersetzung)