Helmut Zenker

Gestern gleich zweimal über den Geburts- und Todestag von Helmut Zenker (11.1.1949 – 7. 1.2003) gestolpert und für ein paar Gedanken liegen geblieben. Zenker erfand den Polizeimajor Kottan – hieß er nicht Adolf mit Vornamen? – Held einer Serie, die einem die hedonistischen 80er Jahre erträglich machte, wenn es überhaupt die 80er waren, gefühlt auf jeden Fall, keine Lust zu googeln.

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Naked Lunch: This Atom Heart of Ours

„Die Hoffnung stirbt zuletzt!“ Dass dieser häufig dahin gesagte Satz sich in der Realität doch glücklicherweise ab und an bestätigt, gilt insbesondere für die in Klagenfurt/Österreich beheimatete Band „Naked Lunch“. Nachdem diese, Anfang bis Mitte der 90er Jahre noch unter dem Einfluss des Grunge-Sounds stehende, hoffnungsvolle Band mit dem Album „Superstardom“ 1997 zum vermeintlichen Höhenflug ansetzte, stürzte sie nach Ausflügen in poppig-tanzbare Gefilde, „Love Junkies“ (1999), jäh – teils durch äußere, teils durch selbst verschuldete Katastrophen – in den Abgrund.

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Das Grauen

Mit erstaunlicher Leichtigkeit trippelte er auf der aus amerikanischen Musicals geliehenen Showtreppe, parodierte zwischen Hans Moser und Boris Becker alles mit gleicher Nonchalance, spielte selbstverständlich auch Charleys Tante und überzeugte (wie die Theaterkritiker sagen) als Graf Bobby: einschichtig, großäugig, mit Resten vergangener Größe. Das war das gute alte Österreich, ein bisschen debil, aber gnadenlos exportfähig, wenn auch nur bis an die Westgrenze des Altreichs.

Seichtmeister Dieter Bohlen und selbst Dieter Thomas Heck verzwergen vor Peter Alexander, der die Zuschauer zu Beginn der siebziger Jahre massenhaft vor den Fernseher saugte.

Willi Winkler in der Süddeutschen über Peter Alexander, der heute 80 Jahre alt wird: → Es schnurrdiburtt

Naked Lunch: Songs For The Exhausted

Naked Lunch sind nicht vom Glück verwöhnt. Sie sind im positiven Sinne immer im oberen Mittelfeld mitgeschwommen. „Aber in manchen Belangen sind wir unseres eigenes Glückes Schmied. Da spielt auch Eigenverschulden mit“, gesteht Oliver Welter.In 13 Jahren haben sie fünf Alben zustande bekommen. Ihr aktuelles, das bei einem Major erscheint, ist das reifste und beste. Die zuletzt gewonnene Abgeklärtheit hat sie zu neuen und zu anderen Taten motiviert. „Songs For The Exhausted“ ist unter schwierigen Bedingungen entstanden. Welter stand zwischenzeitlich gar ohne Wohnung und Freundin da. Um Geld zu sparen, produzierte die mit Olaf Opal im heimischen Studio in Klagenfurt. Ohne Plattenvertrag wohlgemerkt.

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Attwenger – Song

Von meinen Lieblings-Ösis kenne ich von den bisher erschienen CDs Most (91), Pflug (92) und Luft (93) die erste und dritte. Das Debut versuchte erfolgreich einen Crossover (erinnert sich noch jemand?) zwischen Ösi-Folk und Punk; Luft führte die Herren Falkner und Binder in eine Hiphop – Rhythmik, auf deren Grundlage uns Falkner den Hendrix auf der Zieharmonika (und so manches andere) machte. Was mich jedoch ziemlich umgehauen hat, waren diese merkwürdig – abgespaceten Texte, die wie eine Mischung aus Abzählreim- und Alltagsrap wirkten – jedenfalls das, was der Nicht-Ösi davon verstehen konnte. Damit sind wir schon beim Thema: der Titel bedeutet auf Österreichisch „sagen“. Mit der englischen Bedeutung gibt das schon mal einen ziemlich fiesen Doppelsinn.

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Jürgen Benvenuti – Harter Stoff

Der Slogan einer Krimireihe lautet: „Jede Stadt hat das Verbrechen, das sie verdient.“ Und was fällt einem in diesem Zusammenhang zu Wien ein? Spontan vielleicht Ladendiebstahl und illegales Urinieren in Parkanlagen. Doch die Situation könnte sich jetzt ändern. JÜRGEN BENVENUTI, hauptberuflicher Zettelverteiler und Fachkraft für Gelegenheitsarbeiten aller Art haucht der K&K Metropole mit seinem Debütroman HARTER STOFF neues kriminelles Flair ein.

Wie so oft beginnt die Angelegenheit mit einem Telefonanruf. Es ist jedoch nicht der klassische beste Freund in Not oder die ebenso klassische mondäne Blonde in höchster Bedrängnis, sondern ein kleinkarierter, spießiger und schleimiger ehemaliger Mitschüler von Jochen, der ihn aus seinen surrealen Träumen reißt. Paul, so heißt der Nichtswürdige, ist die Freundin abhanden gekommen, abgehauen, vermutlich nach Wien in die halbseidene Szene zwischen Junk und Strich. Nach einigem Gejammer rückt er dann rüber, was er will: Jochen soll sie suchen, eine Woche lang, für zehntausend Schilling.

Als Szenegänger und Ex-Junkie ist Jochen vertraut mit dem Milieu und zehntausend sprechen eine eindeutige Sprache. Außerdem gibt es auch noch eine andere Motivation. Pauls Freundin ist Jochens Ex-Freundin.

Die Suche entpuppt sich als Hardcore Tour de Force wozu nicht nur die Drogistenszene sondern auch Skins beitragen. Und Henry Rollins, der von Jochen gern zitiert wird: See me walking with a gun in my hand, see me walking with a gun in my heart, loaded!

HARTER STOFF wurde bereits 1994 in Wien veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt war Benvenuti immerhin schon satte 22 Jahre alt. Damit gehört er zu den jüngsten Autoren, die nach Arjouni kommen. Sein Stil ist ruppig aber nicht unpersönlich, der Plot gradlinig. Insgesamt ein straffer Krimi, der am Puls der Zeit ist und ein jüngeres Publikum anspricht. Ob das allerdings mit diesem Titelbild funktioniert ist mehr als fraglich. Benvenuti hat wahrscheinlich einen Blutsturz gekriegt als er dieses Cover gesehen hat mit dem sich ein Schmöker in der Sparte „Neue Frau“ verkaufen läßt, aber bestimmt kein Krimi.

Jürgen Benvenuti
HARTER STOFF
dtv 9,90 DM
ISBN 3-423-12205-6