Plamper, Staffel, Plexiq: Stopper

Die Panzer auf dem Cover zerbröseln am Rand in kleine Frames und sehen aus, als seien sie gerade einem Computerspiel entflohen. Und tatsächlich, „Stopper“, das Hörspiel, blubbert und groovt, Pexiq haben ganze Arbeit geleistet, nur die HipHopper von Das Department stören den Flow, und das soll auch so. Wer denkt, Beats, Grooves und Samples zeichneten ein Hörspiel als besonders innovativ aus, der irrt. Das Hörspiel ist naturgemäß und von jeher die Keimzelle moderner, experimenteller Hörkunst. Worte und Klänge greifen dort seit Jahrzehnten ineinander, müssen gemeinsam Berge versetzen, um dem Hörer die Bilder ins Hirn zu zaubern, nur interessieren tut es die Wenigsten. Die Hörspiel-Gemeinde mag größer sein, als vermutet, dem Volk aber gilt sie als Randgruppe.

Und die Jugend insbesondere dürfte wiederum der Hörspiel-Gemeinde als Randgruppe gelten. Denn wenn die Zeit der „3 Fragezeichen“, von „Hanny und Nanny“, der „Hexe Schrumpeldei“ oder „Benjamin Blümchen“ gar durchlebt ist, dann ist die Zielgruppe erstmal auf Jahre der Branche verloren, dann kommen die Musik-CDs, dann geht´s ins Kino und ins Internet – bis als Erwachsener vielleicht die Muße zurückkehrt, sich den Bildern im Kopf hinzugeben, die zum Zuhören zwingen. Insofern ist der Versuch lobenswert, mit „Stopper“ Hör-Erzählkunst für´s jüngere, pokulturell geschulte Publikum zu machen. Animiert vielleicht auch vom Erfolg von „Lola rennt“, in der MTV-Ästhetik, Musik und ungewöhnliche Erzähltechniken eine simple Story um ein junges Pärchen zwischen Rebellen- und Losertum gewinnbringend an den Kinogänger brachten.

Regisseur Paul Plamper (Jahrgang ´72, Arbeiten mit Peter Zadek, Heiner Müller, Robert Wilson etc.) und Autor Tim Staffel (Jahrgang ´65, Romane und Bühnenstücke, inszeniert u. a. von der Berliner Volksbühne) liegen altersmäßig allenfalls knapp über der Zielgruppe, der Produktion haben sie jedoch keinen Dienst erwiesen. Die Story ist mehr als dürftig: zwei versehrte Teenager (Sie: vom Vater vergewaltigt, vom Bruder beinah ermordet, Er: vom Fallschirmabsturz einer Freundin traumatisiert), gurken viel zu schnell und mit geschlossenen Augen über die Autobahn. Hach ja, Kinder… Sie hat Ihn beim Trampen aufgelesen („Stopper“…), und hätte sie es dabei belassen, wäre das Hörspiel rasch und unspektakulär beendet. Aber so nehmen sie noch einen weiteren Anhalter mit: den durchgeknallten Anarcho Jörn, der beide mit Waffengewalt als Geiseln nimmt, und weiter geht´s mit 200 kmh über die Autobahn… Platt, aber bedeutungsschwanger, und ohne einen Funken Humor braust das Ding auf sein vorhersehbares Ende zu.

Dabei war die Idee eines Techno-Hörspiels gar nicht mal schlecht, und das akustische Produkt ist äußerst smart geraten. Souverän wird mit Collagetechniken, Media-Fragmenten, Stimmungen und Bewußtseinsstufen gearbeitet, generieren die unterschiedlichen Musikstile eine eigene, nonverbale Sprache, aber Spannung will einfach nicht aufkommen. Auch, weil das obercoole, abgeklärte Gelaber der Kids schlicht nervtötend und trotz halblauter Stimmlage so extrem in den Vordergrund gemischt ist, dass es einmal mehr an „Lola rennt“ gemahnt. Einzig Plexiqs unwiderstehlicher, subtiler Elektronik-Sound erweist sich als sichere Bank und – wenn man´s mag – auch der Rap von Das Department.

Plamper, Staffel, Plexiq: Stopper
Hörspiel
(Clearspot/EFA CD 05424)

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