M. A. Numminen: Dägä Dägä Finnwelten

„Neorustikal“ nennt Mauri Antero Numminen seine Musik. Ein Begriff, der von der finnischen Gastronomie und Textilindustrie dankbar adaptiert wurde…

In Finnland ist M.A. Numminen (Jahrgang 1940) Kult. Und Universalgenie. Der studierte Philosoph und Soziologe hat als Filmemacher, Kinderbuch- und Romanautor gearbeitet. Sowie als Entertainer, Komponist, Sänger und Bandleader. Neben Marx, Marcuse und Wittgenstein (gut ein Drittel der Songs ist deutschsprachig) gehört Numminens Leidenschaft dem Tango.

Den präsentiert er auf „Dägä Dägä“ (die Numminische Spielart des Dada) in einer Mischung aus Jazz, Folklore und Pop. Mit kieksigem Sopran und gefährlich gerollten Rrrrrrrrs! Skurril und naiv, aber auch poetisch und witzig bietet Numminen sein Songmaterial dar. Oft verbergen sich dahinter stimmungsvoll rumpelnde Coverversionen, beispielsweise von Baccaras „Yes Sir, I can Boogie“, ABBAs „I do, I do, I do“, Verdis trügerischen Frauenherzen – und dem „Pogo in Togo“ der United Balls. Auch der Jazz-Standard „All of me“ findet sich als nordischer Schlager. Am schönsten aber sind Numminens schwelgerischer Liebes-Tango „Mit meiner Frau im Parlamentspark“ (in den Sechzigern und Siebzigern jahrelang verboten wegen angeblicher Verunglimpfung des Parlaments und der Verherrlichung des Alkoholkonsums) und die Wittgenstein-Hommage mit Bierzelt-Flair „Wovon man nicht sprechen kann“. Aberwitzig, aber auch tiefgründig und subversiv sind Numminens Texte. Über einen Kamm lassen sie sich nicht scheren.

Genausowenig wie die Musik seines neorustikalen Jazzorchesters mit Violine und zwei Akkordeons, aber auch Gitarre und Klavier und manchem Blasinstrument. Immer mit dem nötigen Pathos, auch mal mit klassischem Konzertgitarre-Solo, und vor allem bunte, virtuos und kurzweilig. Sogar eine waschechte Techno-Nummer findet sich auf „Dägä Dägä“.

Mag Numminen auch urteilen, die Finnen seien ein Mollvolk – mit „Dägä Dägä“ liefert er den Gegenbeweis. Das Album – trotz mancher melancholischer Töne – ist ein Feuerwerk an Lebensfreude, Ironie und Komik, mit leichtfüßiger Untermalung aus Jazz, Schlager, Easy Listening und Volksmusik. Ein Kuriosum ist „Dägä Dägä“ sowieso, aber das tut dem Kunstgenuss keinen Abbruch. Und im Booklet gibt´s ausführliche Infos zu Mann und Musik!

M. A. Numminen: Dägä Dägä Finnwelten
(Trikont US-286)

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