IFA Wartburg: Im Dienste des Sozialismus

Mit Musik wie dieser grooven sich linksradikale Kräfte und Jungstalinisten wie ich („IM Kolumne“) auf die – zum Zeitpunkt der Rezension noch bevorstehenden – Bundestagswahlen ein. Von Wladiwostok bis Berlin-Marzahn tanzt man zu Liedern wie „Frau Gorbatschowa tanzt Bossanova“, „Es ist nicht so schlimm auf der Insel Krim“, „Zur Konferenz in Rostock“, „Der alte böse Kapitalismus“ oder „Hallo, guter Kommunist“. Das Grußwort am Anfang spricht Genosse Ulbricht: „Ist es denn wirklich so, daß wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nun kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des YehYehYeh und wie das alles heißt, sollte man doch Schluß machen!“ Den Rest kennen wir alle…

IFA Wartburg ist ein Duo, bestehend aus Heinz Klinger und Rolf Kempinski. Doch laut Info des Labels „Plattenmeister“ sind dies nur die Pseudonyme der beiden Schweden Magnus Michaeli und Nils Lundwall, die angeblich kein Wort deutsch sprechen (außer einigen Fetzen wie „Traktorist“, „Sessel aus Kassel“ oder „Es ist ein Rührschüssel“) und ihre Texte mit einem deutschen Reimlexikon erstellen. Ihre CD haben sie in den „Gorbyland Studios“ eingespielt, einem Wandschrank in ihrer Stockholmer Wohnung. Naaa klaaaaaar! Und zum Beweis sind die zwei auch so richtig schön brünett, wie echte Skandinavier eben. Naja, vielleicht stimmt´s ja auch, who knows?!

„Im Dienste des Sozialismus“ bietet schmissigen Tanzorchester-Sound, wunderhübsch arrangiert im Bigband-Stil mit FDJ-Agitpop-Flair, viel Swing und einem ausgeprägten Hang zum Easy Listening. Jeder Song ein kleines Kunstwerk! Mal mit Latino-Klängen im coolen Doo-Wop-Stil der Fifties, als flotter Mambo mit Mariachi-Trompeten und Charleston-Anklängen oder verjazzt. Mal Off-Beat-Polka und Ska oder Schlager-Pop mit Hammondorgelkaskaden und surfig-hallenden Twangy-Gitarren wie einst bei den Shadows und mit hämmerndem Honky-Tonk-Tastenspiel. Unterstützt wird das Ganze meist durch eine Gesangstruppe im Background, die sowohl die „Ute Mann Singers“ als auch den „Marinechor der Schwarzmeerflotte“ alt aussehen läßt! Für die komplette CD gilt: allerhöchster Ohrwurmfaktor!!!

IFA Wartburg gehören zur Spaßfraktion der deutschen Musikkultur, und mit ihren fröhlich-agitativen Texten parodieren sie auf höchst amüsante Weise und äußerst liebevoll den krampfhaft politisierten Ton, der im einst real existierenden Sozialismus sämtliche Lebensbereiche durchzog. Dabei nehmen sie nicht nur DDR-Fans und -Gegner auf die Schippe, sondern hundert pro auch sich selbst!

Kleine Kostprobe aus dem lyrischen Schaffen IFA Wartburgs gefällig? Bitte sehr:

„Wir essen Kosmoskost Kosmoskost,
wir lesen Kosmospost Kosmospost,
wir trinken Kosmosmost Kosmosmost. (…)
Wir sind alle Kosmosvolk Kosmosvolk,
wir spielen Kosmosgolf Kosmosgolf,
und ich bin Kosmosrolf Kosmosrolf.“

(aus: „Kosmoskost“)

„Gestern war die DDR so toll,
heute singen wir in Moll.“

(aus: „Der alte böse Kapitalismus“)

„Wir singen alle zusammen,
sowohl Herren und Damen,
und zusammen wir jammen.“

(aus: „Spaßjazz“).

IFA Wartburg: Im Dienste des Sozialismus

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert